Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
Vom Netzwerk:
Schwes­ter nicht zu­ge­gen sein dür­fe. Ich ging hin­über und sag­te, so wie ich ein­trat: Lie­be Freun­din, Sie wol­len ge­wiß so gut sein, mir je­ne Do­ku­men­te wie­der aus­zu­lie­fern, die Sie, um mich zu ne­cken, aus mei­nem Pul­te ge­nom­men ha­ben. Sie sah mich be­deu­tend mit den ster­ben­den Au­gen an, die jetzt viel grö­ßer und ver­klär­ter als vor­mals leuch­te­ten. In ih­rem Blick war et­was so Selt­sa­mes, Leuch­ten­des, Grün­fun­keln­des, daß man nichts Ent­setz­li­ches, Un­be­greif­li­ches zu se­hen braucht, wenn man der­glei­chen er­blickt hat. Ha­ben Sie, Schwa­ger, sag­te sie nach ei­ner Pau­se, im­mer noch die­se Nar­ren­pos­sen im Kopfe? Doch frei­lich, lebt je­der so hin, wie er le­ben kann. Setzt Euch, Freund; füg­te sie dann mit ei­ner ver­ächt­li­chen Mie­ne hin­zu, und ich ließ mich an ih­rem Bett nie­der.
    Ihr glaubt, fing sie dann mit ei­nem wi­der­wär­tig schar­fen To­ne an, ihr wer­det mich jetzt los. O täuscht euch ja nicht, und schmei­chelt euch nicht all­zu­früh. Ster­ben, Le­ben, Nicht­sein, Fort­dau­er. Wel­che un­nüt­zen und nichts­sa­gen­den Wor­te! Ich war fast noch ein Kind, als ich la­chen muß­te, wenn die Men­schen sich so um ih­re Fort­dau­er nach dem To­de ängs­tig­ten. Da schlep­pen sie Be­wei­se auf Be­wei­se zu­sam­men und zim­mern sie turm­hoch hin­auf, Wahr­schein­lich­kei­ten und Wün­sche, Bit­ten und Ge­be­te, des Ewi­gen Barm­her­zig­keit und wie so man­che gu­te lie­be An­la­gen in ih­nen hier dies­seits, wie sie es nen­nen, un­mög­lich aus­ge­bil­det, ge­schwei­ge zur Rei­fe ge­bracht wer­den könn­ten, – und al­le die An­stal­ten nur, um ih­re nie­der­träch­ti­ge Feig­heit, ih­re Furcht vor dem To­de et­was zu be­schwich­ti­gen. Die Arm­se­li­gen! Wenn ich mich samm­le, mir nach al­len Rich­tun­gen hin mei­ner viel­fäl­ti­gen Kräf­te be­wußt wer­de, und der Ewig­keit, dem Schöp­fer und den Mil­lio­nen Geis­tern der Vor­zeit und Zu­kunft ent­ge­gen­ru­fe: Ich will un­s­terb­lich sein! ich will! was braucht’s da wei­ter, und wel­che All­macht kann ein­schrei­ten, um mei­nen ewi­gen all­mäch­ti­gen Wil­len zu ver­nich­ten? Was braucht der Mensch, der ir­gend Be­sin­nung hat, noch für ei­ne an­de­re Ge­währ, daß er un­s­terb­lich und ewig sei? Wie, auf wel­che Art, – das ist ei­ne an­de­re Fra­ge. Welch Pos­sen­spiel und wel­che Frat­ze, wel­cher bun­te Haar­beu­tel, welch höcker­ar­ti­ges La­by­rinth von Ein­ge­wei­den und Lie­bes­or­ga­nen uns wie­der ein­ge­setzt wird, wel­che Eti­ket­te und Hof­sit­te von Häß­lich­keit und Schön­heit ein­ge­führt mag wer­den, das steht da­hin, da, ins Un­end­li­che, Dumm-Wei­se, Ge­re­gel­te, Ab­ge­schmack­te und ewig Tol­le hin­ein wie al­les. – Aber, ihr gu­ten Freun­de, wie mei­ne ei­ge­ne Kraft, oh­ne wei­te­res, mich un­s­terb­lich er­hält, so kann die­sel­be Stär­ke und der­sel­be Wil­len­strotz mich zu euch zu­rück­füh­ren, wann und wie oft ich will. Glaubt es mir nur, ihr Nar­ren, die Ge­spens­ter, wie ihr sie nennt, sind nicht ge­ra­de die schlimms­ten oder schwächs­ten Geis­ter. Man­cher möch­te gern wie­der­kom­men, aber er hat dort eben­so we­nig Cha­rak­ter als hier. Und du Aus­bün­di­ger, Schel­mi­scher, Eit­ler, Lie­bens­wür­di­ger, Ta­len­trei­cher, du Tu­gend­knos­pe, du Schön­heits-Mäk­ler, – daß ich dich so in­nigst, in­nigst ha­be lie­ben müs­sen, müs­sen, trotz dem in­ners­ten Kern mei­ner See­le, der mir sag­te, daß du es nicht ver­dien­test, – dir glat­thäu­ti­gem, ge­ra­de ge­wach­se­nem Men­schen­tier wer­de ich im­mer, das kannst du mir glau­ben, ganz na­he sein. Denn die­se Lie­be, Ei­fer­sucht, die­se Wut nach dir und dei­nem At­men und dei­nem Ge­spräch wird mich nach der Er­de hin­rei­ßen und das wird, wie sich ein From­mer aus­drücken wür­de, mein Fe­ge­feu­er sein. Al­so, oh­ne Ab­schied, auf Wie­der­sehn!
    Sie reich­te mir die kal­te To­ten­hand. Als sie ver­schie­den war, ging ich zu Eli­sa­beth, hü­te­te mich aber wohl, ihr von den tol­len Fan­tasi­en der Ver­stor­be­nen et­was mit­zu­tei­len, da ih­re Ner­ven oh­ne­dies schon auf

Weitere Kostenlose Bücher