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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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ge­spro­chen hat­te. Dar­auf­hin kam Mo­ni ca noch nä­her mit ih­rem Mund her­an, so daß ih­re Lip­pen fast mein Ohr be­rühr­ten.
    »Ich ha­be nichts da­ge­gen, wenn je­mand an­de­rer den Geist spielt«, flüs­ter­te sie kaum hör­bar, »wirk­lich nicht, Bru­ce, aber in die­sem Thea­ter geht et­was um …«
    »Sie soll­ten die­sen Oui­ja-Un­sinn ver­ges­sen«, sag­te ich ein we­nig zu scharf. »Ste­hen Sie jetzt bit­te auf«, füg­te ich noch schnell hin­zu, denn der Vor­hang ging eben über der zwei­ten Sze­ne nie­der; es war höchs­te Zeit für Mo­ni­ca, de­ren Auf­tritt mit Laer­tes und Po­lo­ni­us un­mit­tel­bar be­vor­stand.
    Ich war­te­te, bis sie auf der Büh­ne war und ih­re ers­ten Ver­se ge­spro­chen hat­te. Ob­wohl ich si­cher war, daß ihr ih­re über­reiz­ten Ner­ven einen Streich ge­spielt hat­ten, lie­ßen mich ih­re un­heim­li­chen Be­ob­ach­tun­gen er­schau­ern. Was mich wie­der­um auf den Ge­dan­ken brach­te, noch ein­mal mit Gu­thrie zu spre­chen und mir sein Ge­sicht an­zu­se­hen. Wäh­rend ich äu­ßerst be­hut­sam ging, da­mit sich der Vor­hang nicht bausch­te, ließ mich plötz­lich ei­ne Sze­ne vor Ver­blüf­fung sprach­los in­ne­hal­ten, die ich schon ein­mal ge­se­hen hat­te, als ich von mei­nem Gang durch die Bars zu­rück­ge­kom­men war. Nur war die Büh­ne jetzt hell er­leuch­tet. Props saß hin­ter sei­nem Re­qui­si­ten­tisch und be­ob­ach­te­te al­les sehr auf­merk­sam. Hin­ter ihm sah ich wie­der Fran­cis Far­ley Scott und John Mc­Car­thy in ih­ren im­pro­vi­sier­ten Geist-Ko­stü­men, und bei ih­nen stan­den wie­der der Prin­zi­pal und Joe, al­le in einen hef­ti­gen, nur für Lip­pen­le­ser ver­ständ­li­chen Streit ver­wi­ckelt, der dies­mal aber viel has­ti­ger aus­ge­tra­gen wur­de.
    Es wur­de mir schnell klar, daß Gu­thrie wie­der ver­schwun­den sein muß­te. Als ich auf die Strei­ten­den zu­ging, schoß mir der al­ber­ne Ge­dan­ke durch den Kopf, daß Gu­thrie letzt­end­lich doch noch das Loch ent­deckt ha­ben könn­te, durch das je­der Al­ko­ho­li­ker lie­bend gern ver­schwin­den wür­de, um die Pau­sen zwi­schen den lei­der nun ein­mal not­wen­di­gen Auf­trit­ten in der re­el­len Welt trin­kend aus­zu­fül­len.
    Plötz­lich rann­te Do­nald Tryer, un­ser Ho­ra­tio, an mir vor­bei auf den Prin­zi­pal zu und teil­te ihm keu­chend mit, daß er Gu­thrie we­der in ei­ner Gar­de­ro­be noch sonst ir­gend­wo im Büh­nen­raum auf­stö­bern könn­te.
    In die­sem Au­gen­blick fiel der Vor­hang. Die Ku­lis­sen, vor de­nen Ophe­lia und die an­de­ren agiert hat­ten, wur­den hoch­ge­zo­gen und ga­ben den Blick auf die Zin­nen Hel­sin­görs wie­der frei. Die hel­le Be­leuch­tung wur­de auf das mit­ter­nächt­li­che Blau der ers­ten Sze­ne her­ab­ge­dämpft, so daß man mo­men­tan fast über­haupt nichts er­ken­nen konn te. Ich hör­te den Prin­zi­pal mit größ­tem Nach­druck sa­gen: »Sie spie­len den Geist.« Dann has­te­ten er und Joe und Don auf ih­re Plät­ze, um sich für ih­ren ei­ge­nen Auf­tritt be­reit­zu­hal­ten. Se­kun­den spä­ter ging der Vor­hang trä­ge zi­schend in die Hö­he, und ich hör­te den Prin­zi­pal mit voll­tö­nen­der Stim­me re­zi­tie­ren:
    »Die Luft geht scharf, es ist ent­setz­lich kalt.«
    Dann Don als Ho­ra­tio:
    »‘s ist ei­ne schnei­den­de und stren­ge Luft.«
    In­zwi­schen hat­ten sich mei­ne Au­gen an das Dun­kel ge­wöhnt, und ich sah Fran­cis Far­ley Scott und John Mc­Car­thy Sei­te an Sei­te in der Ku­lis­se, durch die der Geist auf die Büh­ne tritt. Sie schie­nen noch im­mer zu strei­ten, denn je­der der bei­den bil­de­te sich ein, der Prin­zi­pal hät­te in der Dun­kel­heit auf ihn ge­deu­tet. Was F.F. be­traf, so war es na­tür­lich je­der­zeit mög­lich, daß er sich nur die­sen An­schein gab. Die Vor­stel­lung von Zwil­lings­geis­tern, die Arm in Arm die Büh­ne be­tre­ten, droh­te mei­nen über­reiz­ten, für Ko­mik sehr emp­find­li­chen Ver­stand ins Schleu­dern zu brin­gen. Dann tauch­te hin­ter ih­nen je­doch wie­der die mäch­ti­ge Ge­stalt mit ver­schlei­er­tem Helm auf – die Ge­schich­te wie­der­holt sich eben. Auch Scott und Mc­Car­thy

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