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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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Gra­fen ha­ben. Blöd­sin­nig aber bin ich bis da­to noch nicht, und wenn ich bos­haft bin, so bin ich na­tür­lich nicht so ein­fäl­tig, die Sa­che ein­zu­ge­ste­hen. Oder aber, der zwei­te Fall, ich bin un­schul­dig. Und Herr Schwa­ger, wi­der­spre­chen Sie ja nicht, dann sind Sie der Gim­pel, die­se so ganz un­ge­zie­men­den Fra­gen an mich zu tun.
    Ich konn­te dem ge­spens­ti­schen We­sen nichts ant­wor­ten. Als ich in uns­rer Ein­sam­keit jetzt gar nicht mehr mei­ne Eli­sa­beth beim For­te­pia­no be­schäf­tigt sah, das ich ei­gens für sie vom Aus­lan­de hat­te kom­men las­sen, und ich sie dar­über zur Re­de stell­te, sag­te sie kla­gend: Lie­ber, wenn ich nicht töd­li­chen Ver­druß ha­ben will, darf ich nicht mehr spie­len. – Wie­so? – Weil mir es Er­nes­ti­ne ver­bo­ten hat. Sie sagt, in ei­nem Hau­se, wo ei­ne sol­che große Vir­tuo­sin wie sie sel­ber le­be, kön­ne sie nicht zu­ge­ben, daß ir­gend je­mand an­ders auch nur einen Ton an­zu­schla­gen wa­ge. – Die­se An­ma­ßung ging über al­le Ge­duld hin­aus. – Ich lief nach ih­rem Zim­mer hin­über und for­der­te sie im iro­ni­schen To­ne auf, mir et­was vor­zu­spie­len, da sie es an­dern schwa­chen Sterb­li­chen nicht er­lau­ben wol­le, das In­stru­ment an­zu­rüh­ren. Sie folg­te mir laut la­chend. Und es ist wahr, sie spiel­te mit sol­cher Meis­ter­schaft, daß mein Zorn sich in Be­wun­de­rung und Ent­zücken ver­wan­deln muß­te. – Nun? sag­te sie ganz ernst haft, als sie ge­en­digt hat­te; das kann man in sei­nem Hau se ha­ben, den Ge­nuß, nach wel­chem Ken­ner fünf­zig Mei­len her­rei­sen wür­den; – und doch kann man sich auch mit je­ner Stüm­pe­rei, die­sem Hin- und Her­klap­pen und Tap­sen un­fä­hi­ger Fin­ger zu­frie­den­stel­len? O ihr Tö­rich­ten und Aber­wit­zi­gen! Da schwat­zen sie von Kunst, die Schä­ker, und mei­nen den Dunst, nur nip­pen kön­nen sie vom Him­mel­strank, und das Wun­der wird in ih­ren gro­ben Hän­den zum Plun­der und Zun­der. Wenn mich nicht das Le­ben im­mer­dar an­ekel­te, wenn die Men­schen mir nicht wi­der­wär­tig wä­ren, wür­de ich gar nicht mehr zu la­chen auf­hö­ren.
    Seit­dem spiel­te sie oft mit uns und er­laub­te höchs­tens Eli­sa­beth und mir, zu sin­gen, ob­gleich sie be­haup­te­te, daß wir we­der Schu­le noch Me­tho­de be­sä­ßen. So ging der Win­ter hin. Ich war schon arm und hat­te die Aus­sicht vor mir, ganz zum Bett­ler zu wer­den, Eli­sa­beth krän­kel te, und mir war die Hei­ter­keit des Le­bens ver­schwun­den.
    Es war fast ei­ne Er­leich­te­rung un­se­res Da­seins zu nen­nen, als mit dem na­hen­den Früh­ling Er­nes­ti­ne krank und krän­ker und end­lich gar bett­lä­ge­rig wur­de. Sie ward, so wie ih­re Krank­heit zu­nahm, im­mer un­leid­li­cher. Am meis­ten zürn­te sie dar­über, daß sie nicht nach der Klau­sen­burg konn­te, wel­che sie sehr lieb ge­won­nen. An ei­nem war­men Ta­ge ließ ich sie hin­fah­ren, und sie kram­te lan­ge in den Ge­mä­chern, trieb sich lan­ge zwi­schen den Rui­nen und den Ge­sträu­chen um­her und kam uns dann viel krän­ker zu­rück, als sie uns ver­las­sen hat­te. –
    Franz ruh­te wie­der ei­ne ge­rau­me Zeit und fuhr dann so fort: Jetzt sah man wohl, daß die Ar­me nicht wie­der auf­kom­men wür­de. Der Dok­tor mein­te, er be­grif­fe die Krank­heit und den Zu­stand der Lei­den­den nicht, denn die Le­bens­kraft sei bei ihr so stark, daß al­le je­ne Sym­pto­me, die sonst einen na­hen Tod ver­kün­dig­ten, bei ihr sich nicht zeig­ten, und sie wahr­schein­lich bald ge­ne­sen wür­de. Aber nach ei­ni­gen Ta­gen ließ er al­le Hoff­nung fah­ren.
    Wir sa­hen ei­gent­lich ei­ner ru­hi­ge­ren Zu­kunft ent­ge­gen. Wenn uns die Un­glück­li­che auch dau­er­te, so konn­ten wir es uns doch nicht ab­leug­nen, daß sie stö­rend in un­ser Le­ben und das Glück uns­rer Lie­be hin­ein­ge­bro­chen war. Wir hör­ten, sie lie­ge im Ster­ben, und da sie beim Arzt und ih­ren Pfle­gern es sich ei­gens be­dun­gen hat­te, daß wir sie nicht be­läs­ti­gen soll­ten, so hat­ten wir uns fern­ge­hal­ten. Jetzt ver­lang­te sie plötz­lich drin­gend, mich zu se­hen, be­dang sich aber da­bei aus, daß die

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