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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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ge­dacht, Mu­sik zu trei­ben, jetzt warf sie sich mit Hef­tig­keit auf die­se Kunst. Tag und Nacht üb­te sie, der Leh­rer ge­nüg­te ihr nicht, sie be­nutz­te die An­we­sen­heit ei­nes be­rühm­ten Kom­po­nis­ten und ward sei­ne Schü­le­rin. Ich be­griff die­se geis­ti­ge wie kör­per­li­che Kraft nicht, daß sie Tag und Nacht, fast oh­ne Schlaf und oh­ne et­was zu ge­nie­ßen, im­mer nur mit un­er­müd­li­chem Ei­fer der Übung ih­rer Kunst sich wid­men konn­te. Nun lern­te sie den Satz, und der Meis­ter lob­te und be­wun­der­te sie. Es währ­te nicht lan­ge, so ta­del­te sie den Leh­rer, sie mein­te, sein Vor­trag sei nicht feu­rig, nicht en­thu­sias­tisch, er in Kom­po­si­tio­nen nicht ori­gi­nell und lei­den­schaft­lich ge­nug. Er gab sich ge­fan­gen und ihr recht. Al­le Men­schen, pfleg­te sie wohl zu sa­gen, lie­gen im­mer­dar im hal­b­en Schlaf, sie sind fast im­mer wie be­täubt und bei­nah der Pflan­ze ähn­lich und ver­wandt, die auch wächst, blüht und schön ist, Ge­ruch aus­streut und Kräf­te be­sitzt, oh­ne dar­um zu wis­sen. Was müß­ten die Men­schen ver­mö­gen, wenn sie in ih­rem wa­chen Zu­stan­de wahr­haft wach­ten! – Und so gab sie sich denn auch der Phi­lo­so­phie hin, las me­di­zi­ni­sche, ana­to­mi­sche und an­de­re Bü­cher, die sonst den Frau­en zu ge­lehrt oder wi­der­wär­tig sind. Wir al­le, auch ih­re Be­kann­ten, muß­ten sie an­stau­nen. Und so, lie­ber Franz, wird sie ge­wiß auch in die­ser Lei­den­schaft der Lie­be ra­sen und sich zu­grun­de rich­ten.
    Eli­sa­beth schil­der­te mir nun auch wirk­lich al­le je­ne Aus­schwei­fun­gen, die sie be­gan­gen, als sie von un­se­rer Ver­lo­bung ge­hört hat­te; sie woll­te erst sich und nach­her die Schwes­ter um­brin­gen; dann wie­der hat­te sie ge­sagt, sie wür­de mich zu zwin­gen wis­sen, daß ich sie lie­be und Eli­sa­beth ver­las­se, denn sie sei ver­stän­di­ger und bes­ser als je­ne. –
    Hier, sag­te Blom­berg, mach­te Franz in sei­ner Er­zäh­lung ei­ne Pau­se, um et­was aus­zu­ru­hen, und fuhr dann so fort: – Daß die­se Nach­rich­ten mich be­trüb­ten, ist na­tür­lich, ich fühl­te ja auch, wie un­klug ich ge­han­delt hat­te, mich Er­nes­ti­ne so freund­lich zu nä­hern, daß ich mich be­müht hat­te, sie zu ge­win­nen. Et­was be­ru­higt war ich, als mir Eli­sa­beth nach ei­ni­gen Ta­gen er­zähl­te, wie die Schwes­ter ihr un­ter vie­len Trä­nen al­les ab­ge­be­ten ha­be, was sie im Zorn ge­spro­chen, wie sie sie be­schwo­ren, mir nichts von die­sen Ver­ir­run­gen mit­zu­tei­len, und wie sie nur dar­um fle­hent­lich bit­te, uns nach un­serm künf­ti­gen Wohn­sitz be­glei­ten zu dür­fen, weil sie es nicht fas­se, wie sie oh­ne mei­ne und der Schwes­ter Ge­sell­schaft, oh­ne un­se­re Ge­sprä­che und mu­si­ka­li­schen Übun­gen noch le­ben kön­ne.
    So wur­den denn Plä­ne ge­macht, Ein­rich­tun­gen ge­trof­fen, die Tan­te be­glei­tet uns und wir ka­men auf der Klau­sen­burg an, um hier, von we­ni­gen Ver­trau­ten um­ge­ben, ei­ne klei­ne, stil­le Hoch­zeit zu fei­ern, da Eli­sa­beth von je al­lem Prunk und Ge­räusch bei­nah über­trie­ben ab­hold war. Ich hat­te ei­ni­ge Zim­mer und den Saal in der Klau sen­burg, so gut es sich tun ließ, ein­rich­ten las­sen, denn der größ­te Teil des al­ten Ge­bäu­des war schon Rui­ne. Eli­sa­beth aber hat­te ei­ne poe­ti­sche Vor­lie­be für al­te Schlös­ser, ein­sa­me Ge­birgs­ge­gen­den und die ge­schicht­li­chen oder poe­ti­schen Sa­gen, die sich an die­se knüp­fen. Nach der Hoch­zeit woll­ten wir dann das na­he­ge­le­ge­ne neue Haus am Ei­ben­steig be­ziehn, und nur ge­le­gent­lich uns ta­ge- oder stun­den­lang in der Klau­sen­burg auf­hal­ten.
    Wir kom­men an, das Tor wird uns auf­ge­tan, und das ers­te, was uns im Ho­fe aus den Efeu­ran­ken, die die ho­hen Mau­ern hin­auf­wach­sen, ent­ge­gen­springt, ist je­ne tol­le, al­te Si­byl­le, die du, Freund Blom­berg, vor ei­ni­gen Jah­ren hast ken­nen­ge­lernt. Mei­ne Frau er­schrak und ich schau­der­te. Ge­grüßt! Ge­grüßt! schrie die Al­te, in­dem sie wi­der­wär­tig her­um­hüpf­te, da kommt der Men­schen­wür­ger, der

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