18 Geisterstories
Einwilligung gab. Die Frau war, zu meinem Erstaunen, viel leichter gewonnen. Sie sagte nicht unvernünftig: Ich fühle es, mein Leben ist beschlossen, alle Hilfe ist vergeblich, je näher der Tod, mir um so lieber. Kann ein neuer Schreck mich wie ein Blitz niederschmettern, um so erwünschter. Und tritt das Ereignis, das ich für möglich halte, gar nicht ein, nun so sind meine letzten Tage wenigstens von dieser Furcht und dem angstvollen Grauen befreit, ich kann mich unterhalten und zerstreuen, und in der Hand der Allmacht liegt es dann, ob ich und mein Gatte noch wieder Hoffnung auf Genesung fassen sollen.
Man setzte den dritten Tag für die Musik fest, und zwar die spätere Abendstunde, weil Elisabeth, wie so manche Fieberkranke, sich um diese Zeit am stärksten fühlte, sich auch dadurch die Nacht abkürzte, indem sie erst in der Regel gegen Morgen ihren Schlaf fand. Ein Fortepiano war also auf das Zimmer geschafft worden, mehr Kerzen als nötig waren brannten, auch die Schlafkammer, die unmittelbar an das Wohnzimmer stieß, war hell erleuchtet worden, damit kein rätselhafter Schatten sich irgendwo im Dunkel erzeugen könne. Im Wohnzimmer stand außer Sessel und Sofa noch ein eigentliches Ruhebett, auf welchem die Kranke sich oft bei Tage ausstreckte. Das Fortepiano war an eine Wand zwischen zwei Fenster gestellt, die die Aussicht auf Gärten und nicht gar ferne Weinhügel hatten. Nach dem Tee hatte man die Tür des Eingangs verschlossen und die Aufwärter und Diener für diesen Abend verabschiedet. Die junge starke Kammerfrau war zugegen, und wir alle ersuchten sie, sich ja recht munter zu erhalten.
Elisabeth saß am Flügel. Der Doktor stand seitwärts neben ihr, um sie und Zimmer und Schlafstube zugleich beobachten zu können, ich saß und stand abwechselnd auf der andern Seite der Kranken; Franz ging im Schlafrock und weichen Pantoffeln leise hinter der Spielenden hin und her, und die rüstige Kammerfrau lehnte an der offnen Tür des Schlafzimmers.
Elisabeth spielte erst matt, ungewiß und ängstlich. Bald aber riß sie die Schönheit der Komposition und das Bewußtsein ihres Talents hin, und sie trug mit Präzision und Feuer das humoristische, melodienreiche Werk vor.
Ihr Auge glänzte, ihre Wange rötete sich beim Spiel, und ein seelenvolles Lächeln schwebte auf dem vormals schönen Munde. Der Arzt warf mir triumphierende Blicke zu, und da die Räume so hell und heller wie am Tage waren, so konnte man Miene und Gesichtszug eines jeden deutlich erkennen. Alle lobten die Spielerin, und der Arzt, der sich vorbereitet hatte, gab ihr etwas zur Stärkung. Sie selbst war wie neugeboren und gestand, daß sie sich seit einem Jahr nicht so wohl gefühlt habe. Der leidende Franz war entzückt, und seine feuchten Blicke sprachen Hoffnung aus.
So ward denn, mit derselben Anordnung, zum zweiten Musikstück geschritten. Elisabeth spielte noch sicherer und leichter. Bravo und Applaus begleiteten sie, – da plötzlich – ließ sich ein entsetzlicher Aufschrei hören – wie soll ich ihn beschreiben? – nie war mein Ohr von solchem gräßlichen Ton zerrissen worden – erst nachher ward ich inne, daß Franz ihn ausgestoßen hatte – und – die Lichter brannten blau, aber doch blieb es hell genug – welch Schauspiel! Franz mit schäumendem Munde und weit hervorgetriebenen Augen hielt sich mit einem entsetzlichen Gespenst umfaßt. Er rang mit der dürren scheußlichen Gestalt. Du oder ich! schrie er jetzt, und sie umklammerte ihn mit den dürren Armen so fest, drückte den krummen verwachsenen Körper so fest an den seinigen, preßte ihr bleiches Antlitz so fest auf seine Brust, daß wir alle es hörten, wie in diesem Ringen seine Gebeine erkrachten. Die Kammerfrau war zu
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