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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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und warf dann mit den Zäh­nen knir­schend den Beu­tel dem Gra­fen vor die Fü­ße. Der Mam­mon da, schrie sie, hät­te mich und mei­ne ar­me Schwes­ter glück­lich ge­macht, aber jetzt nach dem Mit­tags­mah­le, das du uns ge­ge­ben hast, will ich lie­ber die Rin­de der Bäu­me na­gen, als von dei­ner ver­ma­le­dei­ten Hand die­sen Reich­tum neh­men. – So fuhr sie fort und war sinn­reich und er­fin­de­risch in Flü­chen, die sie aus­sprach, und in Qua­len und Un­glücks­fäl­len, die sie ihm und sei­nem Hau­se ver­kün­dig­te. Als sie ge­en­digt hat­te, ging sie wan­kend die stei­ner­ne Trep­pe wie­der hin­un­ter, und al­les Ge­sin­de floh vor ihr wie vor ei­nem Ge­spenst.
    Von die­sem Au­gen­bli­cke war der Graf ein ver­wan­del­ter Mann. Sei­ne Kraft war ge­bro­chen. Er leb­te seit­dem wie ein Träu­men­der, der kei­nen Wil­len hat oder einen Ent­schluß fas­sen kann. Sei­ne Um­ge­bung konn­te nicht er­fah­ren, ob es ihn tief er­schüt­ter­te, als sei­ne Ge­mah­lin in der Mit­ter­nacht nach die­sem ver­häng­nis­vol­len Ta­ge starb. Sel­ten hör­te man ihn von jetzt an spre­chen oder einen Laut, selbst Seuf­zer oder Kla­gen aus­sto­ßen. Er küm­mer­te sich um nichts mehr, und es schi­en ihm gleich­gül­tig, als die Re­gie­rung sein größ­tes Gut ein­zog, um ihn als Re­bel­len und Übel­tä­ter zu be­stra­fen. In die­ser Stim­mung sei­nes Ge­mü­tes gab er sich ganz in die Hän­de je­ner Pries­ter, die er vor­her so auf­fal­lend ver­mie­den hat te; er be­such­te die Kir­che flei­ßig und be­te­te mit In­brunst. Er sah sich nicht um, wenn die an­dern hin­ter ihm her­rie­fen: Da kriecht der al­te Bö­se­wicht, der Lan­des­ver­rä­ter, der Mör­der und Re­bell wie­der in das Got­tes­haus hin­ein! So be­nutz­ten denn ei­ni­ge Ver­wand­te sei­nen Blöd­sinn, um ihm in ei­nem Pro­zeß ein zwei­tes großes Gut zu ent­rei­ßen, und es hat­te fast den An­schein, als wenn sei­nem ein­zi­gen Er­ben, ei­nem schö­nen Kna­ben, nichts von den großen Be­sit­zun­gen sei­ner Vor­fah­ren üb­rig­blei­ben wür­de, wenn sich nicht ein ver­stän­di­ger Vor­mund des Kin­des mit al­ler Kraft an­ge­nom­men hät­te.
    So­weit, be­schloß Theo­dor sei­nen Be­richt, hat uns Freund Blom­berg vor­her die Ge­schich­te vor­ge­tra­gen, als er von Ge­sprä­chen, und spä­ter durch Ih­re An­kunft, Graf Blin­den, un­ter­bro­chen wur­de.
    Man hat­te un­ter­des­sen Er­fri­schun­gen um­her­ge­ge­ben, und der Al­te sag­te: Wol­len wir die Fort­set­zung nicht doch auf mor­gen ver­spa­ren? Die Wir­tin stimm­te am lau­tes­ten die­sem Vor­schla­ge bei, in­dem sie aus­rief: Mir ist es lie­ber, denn da noch die Re­de von Ge­spens­tern sein soll, so brau­che ich mich we­nigs­tens heut nicht mehr zu fürch­ten.
    Man trenn­te sich, und Theo­dor und An­selm be­stie­gen ih­re Pfer­de, um noch in der Nacht in ver­schie­de­nen Rich­tun­gen nach ih­rer Hei­mat zu keh­ren.
     
    Am fol­gen­den Ta­ge war die schö­ne Si­do­nie wirk­lich an­ge­langt. So wie ihr Cha­rak­ter sich im­mer zeig­te, blieb sie sich auch hier ge­treu, denn sie sag­te ih­ren äl­te­ren Ver­wand­ten kei­ne Ent­schul­di­gung dar­über, wes­halb sie nicht frü­her er­schie­nen sei; man nahm nur aus ih­ren Er­zäh­lun­gen ab, daß Lau­nen und Ei­gen­sinn sie un­ter­wegs län­ger auf­ge­hal­ten hat­ten. Die­se zu­fäl­li­gen Mit­tei­lun­gen muß­ten der ehe­ma­li­ge Vor­mund so­wie die Tan­te für Recht­fer­ti­gung ih­res Be­tra­gens gel­ten las­sen.
    Es ist ei­ne aus­ge­mach­te Sa­che, fing der Frei­herr Blom­berg nach Ti­sche an, daß wir auf Rei­sen ei­gent­lich nie­mals wis­sen kön­nen, wo­hin wir ge­ra­ten wer­den. Es sind nicht im­mer die Pfer­de al­lein, wel­che kei­ne Ver­nunft an­neh­men, son­dern Po­stil­lo­ne, ja Post­meis­ter sind zu­wei­len noch schlim­mer, des Wet­ters, der ver­dor­be­nen We­ge und zer­bro­che­nen Rä­der gar nicht ein­mal zu ge­den­ken. Und wie es Un­glück gibt, so oft auch im Elend selbst ein un­be­greif­li­ches Glück. Es ist noch nicht so lan­ge her, daß ein Vet­ter von mir mit sei­ner jun­gen Frau und ei­nem klei­nen Kin­de drü­ben auf mei­nem klei­nen Gu­te an­kam,

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