18 Geisterstories
und mehr von seinem teuersten Weine zu leeren, ich hat te ein leckres Abendessen bestellt, welches er mit mir verzehren mußte.
Dabei dünkte ich mich nicht wenig politisch, als ich schon um fünf Uhr, lange vor Tage, alles im Hause munter machte und nach genossenem Frühstück, beim Schein der Laternen, meinen dürftigen Wagen bestieg. Ich lachte innerlich, indem ich von meinem Wirt Abschied nahm, der auch schon munter war, und dem jungen blonden Postillon alle mögliche Vorsicht empfahl. Vom Schnee war eine gewisse dämmernde Helle verbreitet, und als wir im Freien waren, fragte ich den jungen Menschen, ob er sich getraue, mich bis zur Mittagszeit auf jene Station zu liefern, und ob er auch des Weges recht kundig sei. Er lachte und sagte: Gnaden, ich bin ja von dort gebürtig und habe den Weg, seit ich hier in Dienst stehe, schon über zwanzigmal gemacht. – Wie wünschte ich mir selber zu meiner Klugheit und Konsequenz Glück, als ich diese tröstlichen Worte vernahm.
Es ging auch allem Anschein nach recht gut, wenigstens im Anfange, und ich tröstete mich um so mehr, daß mit einbrechender Helle und dem Tageslicht jede Beschwer völlig müsse überwunden sein. Mein Postillon sang, pfiff und blies abwechselnd, was auch dazu beitrug, meinen Sinn zu erheitern. Jetzt kamen wir in ein Fichtengehölz, in dem der kältere Morgenwind uns anblies und die Dämmerung etwas lichter wurde. Von einer Straße oder einem Wege war nirgends etwas zu sehen, denn der Schnee hatte alle Spuren verdeckt. Als wir weiterkamen, fiel von neuem Schnee, und mit dem stoßenden Winde wurde er so hin- und hergewirbelt, und nach allen Richtungen gestreut und getrieben, daß ich in meinem widerwärtigen offenen Fuhrwerk bald alles Bewußtsein verlor. Wenn der Schnee so stoßweise mir entgegenschlug, das Gesicht erkältete und die Augen blendete, so war es völlig unerträglich. Wir können es alle schon bemerkt haben, daß ein solches Wetter, auch abgesehen von Frost und Schmerz, selbst eine betäubende Kraft hat, eine Schwindel erregende, so daß man an solchem Tage auf viele Minuten oft das Bewußtsein ganz eigentlich verliert. Das begegnete uns denn auch, und ehe ich mich dessen versah, hatte mein Postillon mich, als wir wieder im Freien waren, in einen tiefen Graben geworfen. Wir hatten ihn nicht bemerkt, und der verhüllende Schnee gab nach. Es kostete Anstrengung und Schweiß, das Fuhrwerk wieder in die Höhe und aus dem Graben zu bringen, und als es gelungen war und ich meinen Sitz wieder eingenommen, war ich eigentlich um nichts besser daran. Fast kam mir schon die Reue, daß ich der Einladung des verständigen Postmeisters nicht nachgegeben hatte, doch nahm ich Zuflucht zum Stolze und einer konsequenten Ausdauer. So krabbelten wir weiter, und mein junger Fuhrmann schien auch von seinem frohen Mute nach und nach etwas einzubüßen.
Um nicht zu umständlich zu werden, sage ich nur, daß wir langsam fortirrten, daß die Pferde im tiefen Schnee bald müde wurden, daß nach meiner Rechnung und wenigen Besinnung die Mittagsstunde schon vorüber sein mußte, denn ich hatte vergessen, meine Uhr am Morgen aufzuziehn, und im Nebel und immerwährenden Schneegestöber konnte man vom Stande der Sonne nichts erfahren. Mich hungerte, meine Betäubung ging endlich in eine Schläfrigkeit über, gegen die ich ankämpfen mußte, um nicht am Ende gar zu erfrieren.
Es dürfte mir schwer werden, irgend von dem Rechenschaft abzulegen, was ich in diesen Stunden dachte, denn mein Geist schlief wirklich, wenn ich auch meinen Körper noch so notdürftig wach erhielt. Endlich kam es mir vor, als wenn sich die Luft zum Dunkeln anschickte, wenigstens wurden Nebel und Schnee noch dicker. Keine Spur von Wohnung oder
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