18 Geisterstories
und der Wagen fiel im Hofe sogleich um, indem sie absteigen wollten. Aber kein Wunder, denn er hatte nur drei Räder. Wir erstaunten nur, daß die Reisenden nicht früher umgeworfen hatten, und noch unbegreiflicher wurde die Sache, als die Diener im Walde, eine Viertelmeile hinein, das fehlende Rad an einem Baume ganz nachlässig angelehnt fanden. So hatte sich also der Wagen, ohne daß irgendwer den Mangel bemerkte, von selbst im Gleichgewichte gehalten, und die Freunde waren unbeschädigt angelangt. Und doch dürfte keiner deshalb ein viertes Rad am Wagen für so überflüssig halten, wie jenes berüchtigte fünfte. In meiner Jugend war ich einmal gezwungen, in den kürzesten Wintertagen eine ziemlich weite Reise beim abscheulichsten Wetter zu machen. Einen eigenen Wagen besaß ich nicht, und so mußte ich mich mit jenen Fuhrwerken behelfen, die mir die Postmeister gaben, und die oft nichts weniger als bequem waren und ein seltsames Aussehen hatten. Solange ich in der wohlhabenden menschenvollen Gegend reiste, war es noch erträglich. Aber nun geriet ich in Heidegegenden, wo Dörfer und Städte fehlten und Mangel vollauf war. Mit der zunehmenden Kälte verwandelte sich nun der Regen in Schnee, welcher in Ungeheuern Massen aus den Wolken niederfiel, und Wege, Gesträuche, Gräben und alle Kennzeichen, an denen man sich orientieren konnte, verdeckte. Weil es in diesem Landstriche keine Chausseen und große Heerstraßen gab, war das Fortkommen mit tausend Schwierigkeiten verknüpft und Geduld war das notwendigste Talent, um weiterzugelangen und auszuhalten.
Hübsch und behaglich wohnte es sich in der Nacht bei einem jungen Postmeister, der sich erst seit kurzem in dieser Wüstenei eingerichtet hatte. Wir schwatzten beim Abendtisch, indem wir guten Wein tranken, fröhlich miteinander. Er wollte am folgenden Tage seine Braut in sein Haus führen, die schon unterwegs war, um mit den Eltern des Mädchens die Hochzeit im ziemlich großen Hause zu feiern. Mein Herr, sagte er zu mir, indem ich zu Bette gehen wollte, wenn Sie den Rat eines Wohlmeinenden annehmen wollen, so bleiben Sie wenigstens morgen hier bei uns, und nehmen an unserer Freude teil. Sie haben selbst den Sturm gehört, welcher sich seit einigen Stunden aufgemacht hat, er treibt die Schneemassen hin und her, und kein Weg läßt sich unterscheiden.
Ich kann Ihnen leider nur einen kleinen, ganz offenen Wagen geben, und die nächste Station ist weit, vier Meilen von hier. Dazu kommt noch, daß ein junger unerfahrner Bursche Sie führen muß, denn die älteren sind fort, mir Eltern und Braut abzuholen. Sie sparen Zeit und gewinnen, wenn Sie es sich wenigstens diesen einen Tag bei mir gefallen lassen.
Mein guter Herr, antwortete ich, ich würde Ihr gütiges Anerbieten annehmen, wenn ich nicht allzusehr pressiert wäre. Ein Freund erwartet mich auf der nächsten Station, dem ich mein Wort verpfändet habe, unfehlbar einzutreffen. Ich darf nicht ausbleiben. Meine Geschäfte sind von der Art, daß ich mit meinem Verwandten auch sogleich von dort in der größten Schnelle weiter reisen muß.
Der Wirt, indem er mir gute Nacht bot, sah mich, wie etwas mißtrauisch, von der Seite an, als wenn er meinen Versicherungen keinen rechten Glauben zustellte. Und er war mit seinem Argwohn auch auf keinem ganz unrechten Wege. Denn, mit Menschenkenntnis ausgerüstet, wie ich damals mir zutraute, nahm ich alles, was der Mann mir sagte, nur für Vorwand und List, um mich länger in seinem Hause zu behalten. Er hatte bemerken können, daß ich das Geld nicht sonderlich achtete, ich mochte ihm als reich erscheinen, wofür man in der Jugend so gerne gilt, ich hatte ihn gezwungen, mit mir eine Flasche
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