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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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der Eti­ket­te nach­ge­las­sen, daß er sich sel­ber tö­richt ge­freut, daß sei­ne Toch­ter durch mei­nen Um­gang sich bil­den und von mir ler­nen kön­ne. Als er erns­ter wur­de, und ich dem er­schüt­ter­ten Va­ter der Wahr­heit ge­mäß bei mei­ner Eh­re und bei Gott be­teu­ern konn­te, daß un­se­re Lei­den­schaft uns zu kei­nem Ver­bre­chen hin­ge­ris­sen ha­be, daß un­ser Ge­ni­us uns nicht ver­las­sen, ward er wie­der mil­de und sag­te und ver­bot mir nur, was ich mir sel­ber sa­gen konn­te. Ich durf­te die Toch­ter nie­mals wie­der heim­lich sehn; ich soll­te durch Ver­stand und Cha­rak­ter sie all­ge­mach von die­ser kran­ken Lei­den­schaft hei­len, die ich tö­richt in ihr ent­zün­det hat­te, und mich da­durch sei­nes Ver­trau­ens und sei­ner Lie­be von neu­em wür­dig ma­chen.
    Mir war, so fuhr Franz fort, plötz­lich wie ei­ne De­cke von mei­nem An­ge­sicht ge­nom­men. Ich kann wohl sa­gen, daß durch die­se ei­ne Un­ter­re­dung mein gan­zes We­sen ver­wan­delt war. Die Wahr­heit, die Wirk­lich­keit war nun end­lich mit sie­gen­der Ge­walt auf mich ein­ge­drun­gen. Man­che Le­ben­spe­ri­oden sind ei­nem leb­haf­ten, wun­der­sa­men Trau­me zu ver­glei­chen, man er­wacht zur Nüch­tern­heit, aber man fühlt sich doch er­wacht.
    O mein Freund, die­se Wahr­heit aber war oder er­zeug­te mir die Höl­le. Mein Geist gab dem edeln Va­ter in al­len Din­gen nach, er hat­te recht, im voll­kom­mens­ten Sin­ne des Wor­tes. Wenn ich Ju­lia­ne be­wun­der­te und ih­ren Wert er­kann­te, wenn sie mir Freun­din war, und ich ihr wich­tig ge­nug, daß ich ihr Da­sein er­hö­hen konn­te, – was hat­te das mit der Lei­den­schaft, mit dem Rin­gen nach ih­rem Be­sitz zu tun? Von die­ser Über­zeu­gung war ich jetzt durch­drun­gen und die­ses Ge­fühl tat mir wohl. Wie an­ders aber war es mit ihr! Wen­den sich die Ver­hält­nis­se so, so wer­den in der Re­gel dann die Frau­en in das ver­zeh­ren­de Feu­er der Lei­den­schaft tre­ten. Wel­che Brie­fe er­hielt ich von ihr, nach­dem ich ihr mei­nen Ent­schluß und den Rat, sich der Not­wen­dig­keit zu fü­gen, mit­ge­teilt hat­te! Ich sag­te ihr fast nur die­sel­ben Sa­chen, die ich frü­her, als mein Un­ge­stüm in sie drang, aus ih­rem schö­nen Mun­de ge­hört hat­te. Aber ihr Ohr war jetzt ein an­de­res als da­mals. Taub je­dem Rat, ge­fühl­los je­der Freund­lich­keit, un­zu­gäng­lich je­der Über­zeu­gung, hör­te sie nur die wil­den Ein­ge­bun­gen ih­rer Lei­den­schaft. Mei­ne Ver­nunft schi­en ihr Feig­heit, mei­ne Re­si­gna­ti­on nann­te sie Nie­der­träch­tig­keit. Sie, ein­zig und al­lein, sie soll­te bei die­ser Fra­ge, die jetzt in mei­nem Her­zen war er­ör­tert wor­den, be­rück­sich­tigt wer­den. Kurz, sie spiel­te jetzt die­sel­be Rol­le, die ich ihr frü­her dar­ge­stellt hat­te. Da ich auf mein Be­tra­gen spä­ter mit Reue und Be­schä­mung blick­te, so glaub­te ich, durch ru­hi­ges Be­har­ren sie auf den­sel­ben Punkt all­ge­mach füh­ren zu kön­nen. Aber mei­ne Hoff­nung er­füll­te sich nicht. Selt­sam, daß ich jetzt des­halb ge­ängs­tigt war, weil ich das im über­vol­len Maß be­saß, was ich ehe­mals für mein höchs­tes Glück ge­hal­ten hät­te: und daß sich jetzt mein in­nigs­ter Wunsch nur er­streck­te, sie zur Ru­he, ja Käl­te und Gleich­gül­tig­keit zu­rück­füh­ren zu kön­nen. So wun­der­lich be­han­deln uns oft­mals die Göt­ter in Aus­tei­lung ih­rer Ga­ben. Mei­ne Brie­fe ver­letz­ten sie, so sah ich aus ih­ren Ant­wor­ten, im­mer tiefer. So kam es denn, daß ich selbst wün­schen muß­te, wie­der ein­mal ei­ne ver­trau­te Un­ter­re­dung mit ihr in ein­sa­mer Abend- oder Nacht­stun­de ha­ben zu kön­nen, de­ren mir ehe­mals so vie­le zu­teil ge­wor­den wa­ren. Es ge­lang durch Be­ste­chung, Bit­te, Er­nied­ri­gung. Aber, o Him­mel! wie war die­se Ju­lia­ne ei­ne an­de­re als je­ne, die mich ehe­mals ent­zückt und be­geis­tert hat­te! Sie glich in ih­rem Schmerz, ver­letz­tem Ge­fühl und be­lei­dig­tem Stolz ei­ner ra­sen­den Bac­chan­tin. Ich sag­te mir, so wie ich zu ihr trat: Zu die­sem Bil­de al­so hat sie dei­ne Lie­be, Ei­tel­keit und

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