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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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viel­leicht wie­der­fin­den möch­te.
    Nach ei­ni­gen Ta­gen las ich einen an­ge­kom­me­nen Brief, als plötz­lich die Tür auf­ge­ris­sen wird und mir Eli­sa­beth to­ten­bleich und wie ster­bend in die Ar­me stürzt. Was ist dir? ru­fe ich, vom tiefs­ten Ent­set­zen er­grif­fen. Ihr Au­ge irr­te wild um­her, ihr Herz klopf­te, als wenn es die Brust zer­spren­gen woll­te, sie konn­te lan­ge Atem und Stim­me nicht wie­der­fin­den. O Him­mel! rief sie end­lich, und je­des Wort war vom Aus­druck des Grau­sens be­glei­tet, – drin­nen, als ich mich übe, – ganz hei­ter ge­stimmt bin – zu­fäl­lig wer­fe ich den Blick in den Spie­gel – und ich se­he hin­ter mir Er­nes­ti­ne, – die mich mit je­nem Lä­cheln, dem selt­sa­men, an­schaut, die lan­gen dür­ren Ar­me über der Brust ge­fal­tet. Ich weiß nicht, ob sie noch dort ist, ich be­grei­fe nicht, wie ich hier­her ge­kom­men bin. –
    Ich übergab sie ih­rer Kam­mer­frau, sie leg­te sich zu Bett, nach dem Dok­tor ward ei­lig ge­sen­det. Ich ging in das an­de­re Zim­mer hin­über. Die No­ten­bü­cher la­gen un­ter dem Kla­vier ver­streut, Eli­sa­beth muß­te sie im Schre­cken her­un­ter­ge­ris­sen ha­ben.
    Was hal­fen Ver­nunft, Scherz und Trost, Di­ät und Me­di­ka­men­te ge­gen den vollen­de­ten Wahn­sinn? So sag­te ich zu mir sel­ber, und doch muß­te ich je­ner Wor­te der Ster­ben­den ge­den­ken, mit de­nen sie uns ge­droht hat­te.
    Man hör­te auf dem Schlos­se, daß mei­ne Frau krank ge­wor­den sei. Dies droh­te das Mu­sik­fest zu stö­ren. Die Frau des Hau­ses kam al­so mit ei­ner Sän­ge­rin nach ei­ni­gen Ta­gen sel­ber zu uns, um sich nach dem Be­fin­den Eli­sa­beths zu er­kun­di­gen. Da wir nicht ein­mal dem Dok­tor von je­ner Er­schei­nung et­was ge­sagt hat­ten, die Eli­sa­beth woll­te ge­sehn ha­ben, so spra­chen wir noch we­ni­ger zu Frem­den von die­ser selt­sa­men Be­ge­ben­heit. Mei­ne Frau war wie­der auf und hat­te sich, dem An­schein nach, völ­lig von ih­rem Schre­cken er­holt. Man er­ging sich al­so mit den Be­su­chen­den in un­serm klei­nen Gar­ten, sprach vom Fest, und end­lich woll­ten sich die Ba­ro­nin und je­ne Sän­ge­rin ein Ge­sang­stück ein­üben, in Ge­gen­wart mei­ner Frau, um ih­ren Rat an­zu­hö­ren, wenn sie auch viel­leicht nicht sel­ber mit­sin­gen kön­ne. Wir kehr­ten al­so in das Zim­mer zu­rück und da es schon spät ge­wor­den, wur­den die Ker­zen an­ge­zün­det. Die Sän­ge­rin saß vor dem Kla­vier, um den Ge­sang zu be­glei­ten; ne­ben die­ser rechts die Ba­ro­nin vor dem No­ten­bu­che; ne­ben die­ser, et­was rück­wärts, hat­te ich mich ge­setzt, und mei­ne Frau saß links, na­he an der Sän­ge­rin. Wir muß­ten im Du­ett die Stim­me die­ser so­wie den Ge­sang der Ba­ro­nes­se be­wun­dern. Die Mu­sik ward im­mer leb­haf­ter und lei­den­schaft­li­cher, und ich hat­te es schon ein­mal ver­fehlt, das Blatt der Da­me zur rech­ten Zeit um­zu­schla­gen. In­dem die Sei­te wie­der zu En­de geht, legt sich ein lan­ger, knö­cher­ner Fin­ger auf das Mu­sik­buch, die Me­lo­die be­wegt sich fort, und das Blatt wird schnell und a tem­po um­ge­schla­gen. Ich se­he zu­rück, und die schreck­li­che Er­nes­ti­ne steht dicht an mir, hin­ter der Ba­ro­nin. Ich weiß nicht, wie ich die Fas­sung be­hal­te, prü­fend, bei­nah kalt das ent­setz­li­che Ge­spenst zu be­trach­ten. Sie lä­chel­te mich an, mit je­ner bos­haf­ten Mie­ne, die auch im Le­ben ihr Ge­sicht so wi­der­wär­tig ent­stel­len konn­te. Sie war in ih­rem ge­wöhn­li­chen Haus­klei­de, die Au­gen feu­rig, das Ge­sicht krei­de­weiß. Ich ver­senk­te mich fast mit Ge­nuß in ein dunkles Grau­en, blieb stumm und war nur froh, daß Eli­sa­beth die Er­schei­nung nicht be­merk­te. Plötz­lich ein Angst­schrei, und mei­ne Frau stürzt ohn­mäch­tig nie­der, in­dem der dür­re Fin­ger eben wie­der das No­ten­blatt um­schla­gen will. Die Mu­sik war na­tür­lich zu En­de, mei­ne Frau fie­ber­krank, und die Frem­den fuh­ren nach dem Schlos­se zu­rück. Sie hät­ten nichts Un­heim­li­ches ge­sehn und be­merkt. –
    – Hier mach­te der Kran­ke wie­der ei­ne Pau­se. Der Ba­de­arzt sah mich be­deut­sam

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