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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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und mehr von sei­nem teu­ers­ten Wei­ne zu lee­ren, ich hat te ein leck­res Abendes­sen be­stellt, wel­ches er mit mir ver­zeh­ren muß­te.
    Da­bei dünk­te ich mich nicht we­nig po­li­tisch, als ich schon um fünf Uhr, lan­ge vor Ta­ge, al­les im Hau­se mun­ter mach­te und nach ge­nos­se­nem Früh­stück, beim Schein der La­ter­nen, mei­nen dürf­ti­gen Wa­gen be­stieg. Ich lach­te in­ner­lich, in­dem ich von mei­nem Wirt Ab­schied nahm, der auch schon mun­ter war, und dem jun­gen blon­den Po­stil­lon al­le mög­li­che Vor­sicht emp­fahl. Vom Schnee war ei­ne ge­wis­se däm­mern­de Hel­le ver­brei­tet, und als wir im Frei­en wa­ren, frag­te ich den jun­gen Men­schen, ob er sich ge­traue, mich bis zur Mit­tags­zeit auf je­ne Sta­ti­on zu lie­fern, und ob er auch des Weges recht kun­dig sei. Er lach­te und sag­te: Gna­den, ich bin ja von dort ge­bür­tig und ha­be den Weg, seit ich hier in Dienst ste­he, schon über zwan­zig­mal ge­macht. – Wie wünsch­te ich mir sel­ber zu mei­ner Klug­heit und Kon­se­quenz Glück, als ich die­se tröst­li­chen Wor­te ver­nahm.
    Es ging auch al­lem An­schein nach recht gut, we­nigs­tens im An­fan­ge, und ich trös­te­te mich um so mehr, daß mit ein­bre­chen­der Hel­le und dem Ta­ges­licht je­de Be­schwer völ­lig müs­se über­wun­den sein. Mein Po­stil­lon sang, pfiff und blies ab­wech­selnd, was auch da­zu bei­trug, mei­nen Sinn zu er­hei­tern. Jetzt ka­men wir in ein Fich­ten­ge­hölz, in dem der käl­te­re Mor­gen­wind uns an­blies und die Däm­me­rung et­was lich­ter wur­de. Von ei­ner Stra­ße oder ei­nem We­ge war nir­gends et­was zu se­hen, denn der Schnee hat­te al­le Spu­ren ver­deckt. Als wir wei­ter­ka­men, fiel von neu­em Schnee, und mit dem sto­ßen­den Win­de wur­de er so hin- und her­ge­wir­belt, und nach al­len Rich­tun­gen ge­streut und ge­trie­ben, daß ich in mei­nem wi­der­wär­ti­gen of­fe­nen Fuhr­werk bald al­les Be­wußt­sein ver­lor. Wenn der Schnee so stoß­wei­se mir ent­ge­gen­schlug, das Ge­sicht er­käl­te­te und die Au­gen blen­de­te, so war es völ­lig un­er­träg­lich. Wir kön­nen es al­le schon be­merkt ha­ben, daß ein sol­ches Wet­ter, auch ab­ge­se­hen von Frost und Schmerz, selbst ei­ne be­täu­ben­de Kraft hat, ei­ne Schwin­del er­re­gen­de, so daß man an sol­chem Ta­ge auf vie­le Mi­nu­ten oft das Be­wußt­sein ganz ei­gent­lich ver­liert. Das be­geg­ne­te uns denn auch, und ehe ich mich des­sen ver­sah, hat­te mein Po­stil­lon mich, als wir wie­der im Frei­en wa­ren, in einen tie­fen Gra­ben ge­wor­fen. Wir hat­ten ihn nicht be­merkt, und der ver­hül­len­de Schnee gab nach. Es kos­te­te An­stren­gung und Schweiß, das Fuhr­werk wie­der in die Hö­he und aus dem Gra­ben zu brin­gen, und als es ge­lun­gen war und ich mei­nen Sitz wie­der ein­ge­nom­men, war ich ei­gent­lich um nichts bes­ser dar­an. Fast kam mir schon die Reue, daß ich der Ein­la­dung des ver­stän­di­gen Post­meis­ters nicht nach­ge­ge­ben hat­te, doch nahm ich Zu­flucht zum Stol­ze und ei­ner kon­se­quen­ten Aus­dau­er. So krab­bel­ten wir wei­ter, und mein jun­ger Fuhr­mann schi­en auch von sei­nem fro­hen Mu­te nach und nach et­was ein­zu­bü­ßen.
    Um nicht zu um­ständ­lich zu wer­den, sa­ge ich nur, daß wir lang­sam for­tirr­ten, daß die Pfer­de im tie­fen Schnee bald mü­de wur­den, daß nach mei­ner Rech­nung und we­ni­gen Be­sin­nung die Mit­tags­stun­de schon vor­über sein muß­te, denn ich hat­te ver­ges­sen, mei­ne Uhr am Mor­gen auf­zu­ziehn, und im Ne­bel und im­mer­wäh­ren­den Schnee­ge­stö­ber konn­te man vom Stan­de der Son­ne nichts er­fah­ren. Mich hun­ger­te, mei­ne Be­täu­bung ging end­lich in ei­ne Schläf­rig­keit über, ge­gen die ich an­kämp­fen muß­te, um nicht am En­de gar zu er­frie­ren.
    Es dürf­te mir schwer wer­den, ir­gend von dem Re­chen­schaft ab­zu­le­gen, was ich in die­sen Stun­den dach­te, denn mein Geist schlief wirk­lich, wenn ich auch mei­nen Kör­per noch so not­dürf­tig wach er­hielt. End­lich kam es mir vor, als wenn sich die Luft zum Dun­keln an­schick­te, we­nigs­tens wur­den Ne­bel und Schnee noch di­cker. Kei­ne Spur von Woh­nung oder

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