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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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mach­te ei­ne Pau­se, be­vor er uns frag­te: »Er hat doch den Geist ge­spielt?« Der Prin­zi­pal und ei­ni­ge an­de­re nick­ten, aber ich ver­mu­te, F.F. hat­te ihm einen selt­sa­men Blick zu­ge­wor­fen, denn der Dok­tor räus­per­te sich und sag­te: »Ich muß den Mann so schnell wie mög­lich bei bes­se­rem Licht und an ge­eig­ne­te­rem Ort ge­nau­er un­ter­su­chen. Gibt es hier …?« Der Prin­zi­pal schlug ihm die Couch in sei­ner Gar­de­ro­be vor, und der Dok­tor be­stimm­te Joe Ru­bens, John Mc­Car­thy und Fran­cis Far­ley Scott da­zu, den Leich­nam zu tra­gen. Den Rest von uns bat er, zu­rück­zu­tre­ten.
    Just in die­sem Au­gen­blick ge­sch­ah et­was, das al­le Stücke die­ses nächt­li­chen Mys­te­ri­ums wie­der auf ih­ren an­ge­stamm­ten Platz fal­len ließ – je­den­falls für mich und auch für Mo­ni­ca, wenn ich die Art und Wei­se rich­tig deu­te­te, wie ih­re Hand in der mei­nen zit­ter­te und sich dann fest um mei­ne Hand schloß. Wir wa­ren jetzt im Be­sitz des Schlüs­sels zu den un­heim­li­chen Er­eig­nis­sen. Ich wer­de Ih­nen aber erst er­zäh­len, von wel­chem Schlüs­sel ich spre­che, wenn ich die En­den die­ser Ge­schich­te zu­sam­men­ge­knüpft ha­be.
    Der zwei­te Akt wur­de un­ge­fähr ei­ne Mi­nu­te hin­aus­ge­zö­gert, aber dann hiel­ten wir den Zeit­plan ein und brach­ten so­gar ei­ne bes­se­re Vor­stel­lung zu­stan­de als ge­wöhn­lich – ich kann mich nicht er­in­nern, die Fried­hofs-Sze­ne je­mals so in­ten­siv er­lebt zu ha­ben.
    Be­vor ich mei­nen ei­ge­nen ers­ten Auf­tritt hat­te, riß mir Joe Ru­bens mei­nen Hut vom Kopf, den ich die gan­ze Zeit über auf hat­te. Ich spiel­te den Gül­dens­tern mit ei­ner Arm­band­uhr, aber ich kann mir nicht vor­stel­len, daß ir­gend je­mand da­von No­tiz nahm.
    F.F. spiel­te die letz­te Er­schei­nung des Geis­tes als Stim­me jen­seits der Büh­ne. Er imi­tier­te Gu­thries Stim­me recht gut, ei­ne ge­spens­ti­sche Stim­me, aber das ver­langt ja die Rol­le.
    Be­vor das Dra­ma zu En­de ging, hat­te der Dok­tor ent­schie­den, daß Gu­thrie an Herz­ver­sa­gen ge­stor­ben sei. Kein Wort von sei­nem Al­ko­ho­lis­mus. Als der Vor­hang nach dem letz­ten Akt fiel, in­for­mier­te Har­ry Gross­man Sohn und Toch­ter und brach­te sie mit hin­ter die Büh­ne. An­ge­sichts der Tat­sa­che, daß sie sich um den al­ten Jun­gen mehr als ein Jahr­zehnt lang nicht ge­küm­mert hat­ten, wa­ren sie jetzt ziem­lich zer­knirscht. An­de­rer­seits schie­nen sie es zu ge­nie­ßen, ei­nem so großen und fei­er­li­chen Er­eig­nis bei­woh­nen zu dür­fen, vor al­lem Gu­thries streit­süch­ti­ger Schwie­ger­sohn. Am nächs­ten Mor­gen brach­ten die bei­den Zei­tun­gen von Wol­ver­ton Schlag­zei­len über das Er­eig­nis. Gu­thrie hat als Geist nie so­viel Auf­se­hen er­regt. Die merk­wür­di­gen Um­stän­de sorg­ten da­für, daß die Pres­se­mel­dung rund um die Welt ging.
    Am Nach­mit­tag des drit­ten Ta­ges fand die Be­er­di­gung statt, we­ni­ge Stun­den vor un­se­rer letz­ten Auf­füh­rung in Wol­ver­ton. Die gan­ze Trup­pe nahm ge­mein­sam mit Gu­thries An­ge­hö­ri­gen und vie­len an­de­ren Wol­ver­to­nern dar­an teil. Die al­te Sy­bil brach am Gra­be zu­sam­men und schluchz­te hem­mungs­los.
    Es mag ein biß­chen ge­fühl­los klin­gen, aber es war für uns doch recht an­ge­nehm, daß Gu­thrie ge­ra­de hier ge­stor­ben war, denn es spar­te uns den Är­ger, die Ver­wand­ten zu be­nach­rich­ti­gen und al­ler Wahr­schein­lich­keit auch noch für das Be­gräb­nis zu sor­gen. Und für den al­ten Gu­thrie be­deu­te­te es ein letz­tes großes Fi­na­le. Je­der­mann au­ßer­halb der Trup­pe hielt ihn für einen He­ros und Mär­ty­rer nach dem Mot­to: Die Show muß wei­ter­ge­hen. Und na­tür­lich wuß­ten auch wir, daß er in ei­nem tiefe­ren Sin­ne das auch ge­we­sen war.
    Wir muß­ten bei der Rol­len­ver­tei­lung im­pro­vi­sie­ren, um die Lücke zu fül­len, die Gu­thrie in den Dra­men hin­ter­las­sen hat­te, so daß der Prin­zi­pal nicht gleich einen neu­en Schau­spie­ler zu en­ga­gie­ren brauch­te. Für mich, und ich glau­be auch für Mo­ni­ca, ge­stal­te­te sich der Rest der

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