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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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Men­schen. Die Pfer­de wa­ren ganz matt, und nach mei­ner träu­me­ri­schen Rech­nung moch­ten wir dem Abend na­he sein. Der jun­ge Po­stil­lon war ab­ge­stie­gen, um an den Strän­gen et­was zu knüp­fen, die beim deut­schen Fuhr­we­sen im­mer­dar schlecht und in Un­ord­nung sind. Als ich mich zu ihm hin­beug­te, um mit ihm zu spre­chen und et­was Tröst­li­ches zu er­fah­ren, sah ich zu mei­nem Schre­cken, daß der Bur­sche ganz un­ver­hoh­len wein­te, und end­lich gar laut schluchz­te. Was ist dir? – Ach! gnä­di­ger Herr, lau­te­te sei­ne Ant­wort, mit den Pfer­den, und auch mit uns, ist es völ­lig aus. Wir sind schon stun­den­lang auf kei­nem ge­bahn­ten We­ge mehr. Es hat mich ei­ner be­hext, ich weiß nicht, wo wir sind. Ich bin in die Wil­de­wahl hin­ein­ge­ra­ten. So nann­te er, nach sei­ner Bau­ern­spra­che, uns­re Ver­ir­rung.
    Aber was an­fan­gen? – Wenn uns der Hei­land nicht durch ein Wun­der er­ret­tet, so müs­sen wir hier um­kom­men. – Mut ge­faßt, Klei­ner! heut früh warst du so dreist und lus­tig. – Ja, da­mals war ich noch nicht ver­hext. – Wir kön­nen hier aber nicht bis zum Früh­ling hal­ten. – Ach Gott! wir müs­sen hier um­kom­men. Und die hei­ßen Trä­nen roll­ten wie­der in den Schnee.
    Ich sah, daß der Bur­sche al­le Fas­sung ver­lo­ren hat­te. Zum Glück hat­te ich noch einen Rest von süßem Wein bei mir, wo­mit ich den schon ganz Ver­zwei­feln­den stärk­te, und so setz­te er sich, et­was er­mu­tigt, auf den Bock, um auf gut Glück oder schlimm Un­glück wei­ter­zu­fah­ren, in­dem die Däm­me­rung, und bald dar­auf auch die Fins­ter­nis, wirk­lich her­ein­brach.
    Ich war jetzt we­ni­ger be­täubt. Mit der größ­ten An­stren­gung horch­te ich um­her, ob der Laut ei­nes Men­schen, das Bel­len ei­nes Hun­des mein Ohr trä­fe. Aber al­les war still wie die to­te Mit­ter­nacht. Fast muß­te ich sor­gen, daß die Pfer­de, die im­mer häu­fi­ger stol­per­ten, ohn­mäch­tig nie­der­sin­ken möch­ten. Ich sprach, so gut es sich bei dem Ge­tö­se des Win­des tun ließ, mit mei­nem Fuhr­mann, da­mit er nicht ein­sch­lie­fe, oder von neu­em in sein trost­lo­ses Wei­nen ver­fie­le. Mei­ne Si­tua­ti­on war in der Tat kei­ne be­nei­dens­wer­te, und in stump­fer Re­si­gna­ti­on war ich so tief ge­sun­ken, daß ich schon auf den an­dern Mor­gen zu hof­fen be­gann, ob­gleich ich es wuß­te, daß die Nacht nur seit kur­z­em be­gon­nen hat­te.
    Ei­ne Art von Schim­mer ver­brei­te­te in der schwar­zen Nacht der fal­len­de und lie­gen­de Schnee; die­ses Auf­däm­mern diente aber mehr, Au­gen und Sin­ne zu ver­wir­ren, als zu ir­gend­ei­nem Se­hen zu ver­hel­fen.
    End­lich, so bil­de­te ich mir ein, hör­te ich et­was, wie aus wei­ter Fer­ne: es schi­en auch et­was Dunkles, Fes­tes sich in die Luft hin­ein zu er­stre­cken. So war es auch, denn wir ge­rie­ten nun wie­der in einen Wald. Im­mer ei­ne Art von Ge­winn, wenn wir die Nacht doch ein­mal im Frei­en zu­brin­gen soll­ten. Je­ne Leu­te, die auch wohl nur ein­ge­bil­det wa­ren, lie­ßen sich nun aber nicht mehr ver­neh­men.
    Nach­dem wir ei­ne Wei­le noch fort­ge­stol­pert wa­ren, zeig­te sich wirk­lich ein Licht­lein ganz, ganz fer­ne. Ich woll­te erst mei­nen Au­gen nicht trau­en, aber der Po­stil­lon ent­deck­te es eben­falls. – – –
    Hier wur­de der Er­zäh­ler un­ter­bro­chen, denn An­selm, so wie Theo­dor, die eben vom Pfer­de ge­stie­gen wa­ren, tra­ten ein. Theo­dor wur­de rot vor Freu­de, als er die schö­ne Si­do­nie er­blick­te. Er be­grüß­te sie so leb­haft und lei­den­schaft­lich, daß die Wir­tin lä­chel­te und Blin­den her­zu­trat, um eben­falls dem jun­gen Mann Will­kom­men zu sa­gen und ihm die Hand zu bie­ten.
    Sie kom­men einen Au­gen­blick zu früh, mei­ne wer­ten Gäs­te, sag­te die Ba­ro­nin, denn so­eben ist un­ser Blom­berg bei der Ent­wick­lung ei­ner in­ter­essan­ten Ge­spens­ter­ge­schich­te, die er selbst er­lebt ha­ben will.
    Man setz­te sich wie­der, und Blom­berg gab ver­wun­dert von sich: Ge­spens­ter­ge­schich­te?
    Nun ja, fiel Si­do­nie ein, was kann denn nur das rät­sel­haf­te fer­ne Licht an­ders sein als die er­leuch­te­te Kam­mer

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