18 Geisterstories
machte eine Pause, bevor er uns fragte: »Er hat doch den Geist gespielt?« Der Prinzipal und einige andere nickten, aber ich vermute, F.F. hatte ihm einen seltsamen Blick zugeworfen, denn der Doktor räusperte sich und sagte: »Ich muß den Mann so schnell wie möglich bei besserem Licht und an geeigneterem Ort genauer untersuchen. Gibt es hier …?« Der Prinzipal schlug ihm die Couch in seiner Garderobe vor, und der Doktor bestimmte Joe Rubens, John McCarthy und Francis Farley Scott dazu, den Leichnam zu tragen. Den Rest von uns bat er, zurückzutreten.
Just in diesem Augenblick geschah etwas, das alle Stücke dieses nächtlichen Mysteriums wieder auf ihren angestammten Platz fallen ließ – jedenfalls für mich und auch für Monica, wenn ich die Art und Weise richtig deutete, wie ihre Hand in der meinen zitterte und sich dann fest um meine Hand schloß. Wir waren jetzt im Besitz des Schlüssels zu den unheimlichen Ereignissen. Ich werde Ihnen aber erst erzählen, von welchem Schlüssel ich spreche, wenn ich die Enden dieser Geschichte zusammengeknüpft habe.
Der zweite Akt wurde ungefähr eine Minute hinausgezögert, aber dann hielten wir den Zeitplan ein und brachten sogar eine bessere Vorstellung zustande als gewöhnlich – ich kann mich nicht erinnern, die Friedhofs-Szene jemals so intensiv erlebt zu haben.
Bevor ich meinen eigenen ersten Auftritt hatte, riß mir Joe Rubens meinen Hut vom Kopf, den ich die ganze Zeit über auf hatte. Ich spielte den Güldenstern mit einer Armbanduhr, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß irgend jemand davon Notiz nahm.
F.F. spielte die letzte Erscheinung des Geistes als Stimme jenseits der Bühne. Er imitierte Guthries Stimme recht gut, eine gespenstische Stimme, aber das verlangt ja die Rolle.
Bevor das Drama zu Ende ging, hatte der Doktor entschieden, daß Guthrie an Herzversagen gestorben sei. Kein Wort von seinem Alkoholismus. Als der Vorhang nach dem letzten Akt fiel, informierte Harry Grossman Sohn und Tochter und brachte sie mit hinter die Bühne. Angesichts der Tatsache, daß sie sich um den alten Jungen mehr als ein Jahrzehnt lang nicht gekümmert hatten, waren sie jetzt ziemlich zerknirscht. Andererseits schienen sie es zu genießen, einem so großen und feierlichen Ereignis beiwohnen zu dürfen, vor allem Guthries streitsüchtiger Schwiegersohn. Am nächsten Morgen brachten die beiden Zeitungen von Wolverton Schlagzeilen über das Ereignis. Guthrie hat als Geist nie soviel Aufsehen erregt. Die merkwürdigen Umstände sorgten dafür, daß die Pressemeldung rund um die Welt ging.
Am Nachmittag des dritten Tages fand die Beerdigung statt, wenige Stunden vor unserer letzten Aufführung in Wolverton. Die ganze Truppe nahm gemeinsam mit Guthries Angehörigen und vielen anderen Wolvertonern daran teil. Die alte Sybil brach am Grabe zusammen und schluchzte hemmungslos.
Es mag ein bißchen gefühllos klingen, aber es war für uns doch recht angenehm, daß Guthrie gerade hier gestorben war, denn es sparte uns den Ärger, die Verwandten zu benachrichtigen und aller Wahrscheinlichkeit auch noch für das Begräbnis zu sorgen. Und für den alten Guthrie bedeutete es ein letztes großes Finale. Jedermann außerhalb der Truppe hielt ihn für einen Heros und Märtyrer nach dem Motto: Die Show muß weitergehen. Und natürlich wußten auch wir, daß er in einem tieferen Sinne das auch gewesen war.
Wir mußten bei der Rollenverteilung improvisieren, um die Lücke zu füllen, die Guthrie in den Dramen hinterlassen hatte, so daß der Prinzipal nicht gleich einen neuen Schauspieler zu engagieren brauchte. Für mich, und ich glaube auch für Monica, gestaltete sich der Rest der
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