18 Geisterstories
Mädchenmörder, und bringt seine beiden Bräute mit, die er umbringen wird. – Wie kommst du hierher? schrie ich auf. – Sie muß, sagte der Türhüter, von jenseits die Klippen hinuntergeklettert sein, die die letzte Mauer des kleinen Gartens dahinten formieren, und sich nachher in den Gesträuchen und Ruinen versteckt haben. – Jawohl! Jawohl, kreischte die widerwärtige Alte, da wohnt sich’s gut. – So sehr wir erschrocken waren, so lustig schien Ernestine, denn sie hörte nicht auf zu lachen.
Während der Tage, in welchen wir das Fest begingen, zeigte sich Ernestine nicht, sie war verschwunden, und wir waren sehr um sie besorgt, sendeten Leute aus, sie zu suchen, als sie am dritten Tage zu Fuß heiter und fröhlich zurückkam. Sie erzählte, daß sie dem Hange im Gebirge umherzustreifen, nicht habe widerstehen können, da sie von Jugend auf dergleichen gewünscht. – Aber so allein, ohne es uns zu sagen? sprach Elisabeth. – Allein? antwortete sie, nein, ich bin immer in Gesellschaft gewesen, mit jener alten Prophetin, die ihr so unfreundlich weggeschickt habt. Da habe ich auch ganz neue Sachen gelernt, die ich noch in keinem Buche fand; wir sind recht gute Freunde gewor den.
Elisabeth und ich sahen uns mit großen Augen an. Ich faßte den Glauben, ohne ihn auszusprechen, Ernestine sei wahnsinnig geworden. – So unheimlich, grauenhaft war der Eintritt in unsre Wohnung, so traurige Vorbedeutungen kamen uns entgegen, daß ich, trotz meines Glückes, kein Vertrauen zum Leben, und Elisabeth keine sichere Heiterkeit gewinnen konnte.
Sonst fügten wir uns und genossen die Gegenwart und die Schönheit der Wälder und Berge. Mit den wenigen Gästen hatte uns auch die Tante verlassen, und wir konnten in froher Einigkeit uns in der schönen Einsamkeit genügen, wenn ich nicht bemerkt hätte, daß Elisabeth sich von ihrer Schwester zurückzog, so sehr es die Umstände nur erlaubten. Als ich sie darüber zur Rede stellte, sagte sie nach einigem Zögern: Liebster, ich fürchte mich vor ihr, die Ernestine ist boshaft geworden, wozu sie ehemals gar keine Anlage hatte. Wo sie mich ärgern, wo sie etwas verderben, ja selbst was Gefährliches herbei führen kann, so daß ich erschrecke, stolpere oder wohl falle, wenn von oben Steine niederstürzen, wie neulich die Gardine meines Bettes brannte, dem sie mit dem Licht zu nahe gekommen war, zeigt sie immer die größte Schadenfreude. Sie selbst hat es mir mit Lachen erzählt, daß man in der Provinz davon spreche, wie Reisende und Förster an einsamen Stellen, bei Mondschein und Morgendämmerung zwei Gespenster wollten wahrgenommen haben, die sie auch als schreckliche fratzenhafte Wesen beschrieben. Sie sei es nebst jener Prophetin gewesen, und sie wünsche nur, daß in einem Blatte der Vorfall erzählt würde, damit sie im Druck, mit ihres Namens Unterschrift, als Ernestine, Fräulein von Jertz, die Lüge von den Gespenstern widerlegen und aussagen könne, daß sie die eine Spaziergängerin war. Ist das alles nicht fürchter lich?
Liebes Kind, sagte ich jetzt, ich will dir vertrauen, wie ich glauben muß, sie sei wahnsinnig geworden. – Ist jede leidenschaftliche Bosheit etwas andres als Wahnsinn? bemerkte hierauf Elisabeth ganz richtig.
Wir verließen mit dem Herbst die Klausenburg, um das neue bequeme Haus zu beziehen. Denn zu meinem Erschrecken entdeckte ich eine Anlage zur Melancholie an meiner Gattin, für welche die Einsamkeit dort nicht heilsam war. Wir gingen einst durch die alten Zimmer, durch den ziemlich erhaltnen gotischen Saal, und indem unsre Tritte im einsamen Gemach widerhallten, zuckte meine Gattin plötzlich zusammen und schauderte. Ich fragte. O es ist grausig hier,
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