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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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Re­de­kunst er­nied­rigt! O ihr Män­ner, die ihr durch eu­re Kraft die­se wei­chen We­sen zu En­geln er­he­ben oder zu wild­sin­ni­gen Trun­ke­nen ver­wan­deln könnt! Doch die­se Be­trach­tun­gen ka­men zu spät. Wa­ren ih­re Brie­fe schon lei­den­schaft­lich ge­we­sen, so wa­ren die Re­den ih­res Mun­des noch viel un­ge­stü­mer und stür­mi­scher. Nur mei­ne Lie­be, nichts wei­ter in der gan­zen wei­ten Welt ver­lang­te sie. Für sie gab es kei­ne Rück­sich­ten mehr. Flucht in die Welt hin­ein, Ver­let­zung ih­res Rufs, Krän­kung des Va­ters und ih­res Hau­ses, al­les war ihr jetzt recht und er­wünscht. Ich er­schrak vor die­sem Tau­mel, der kei­ne Scheu mehr an­er­ken­nen woll­te. Je mil­der ich war, je mehr ich ihr die un­ab­weis­li­che Not­wen­dig­keit deut­lich ma­chen woll­te, um so wahn­sin­ni­ger ward ih­re Re­de und Ge­bär­de. Gleich woll­te sie mit mir ent­fliehn. Es be­durf­te nur, das fühl­te ich, des aus­ge­spro­che­nen Wunsches, so er­gab sie sich mir in die­sem Tau­mel ganz und un­be­dingt. Ich war im tiefs­ten Her­zen elend, ja ver­nich­tet in al­len mei­nen Kräf­ten.
    Ich er­fuhr, daß der Fürst nur in An­deu­tun­gen mit ihr ge­spro­chen hat­te: das Wich­tigs­te wuß­te sie nur aus mei­nen Brie­fen. Sie schalt auf mich, ih­ren Va­ter und das Schick­sal, und erst, als sie einen Strom von Trä­nen ver­gos­sen hat­te, war sie et­was mehr be­ru­higt. Ich muß­te ihr ver­spre­chen, nach ei­ni­gen Ta­gen wie­der­zu­kom­men, um dann die Mit­tel zu un­se­rer Flucht ver­ab­re­den zu kön­nen. Al­so war es nun so weit ge­kom­men, daß ich mich vor die­ser an­ge­be­te­ten Ju­lia­ne fürch­ten, ja daß ich sie ver­ach­ten muß­te. Und doch war sie die­sel­be, und nur die­se un­se­li­ge Lei­den­schaft, die ich aus mei­nem Her­zen in das ih­ri­ge ge­gos­sen hat­te, mach­te sie zu die­sem furcht­ba­ren Wahn­bil­de. Ich zit­ter­te, sie wie­der zu se­hen. Ich wuß­te nicht mehr, wel­che Wor­te ich ihr sa­gen, wel­chen Auf­schub, oder wel­che Ent­schul­di­gung ich er­sin­nen soll­te. Ei­ni­ge Wo­chen ver­gin­gen so, in de­nen wir nur Brie­fe wech­sel­ten. Um zu en­di­gen: ich ging wie­der zu ihr. Sie schi­en mir krank, aber noch in der­sel­ben Auf­re­gung, die kei­ne ver­nünf­ti­gen Grün­de zu­las­sen woll­te. Sie hat­te einen Wa­gen be­sorgt, ih­re Ju­we­len ver­packt, an der Gren­ze An­stal­ten ge­trof­fen, Päs­se an­ge­schafft, Be­schüt­zer in fer­nen Ge­gen­den in An­spruch ge­nom­men, kurz al­les ge­tan, was der Wahn­sinn ei­ner un­be­grenz­ten Lie­be nur im­mer un­ter­neh­men mag. Ich be­han­del­te sie als Kran­ke, die um sich nicht weiß, und gab ihr in al­len Aus­schwei­fun­gen recht und lob­te al­le ih­re höchst wun­der­li­chen Plä­ne. So glaub­te sie dann mit mir ei­nig zu sein, und in acht Ta­gen, wäh­rend ei­ner glän­zen­den Mas­ke­ra­de, in­dem al­le Men­schen be­schäf­tigt und zu­gleich un­kennt­lich wa­ren, woll­ten wir ent­fliehn. Ich be­wil­lig­te al­les, um sie nur für den Au­gen­blick zu be­ru­hi­gen, nahm mir aber im stil­len vor, den Hof und die Stadt zu ver­las­sen. In­dem wir noch so un­se­re höchst ver­nünf­ti­gen Pro­jek­te ver­han­del­ten, ge­wahr­te ich plötz­lich den Fürs­ten hin­ter mir, der schon ei­ne ge­rau­me Zeit un­se­rer Un­ter­re­dung zu­ge­hört hat­te. Die Sze­ne, wel­che nun vor­fiel, mag ich nicht be­schrei­ben. Des Va­ters Zorn über­stieg al­le Gren­zen, weil er mich wort­brü­chig vor­fand und der Über­zeu­gung war, ich sei ganz mit dem wil­den Pla­ne sei­ner Toch­ter ein­ver­stan­den. Sie warf sich zu sei­nen Fü­ßen; ganz dem frü­he­ren schö­nen Bil­de un­ähn­lich, war sie, wie von Fe­dern ei­ne me­cha­ni­sche Fi­gur in ge­walt­sa­me Be­we­gung ge­setzt wird, ei­ne Ge­stalt, de­ren Le­ben sich nur in den krampf­haf­tes­ten Ge­bär­den kund tut. Es ist zu ver­wun­dern, daß man man­che Mo­men­te über­lebt. – Ich ward ver­bannt, muß­te in die Ein­sam­keit ent­fliehn und hör­te lan­ge nichts von der Stadt und den dor­ti­gen Be­ge­ben­hei­ten, weil ich al­le Men­schen ver­mied. Als ich wie­der zur Be­sin­nung kam und den An­blick von

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