18 Geisterstories
ängstigende Weise aufgeregt waren und sie oft an Krämpfen litt.
Ich lebte jetzt mit meiner Gattin in stiller Ruhe und in einer ländlichen Einsamkeit, die wohl schön werden konnte, trotz unserer Verarmung, wenn ich nicht hätte bemerken müssen, daß die kränkelnde melancholische Stimmung Elisabeths im Zunehmen sei. Sie ward blaß und mager, wenn ich in ihr Zimmer trat, fand ich sie oft in Tränen. Sie sagte, sie wisse selbst nicht, was ihr fehle, sie sei immerdar gerührt, ohne sagen zu können weshalb, wenn sie allein sei, fühle sie sich so unheimlich, es sei ihr schrecklich, daß die Schwester in dieser wahnsinnigen Leidenschaft habe sterben müssen, und oft, wenn sie im Zimmer allein sitze, in die Kammer trete, sei es, als wenn Ernestine nahe stehe, ihr dünke, sie höre den Gang, sie spüre den Atem wehen, als wollten Blicke aus der leeren Luft dringen.
Ich beruhigte sie, ich war viel mit ihr, um sie nicht allein zu lassen, ich las ihr vor, wir gingen aus und besuchten zuweilen die Bekannten in der Nachbarschaft. Sie ward ruhiger, erholte sich, und ihre schöne Farbe begann allgemach wiederzukehren. Als ich einmal mich unwohl fühlte, und sie mir eine interessante Geschichte vorlas, indem ich behaglich auf dem Sofa ausgestreckt ruhte, sagte ich: Wie schön und wohlklingend ist deine Stimme, willst du denn nicht einmal wieder singen? Du hast seit langem alle deine Musikbücher nicht aufgeschlagen, dein Klavier bleibt auch verschlossen, und die schönen Fingerchen werden am Ende ganz ungelenk werden. –
Du weißt, antwortete sie mir, wie mir in den letzten Monaten die Schwester es geradezu verbot, Musik zu treiben, wir mußten ihrer Krankheit nachgeben und so habe ich mich wirklich entwöhnt. – Singe jetzt, rief ich, durch die Neuheit des Genusses wird er mir um so größer sein. – Wir suchten ein heitres, wohlgefälliges Musikstück aus, um dem Trübsinn ganz aus dem Wege zu gehn, und mit wahrhaft himmlischer Stimme ergoß Elisabeth die klaren lichten Töne, die beseeligend durch mein Herz gingen. Auf einmal stockte sie und fiel wieder in jenes heftige, krampfhafte Weinen, das mich schon so oft erschreckt hatte. Ich kann nicht, rief sie tief bewegt, alle diese Töne stehn wie feindselig gegen mich auf: immer fühle ich die Schwester ganz in meiner Nähe, ihr Gewand rauscht an dem meinigen, ihr Zürnen entsetzt mich. – Ich fühlte es deutlich, mein und ihr Leben sei gebrochen.
Unser Doktor, ein verständiger Mann, war zugleich unser Freund. Als sie ihm alle diese Gefühle, ihr Zittern und die Angst bekannte, die in ihrem Innern fast immerdar arbeiteten und ihre Gesundheit aushöhlten, wandte er alle Mittel an, um sie körperlich und geistig zu beruhigen. Sein redlicher und vernünftiger Zuspruch tat gute Wirkung, auch seine Medikamente schienen heilsam. So waren wir denn, als es Sommer war, viel im Freien. Wir waren zu einem Bekannten auf dessen Gut gefahren, und er hatte die Absicht, auf seinem Schlosse von Freunden und einzelnen Virtuosen ein musikalisches Fest zu geben. Meine Frau, deren großes Talent bekannt war, hatte sich anheischig gemacht, auch zu spielen und zu singen, denn sie war in der fremden Umgebung, geschmeichelt von vielen Männern und Frauen, einmal wieder in einer fröhlichen Stimmung. Mir war es um so lieber, da unser Arzt es mit zu den Vorschriften seiner Diät rechnete, daß sie allen diesen dunklen Gefühlen und dieser hypochondren Ängstlichkeit mit Gewalt widerstreiten müsse. Sie hatte sich vorgenommen, ihm Folge zu leisten. Recht heiter und vergnügt kehrten wir in unser Häuschen zurück. Elisabeth ging mit Eifer die schweren Musikstücke durch, und ich freute mich, daß sie auf diesem Wege ihre frische Jugend
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