18 Geisterstories
ich auch wenig oder nichts von jenem Vorfalle weiß und so mitten hineingerate, so will ich dennoch Interesse nehmen, denn Gespenster und alles, was damit zusammenhängt, sind meine Passion.
Recht so! rief Anselm aus, kann man doch nicht wissen, ob wir nicht alle noch einmal umgehn werden, denn keinem steht es an der Stirn geschrieben, ob er nicht aus eines Bäckers Tochter oder Sohn zur Eule wird.
O ihr junges Volk! sagte der alte kranke Blinden mit einem tiefen Seufzer: euch fällt es doch niemals ein, daß ihr schon vor dem Tode zu Gespenstern werden müßt; denn was ist der hilflose, mürrische, runzelvolle Greis anders, wenn man das Bild jenes blühenden Jünglings zurückruft, welches er vor vierzig oder fünfzig Jahren darstellte. Wie wird unser Sidonchen aussehn, wenn sie achtzig Jahr alt werden sollte.
Ich bitte mir einen andern Diskurs aus! wie manchmal der Wiener sagt, – rief Sidonie ganz empfindlich; Vormünder dürfen unhöflich sein, und von diesem erloschenen Recht machen Sie noch immer Gebrauch.
Also denn, rief der kranke Graf, zu jenen wirklichen, echten Gespenstern, lieber Blomberg, um uns von den imaginären abzuwenden. Ihre idealischen sind vielleicht angenehmer.
Blomberg fing an: Sie wissen also, teure Freunde, wie Graf Moritz mehr und mehr verarmte und seinen Nachkommen nur wenig von jenem großen Vermögen hinterließ, welches ihm durch Erbschaft zugefallen war. Kriege brachen auch ein, doch erhielt sich der nächste Besitzer der Klausenburg und seine Familie und war in der Nach barschaft angesehen und geachtet. Fleiß, Glück, die Hei rat mit einem wohlhabenden Fräulein brachten ihn wieder empor. Und so gelang es den Bemühungen jenes Erben, daß sein Schloß noch einige fünfzig oder sechzig Jahre mit seinem altertümlichen Schmuck in unsrer Nachbarschaft glänzte, daß Freunde und Verwandte ihn gern besuchten, und daß er seinem einzigen Sohne, als er starb, die übriggebliebenen Güter im guten Zustande und noch bedeutende bare Summen hinterlassen konnte. Jener Fluch der Zigeunerinnen schien also gänzlich beseitigt, erloschen oder eingeschlafen zu sein. Der Graf und sein Sohn hätten die frühere Begebenheit völlig vergessen, von dem Fluche mögen sie auch vielleicht nichts erfahren haben.
Ich war ein munterer Knabe, als ich die Bekanntschaft mit dem letzten jungen Erben, Franz, dort auf der Klausenburg machte. Dieser Franz; etwa um ein Jahr älter als ich, war heiter, schön, liebenswürdig, die Freude seines Vaters, jenes tätigen Mannes, der den Glanz seiner Familie zum Teil wieder hergestellt hatte. Da mein Vater nur einige Meilen von hier auf seinem Gute wohnte, so kam ich oft von den jenseitigen Bergen nach der Klausenburg herüber, und habe auch oft Ihrer Frau Mutter, meine gnädige Baronin, meine Aufwartung gemacht, zuweilen auch, als ein ungezogener Junge, hier vielen Unfug getrieben.
Ich war damals noch nicht geboren, sagte die Wirtin.
In jenen Tagen, sagte Graf Blinden, bin ich niemals in diese Berggegenden gekommen.
Dieser mein Spielkamerad, Franz, fuhr Baron Blomberg fort, erwuchs nicht nur zur Freude seines Vaters, sondern aller Menschen. Er war schön, witzig, beliebt, geschickt als Tänzer und Reiter, und im Fechten konnte sich niemand mit ihm messen. Er hatte sich dem Fürsten vorstellen lassen, dessen Gunst er auch durch sein heiteres Wesen gewann und in dessen Dienst war er nach wenigen Jahren zum Rat emporgestiegen. Wenigen Menschen auf Erden schien ein so glückliches Los bereitet zu sein. Alle Mütter und Tanten in der Nachbarschaft sahen und wünschten in ihm auch den künftigen Mann ihrer Töchter und Nichten, und in der Stadt war er auf den Bäl len der vergötterte und verzogene
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