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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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Freun­den er­tra­gen konn­te, ver­nahm ich denn, daß sie an ei­ner un­heil­ba­ren Krank­heit lei­de und von ih­ren Ärz­ten schon auf­ge­ge­ben sei. Wie wun­der­lich spielt das Schick­sal mit dem Men­schen und al­len mensch­li­chen Ab­sich­ten. In die­ser höchs­ten Not, so sag­te man mir, hät­te mir der Va­ter gern sei­ne Toch­ter ge­ge­ben, wenn er da­durch sein ge­lieb­tes Kind nur hät­te ret­ten kön­nen. Er woll­te sich über die Mei­nung der Welt und über die Ein­re­de sei­ner Fa­mi­lie hin­weg­set­zen, wenn ihm durch die­sen fes­ten Ent­schluß sei­ne Ju­lia­ne nur kön­ne ge­ret­tet wer­den, durch de­ren Krank­heit er erst er­fah­ren hat­te, wie er sie lie­be, wie sie mit sei­nem Her­zen ver­wach­sen sei. – Al­les war um­sonst, sie starb in Schmer­zen und nach mir ru­fend, und der trost­lo­se Va­ter rief mir sei­ne Flü­che nach, die mich auch ein­ho­len wer­den, o ja, so wie ih­re Ver­wün­schun­gen.
    – So un­ge­fähr äu­ßer­te sich da­mals die Lei­den­schaft mei­nes un­glück­li­chen Freun­des. Er er­zähl­te mir noch zum Be­schluß, daß sein gan­zes Ver­mö­gen ver­lo­ren­ge­he, wenn sich nicht ein Do­ku­ment vor­fän­de, das er schon seit lan­gem su­che, aber nir­gends, in kei­nem sei­ner Schrän­ke ent­de­cken kön­ne.
    Es gibt Lei­den, bei de­nen es tö­richt ist, nur den Ver­such zu ma­chen, um Trost ein­zu­spre­chen. Sol­che Schmer­zen müs­sen sich selbst durch­le­ben, sie ge­hö­ren zum Men­schen, und wer ih­nen nicht er­liegt, wer sie über­steht, wird spä­ter­hin ein­se­hen, daß die­se ho­he Schu­le durch­zu­ar­bei­ten zu sei­nem Hei­le not­wen­dig war.
    Ich bin über­zeugt, sag­te mein Freund nach ei­ni­gen Ta­gen, als ich von ihm Ab­schied nahm, daß die­se Flü­che, die­se Pro­phe­zei­un­gen der Fu­rie mich fin­den wer­den. Mein Le­ben wird sich in Krank­heit, Elend, Wahn­sinn und Ar­mut ver­zeh­ren. Der Geist der Ab­ge­schie­de­nen wird auf mei­nem Pfa­de in mei­ne Fuß­tap­fen tre­ten und Gift sä­en, wo viel­leicht noch ei­ne Freu­de auf­sprie­ßen möch­te. –
    Jetzt fing ich an zu trös­ten und aus al­len Ge­gen­den Hoff­nung und Be­ru­hi­gung her­bei­zu­ru­fen, weil der­glei­chen Be­fürch­tun­gen nur all­ge­mein poe­ti­sche sind, die sich be­kämp­fen las­sen. Die Hoff­nung ist we­nigs­tens noch un­end­li­cher, als die weit­um­grei­fen­de Ahn­dung die­ser ge­spens­ti­schen Furcht. – Wir trenn­ten uns, und ich er­fuhr lan­ge nichts von mei­nem Franz. Ich war im Aus­lan­de und kehr­te erst nach ei­ni­gen Jah­ren zu­rück.
    Wir hat­ten uns nicht ge­schrie­ben, und als ich nun wie­der in mei­nem Wohn­sit­ze mich be­hag­lich fand, wie über­rasch­te und er­freu­te mich sein ers­ter Brief. Kei­ne Spur mehr der al­ten Lei­den; al­les war ver­ges­sen. Durch die Zeit und das Glück war mein Franz zu ei­nem wahr­haft neu­en Men­schen ge­wor­den. – Er schrieb mir näm­lich von sei­ner be­vor­ste­hen­den Hoch­zeit. Das schöns­te Mäd­chen der Pro­vinz, jung, hei­ter und un­schul­dig, hat­te ihm ih­re Lie­be zu­ge­wen­det: er hat­te an dem­sel­ben Ta­ge, nach Jah­ren, je­nes ihm so wich­ti­ge Do­ku­ment auf­ge­fun­den, als das schöns­te Braut­ge­schenk sei­nes vollen­de­ten Glücks. Je­ne trü­be Zeit, so mel­de­te er mir, sei in sei­nem Geis­te nun völ­lig er­lo­schen, ei­ne neue Ju­gend blü­he ihm auf und er fan­ge jetzt erst an zu le­ben. In acht Ta­gen soll te sei­ne Hoch­zeit ge­fei­ert wer­den, und er lud mich drin­gend ein, zu ihm zu kom­men, um Zeu­ge sei­nes Glückes zu sein.
    Gern wä­re ich die­sem Ru­fe ge­folgt, wenn mich nicht mein Oheim, der auf dem Ster­be­bet­te lag, vier­zig Mei­len weit von hier hin­weg ge­ru­fen hät­te. Der Fürst, der un­sern Freund am meis­ten haß­te und ver­folg­te, war auch seit­dem ge­stor­ben, und so ließ es sich denn nach al­ler mensch­li­chen Aus­sicht und Be­rech­nung so an, daß al­les Ah­nungs­vol­le, Dro­hen­de, Un­heil­brin­gen­de ver­löscht, ein­ge­schla­fen und ver­ges­sen sei und sich Geis­ter des Glückes und der Lust vor den Le­bens­wa­gen un­sers Freun­des span­nen wür­den. –
    Hier schwieg der Er­zäh­ler, und Graf Blin­den frag­te: Ist

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