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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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die­sem oder je­nem et­was sicht­bar wird, was sich al­len üb­ri­gen ver­hüllt. Was ist Geist? Was sol­len wir uns bei dem Wort vor­stel­len? Ist uns die Ei­gen­schaft, das Ta­lent oder die Kraft be­kannt, wel­che die­se Mil­lio­nen ver­schie­den­ar­ti­ger See­len nach Ab­strei­fung der ir­di­schen Hül­le be­sit­zen? Was die­ser und je­ner star­ke Geist durch Macht sei­nes Wil­lens, oder äns­ti­gen­de Reue, oder süß mar­tern­des Heim­weh für Mög­lich­keit fin­det, aus Ima­gi­na­ti­on wie­der ei­ne schein­ba­re Hül­le zu bil­den, wie er sie vor­mals trug?
    Und wenn Sie ganz recht hät­ten, was wä­re da­mit für Sie ge­won­nen? rief der eif­ri­ge Dok­tor. Wenn ein Ver­stimm­ter, Auf­ge­reg­ter et­was sieht, so sieht er ja doch nur im­mer sei­ne ei­ge­ne Fan­ta­sie, sei­ne ei­ge­nen in­ne­ren Ge­stal­ten, die sich nun sicht­bar vor sein kör­per­li­ches Au­ge hin­stel­len. Das be­geg­net je­dem zu­wei­len. Man hat am Mor­gen einen leb­haf­ten Traum. Man er­wacht plötz­lich und sieht noch einen Au­gen­blick das Kind, nach dem man sich sehn­te, die Li­lie oder Ro­se, an der man sich er­freu­te, den al­ten Freund, der hun­dert Mei­len ent­fernt ist, vor sich. Es ist wohl noch nie vor­ge­kom­men, daß ei nem der vie­len Geis­ter­se­her sein grei­ser Va­ter oder Groß­va­ter als Jüng­ling oder Bräu­ti­gam, der Mör­der als Kna­be in Un­schuld, das wil­de Ge­spenst ei­ner al­ten Gift­mi­sche­rin als blü­hen­de Jung­frau er­schie­nen ist. Warum wech­seln denn die­se Ge­spens­ter nicht ein­mal ih­re Ge­stal­ten?
    Weil sie viel­leicht, warf ich ein, ih­re Ima­gi­na­ti­on nur in ih­rem letz­ten Zu­stan­de, der ih­nen noch am nächs­ten liegt, aus­prä­gen kön­nen.
    Ah was! rief der un­ge­dul­di­ge Mann, ge­ben Sie sich lie­ber ru­hig ge­fan­gen, als daß Sie so un­be­hag­lich im Net­ze zap­peln. Hel­fen Sie mir lie­ber bei der Hei­lung Ih­res Freun­des.
    Und die Art und Wei­se?
    Nur durch et­was Ge­walt­sa­mes kann ein glück­li­cher An­fang ge­macht wer­den. Glau­ben Sie mir, in den in­ners­ten Tie­fen un­sers Ge­mü­tes wächst noch im­mer et­was von je­nem Un­kraut der Ei­tel­keit, von dem wir uns ger­ne weis­ma­chen, daß es nur in der äu­ßers­ten Ober­flä­che, um zu wu­chern, sei­nen Bo­den an­trä­fe. Auch im Schreck, im To­des­ent­set­zen, in mar­tern­der Krank­heit kit­zelt uns das Be­wußt­sein: du er­lebst doch bei al­le dem was Apar­tes, du siehst Er­schei­nun­gen, die dich ängs­ti­gen. Man geht wei­ter: man wünscht sie wie­der zu sehn und lockt sie gleich­sam her­vor. Das schmieg­sa­me, füg­sa­me in­ne­re We­sen, die fast un­be­greif­li­che Fan­ta­sie ge­horcht, und wie­der steht ein sol­cher Po­panz vor uns. – Stehn Sie mir al­so dar­in bei, die Kran­ken zu über­re­den und zu stim­men, daß ent­we­der im Zim­mer des Gra­fen oder bei Ih­nen Mu­sik ge­macht wer­de, schaf­fen wir ein For­te­pia­no an, und da die kran­ke Eli­sa­beth nicht sin­gen kann, so wird sie uns we­nigs­tens ei­ne So­na­te spie­len. Da­mit die bei­den Wahn­sin­ni­gen kei­nen Skan­dal er­re­gen, wenn sie viel­leicht doch von ih­rem Wirr­sal be­fan­gen wer­den, so muß nie­mand Frem­des zu­ge­gen sein, nur Sie und ich und höchs­tens die Kam­mer­frau, falls die Grä­fin sich doch wie­der ver­ges­sen soll­te. Es wird aber in mei­ner Ge­gen­wart, da ich mein ge­sun­des Au­ge al­lent­hal­ben wer­de her­um­schwei­fen las­sen, nicht ge­schehn. Da­durch wer­den die Kran­ken Si­cher­heit und Be­ru­hi­gung ge­win­nen, und wir fah­ren dann je­den Tag fort und brau­chen im­mer stär­ke­re Mit­tel, um die ir­re Fan­ta­sie zu ku­rie­ren.
    Und, wenn nicht, – sag­te ich, mit fast furcht­sa­mem Aus­druck.
    Nun, beim Him­mel, rief der un­ter­setz­te Mann mit lau­tem La­chen, wenn ich, oh­ne vor­her et­was viel ge­trun­ken zu ha­ben, et­was se­he, – nun so –
    So?
    So will ich ein Narr sein und blei­ben, Ba­ron, wie wir es denn, beim Licht be­se­hen, al­le von Hau­se aus schon sind.
    So ver­lie­ßen wir uns, und es kos­te­te viel Über­re­dung, mei­nen angst­vol­len Freund da­hin zu brin­gen, daß er zu die­sem be­vor­ste­hen­den Ex­pe­ri­ment sei­ne

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