18 Geisterstories
sprach sie zitternd, ich habe das Gefühl, als wenn Gespenster unsichtbar hier umgingen. – Ich erschrak, und der Gedanke sah mich mit grauen Augen eines Ungetüms an: daß auch der Verstand meiner Elisabeth vielleicht wie der der Schwester möchte gelitten haben.
Als wir in dem neuen Hause am Eibensteige wohnten, vermißten wir oft Ernestine und erfuhren, daß sie in der Klausenburg und in den Ruinen des alten Schlosses verweile. Da es einmal zu dieser Mißhelligkeit gediehen war, hatte ich sowohl wie die Frau ein besseres Gefühl, wenn wir die Arme nicht bei uns sahen. Aber wie verschieden war mein Leben doch von jenem, wie ich es mir vorgebildet hatte, als ich um die Hand meiner Elisabeth warb!
Noch anderes häusliches Unglück geseilte sich zu unseren Leiden, um unsern Gram zu vermehren. Jenes Dokument, welches eigentlich mein Vermögen, mein Dasein begründete, jener Beweis, daß Summen bezahlt seien und ich noch welche zu fordern hatte, alle diese Akten und Papiere, die schon nach dem Tode des Grafen Moritz waren als Beweistümer in Anspruch genommen worden, diese wichtigen Blätter, die ich nach langem mühevollen Suchen wieder gefunden und die ich nur kürzlich noch in Händen gehabt hatte, waren verschwunden. Ich hatte sie immer aufmerksam behütet und verschlossen gehalten, ich hatte sie jetzt meinem Advokaten ausliefern und selber mit diesen höchst wichtigen Beweisen, die mir meine Güter frei machten und wieder schafften, nach der Stadt reisen wollen. Und sie waren fort, und wie ich dachte und sann, konnte ich weder ergründen, ja selbst keine Spur auffinden, wie es möglich gewesen, sie mir zu entwenden. Als ich endlich in meiner Herzensangst meiner Frau meine Sorge mitteile, ist sie scheinbar ganz ruhig und sagt mit kalter Stimme und Fassung: Und du kannst noch zweifeln? Ich kann es nicht. Ernestine hat einen Augenblick deiner Abwesenheit, des offnen Pultes, oder wer weiß welches augenblickliche Vergessen benutzt, um diese Papiere dir zu rauben.
Nicht möglich! rief ich im Entsetzen. – Möglich? wiederholte sie; was ist ihr unmöglich? – Da diese Dokumente fehlten, ging jener uralte Prozeß nur sehr langsam vorwärts, und ich konnte es mir selber sagen, daß ich ihn durchaus verlieren müsse, wenn es irgendeinmal zur Entscheidung käme. Ich benutzte daher eine Gelegenheit, als ihn die Gerichte selbst niederzuschlagen vorschlugen, um den wahren Bescheid auf künftige Jahre möglich zu machen. Ich konnte aber nicht unterlassen, Ernestine zu befragen und ihr meinen Verdacht mitzuteilen. Die Haare richteten sich mir empor über die Art und Weise, wie sie diese Anmutung, die jedes unschuldige Herz empören mußte, aufnahm. Als ich meine Verlegenheit überwunden und ihr die Sache vorgetragen hatte, fing sie so laut und heftig an zu lachen, daß ich alle Fassung verlor. Als ich mich gesammelt hatte und in sie drang, mir zu antworten, sagte sie mit schneidender Kälte: Mein guter Herr Schwager, hier sind, wie Sie selbst, trotz Ihrer Borniertheit, einsehen, nur zwei Fälle möglich. Entweder ich bin schuldig, oder unschuldig. Nicht wahr? Wenn ich den Raub begangen habe, so mußte ich durch wichtige Ursachen bewogen sein, oder durch Bosheit, oder was es sei, zu dieser Handlung gestachelt. Und dann sollte ich sagen: ja, ich habe es getan, nehmen Sie es doch ja nicht übel? Sie müssen selbst gestehn, das wäre dümmer als dumm. Wenn ich also blödsinnig wäre, hätte ich es vielleicht so ohne alle Absicht getan, um das Küchenfeuer damit anzuzünden, oder auch weil mir die roten Siegel gefielen, und ich spräche nun: da nehmen Sie die hübschen Papiere zurück, weil ich sehe, daß sie einen Wert für den liebwerten Herrn
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