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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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ängs­ti­gen­de Wei­se auf­ge­regt wa­ren und sie oft an Krämp­fen litt.
    Ich leb­te jetzt mit mei­ner Gat­tin in stil­ler Ru­he und in ei­ner länd­li­chen Ein­sam­keit, die wohl schön wer­den konn­te, trotz un­se­rer Ver­ar­mung, wenn ich nicht hät­te be­mer­ken müs­sen, daß die krän­keln­de me­lan­cho­li­sche Stim­mung Eli­sa­beths im Zu­neh­men sei. Sie ward blaß und ma­ger, wenn ich in ihr Zim­mer trat, fand ich sie oft in Trä­nen. Sie sag­te, sie wis­se selbst nicht, was ihr feh­le, sie sei im­mer­dar ge­rührt, oh­ne sa­gen zu kön­nen wes­halb, wenn sie al­lein sei, füh­le sie sich so un­heim­lich, es sei ihr schreck­lich, daß die Schwes­ter in die­ser wahn­sin­ni­gen Lei­den­schaft ha­be ster­ben müs­sen, und oft, wenn sie im Zim­mer al­lein sit­ze, in die Kam­mer tre­te, sei es, als wenn Er­nes­ti­ne na­he ste­he, ihr dün­ke, sie hö­re den Gang, sie spü­re den Atem we­hen, als woll­ten Bli­cke aus der lee­ren Luft drin­gen.
    Ich be­ru­hig­te sie, ich war viel mit ihr, um sie nicht al­lein zu las­sen, ich las ihr vor, wir gin­gen aus und be­such­ten zu­wei­len die Be­kann­ten in der Nach­bar­schaft. Sie ward ru­hi­ger, er­hol­te sich, und ih­re schö­ne Far­be be­gann all­ge­mach wie­der­zu­keh­ren. Als ich ein­mal mich un­wohl fühl­te, und sie mir ei­ne in­ter­essan­te Ge­schich­te vor­las, in­dem ich be­hag­lich auf dem So­fa aus­ge­streckt ruh­te, sag­te ich: Wie schön und wohl­klin­gend ist dei­ne Stim­me, willst du denn nicht ein­mal wie­der sin­gen? Du hast seit lan­gem al­le dei­ne Mu­sik­bü­cher nicht auf­ge­schla­gen, dein Kla­vier bleibt auch ver­schlos­sen, und die schö­nen Fin­ger­chen wer­den am En­de ganz un­ge­lenk wer­den. –
    Du weißt, ant­wor­te­te sie mir, wie mir in den letz­ten Mo­na­ten die Schwes­ter es ge­ra­de­zu ver­bot, Mu­sik zu trei­ben, wir muß­ten ih­rer Krank­heit nach­ge­ben und so ha­be ich mich wirk­lich ent­wöhnt. – Sin­ge jetzt, rief ich, durch die Neu­heit des Ge­nus­ses wird er mir um so grö­ßer sein. – Wir such­ten ein heitres, wohl­ge­fäl­li­ges Mu­sik­stück aus, um dem Trüb­sinn ganz aus dem We­ge zu gehn, und mit wahr­haft himm­li­scher Stim­me er­goß Eli­sa­beth die kla­ren lich­ten Tö­ne, die be­see­li­gend durch mein Herz gin­gen. Auf ein­mal stock­te sie und fiel wie­der in je­nes hef­ti­ge, krampf­haf­te Wei­nen, das mich schon so oft er­schreckt hat­te. Ich kann nicht, rief sie tief be­wegt, al­le die­se Tö­ne stehn wie feind­se­lig ge­gen mich auf: im­mer füh­le ich die Schwes­ter ganz in mei­ner Nä­he, ihr Ge­wand rauscht an dem mei­ni­gen, ihr Zür­nen ent­setzt mich. – Ich fühl­te es deut­lich, mein und ihr Le­ben sei ge­bro­chen.
    Un­ser Dok­tor, ein ver­stän­di­ger Mann, war zu­gleich un­ser Freund. Als sie ihm al­le die­se Ge­füh­le, ihr Zit­tern und die Angst be­kann­te, die in ih­rem In­nern fast im­mer­dar ar­bei­te­ten und ih­re Ge­sund­heit aus­höhlten, wand­te er al­le Mit­tel an, um sie kör­per­lich und geis­tig zu be­ru­hi­gen. Sein red­li­cher und ver­nünf­ti­ger Zu­spruch tat gu­te Wir­kung, auch sei­ne Me­di­ka­men­te schie­nen heil­sam. So wa­ren wir denn, als es Som­mer war, viel im Frei­en. Wir wa­ren zu ei­nem Be­kann­ten auf des­sen Gut ge­fah­ren, und er hat­te die Ab­sicht, auf sei­nem Schlos­se von Freun­den und ein­zel­nen Vir­tuo­sen ein mu­si­ka­li­sches Fest zu ge­ben. Mei­ne Frau, de­ren großes Ta­lent be­kannt war, hat­te sich an­hei­schig ge­macht, auch zu spie­len und zu sin­gen, denn sie war in der frem­den Um­ge­bung, ge­schmei­chelt von vie­len Män­nern und Frau­en, ein­mal wie­der in ei­ner fröh­li­chen Stim­mung. Mir war es um so lie­ber, da un­ser Arzt es mit zu den Vor­schrif­ten sei­ner Di­ät rech­ne­te, daß sie al­len die­sen dunklen Ge­füh­len und die­ser hy­po­chond­ren Ängst­lich­keit mit Ge­walt wi­der­strei­ten müs­se. Sie hat­te sich vor­ge­nom­men, ihm Fol­ge zu leis­ten. Recht hei­ter und ver­gnügt kehr­ten wir in un­ser Häus­chen zu­rück. Eli­sa­beth ging mit Ei­fer die schwe­ren Mu­sik­stücke durch, und ich freu­te mich, daß sie auf die­sem We­ge ih­re fri­sche Ju­gend

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