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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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wo­für sich die­se doch aus­gibt, kommt der­glei­chen nicht vor. Denn was wir bis jetzt von die­ser Zi­geu­ne­rin, der Si­byl­le, dem vä­ter­li­chen Fluch und der­glei­chen mehr ver­nom­men ha­ben, macht kei­nen großen Ein­druck. Al­les die­ser Art ist nur von ei­ner zwei­deu­ti­gen Wir­kung, denn der Le­ser oder Zu­hö­rer muß dem Er­zäh­ler schon mit gu­tem, ja so­gar dem bes­ten Wil­len ent­ge­gen­kom­men, da­mit nur ei­ne Täu­schung, ge­schwei­ge ein tiefer er­schüt­tern­der Ein­druck mög­lich wer­de. Je­ne Poe­si­en und Mär­chen aber, die dar­auf aus­ge­hen, uns Schau­der und Ent­set­zen zu er­re­gen, ver­ab­scheue ich ge­ra­de­zu, und sie wa­ren mir schon in mei­ner Kind­heit ver­haßt. Gibt es et­was Un­sin­ni­ge­res, als daß ich mir frei­wil­lig ein Ge­fühl er­re­ge, wel­ches mich pei­nigt, ängs­tigt und quält? Ich ver­lan­ge von der Dich­tung, daß sie mich in einen be­hag­li­chen Zu­stand ver­set­ze, der mich die Wir­ren und Ängs­te des wirk­li­chen Le­bens ver­ges­sen macht. Dar­um rüh­ren mich auch je­ne fan­tas­ti­schen Mär­chen nie­mals.
    Weil es Ih­nen wohl an Fan­ta­sie ge­bricht, ver­setz­te Theo­dor. Wer bloß Schreck und Angst emp­fin­det, und wem in je­nem sü­ßen Grau­en sich nicht das Rät­sel des Le­bens in ei­nem halb­ver­ständ­li­chen Wun­der dar­legt, der kann frei­lich zu je­ner geis­ti­gen Re­gi­on kei­ne Ein­laß­kar­te be­kom­men.
    Da ge­ra­ten wir, sag­te An­selm höh­nisch, frei­lich auf je­ne bahn­lo­sen Schmugg­ler-Pfa­de, auf wel­chen so vie­le äs­the­ti­sche Con­tre­ban­diers ver­däch­ti­ge und ver­bo­te­ne Wa­re aus dem Ge­biet des Un­sinns in das Land der Ver­nunft hin­über­pa­schen wol­len.
    Theo­dor woll­te wie­der­um ant­wor­ten, aber die al­te Ba­ro­nin nahm das Wort, in­dem sie freund­lich sag­te: Mei­ne Freun­de, wir Frau­en ver­ste­hen nichts von die­sen ge­lehr­ten Dis­pu­ten, Sie müs­sen uns er­lau­ben, uns an der­glei­chen wie die Kin­der zu er­göt­zen. O es ist gar so hübsch, in gu­ter Ge­sell­schaft sich so recht zu fürch­ten, vor dem Schat­ten an der Wand zu er­schre­cken, uns bei je­dem Ge­räusch um­zu­se­hen und end­lich mit Grau­en und Angst in das Bett zu stei­gen. Wird man recht über­mannt, so muß wohl gar un­ter al­ler­hand Vor­wän­den die Kam­mer­jung­fer in der­sel­ben Stu­be schla­fen, und man spricht und fragt, um sich zu über­zeu­gen, daß sie noch da ist. Wir ster­b­li chen Men­schen ha­ben gar selt­sa­me und gar man­nig­fal­ti ge Ver­gnü­gun­gen, und wen soll man dar­um schel­ten, daß wir so ein­ge­rich­tet sind?
    Mei­ne Freun­de, fing Blom­berg jetzt, in­dem sich al­le in der Ge­gend des Ka­mins nie­der­ge­las­sen hat­ten und das Zim­mer nur von zwei Ker­zen und dem fla­ckern­den Feu­er er­hellt war, mit ei­ni­ger Fei­er­lich­keit an: wie mei­ne Er­zäh­lung wir­ken, ob sie in­ter­essant sein mag, kann ich nicht ver­bür­gen, ich kann nur be­kräf­ti­gen, daß ich sie für wahr hal­te, und daß ich, wie Sie ge­sehn ha­ben, ei­ni­ges da­von sel­ber mit er­lebt ha­be. Wie man es aus­le­gen, in­wie­fern man mir glau­ben mag, wel­che Kon­se­quen­zen man dar­aus zie­hen will, ob die­ser und je­ner es für Er­fin­dung er­klä­ren möch­te, al­les dies küm­mert mich nicht son­der­lich. –
    Der Auf­ent­halt bei mei­nem tod­kran­ken Oheim zog sich in die Län­ge. Sei­ne Qual währ­te län­ger, als sei­ne Ärz­te es ver­mu­tet hat­ten, und es war mir be­ru­hi­gend, daß mei­ne Ge­gen­wart ihm so trös­tend und hilf­reich sein konn­te. Als er ge­stor­ben war, hat­te ich viel zu tun, sei­ne Ver­las­sen­schaft zu ord­nen, mich mit den üb­ri­gen Ver­wand­ten, da mir ein Teil des Ver­mö­gens zu­fiel, zu ei­ni­gen und al­les so ein­zu­rich­ten, daß wir al­le be­frie­digt und oh­ne Streit aus­ein­an­der­gin­gen. Über die­se An­ge­le­gen­heit, da das Ge­schäft zu­gleich ver­schie­de­ne Rei­sen not­wen­dig mach­te, war mehr als ein Jahr, fast acht­zehn Mo­na­te wa­ren dar­über ver­flos­sen. Die Rei­sen hat­ten mich weit von die­ser Ge­gend hin­weg ge­führt, und ge­steh’ ich es nur, in die­sen Ver­hält­nis­sen und im Drang der

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