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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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Schwei­gen, dem sie sich über­las­sen hat­ten, »bald wer­den wir uns tren­nen – viel­leicht auf im­mer! Daß Ka­sti­li­ens öde Step­pen und die ein­fa­chen pa­tri­ar­cha­li­schen Sit­ten hier­zu­lan­de dir nicht zu­sa­gen, weiß ich ja, Auch hab’ ich schon oft dich seuf­zen hö­ren – viel­leicht nach ir­gend­ei­nem hüb­schen Jun­ker aus dei­ner fer­nen Hei­mat …«
    Bea­trix ant­wor­te­te mit ei­ner Ge­bär­de kal­ter Gleich­gül­tig­keit, und in die­sem ver­ächt­li­chen Zu­sam­men­zie­hen ih­rer schma­len Lip­pen ent­hüll­te sich der gan­ze Cha­rak­ter des Fräu­leins.
    »Viel­leicht sehnst du dich auch nach dem Prunk des fran­zö­si­schen Ho­fes – du hast ja all die Zeit über dort ge­lebt«, be­eil­te sich der Jun­ker hin­zu­zu­fü­gen. »Je­den­falls, wie es auch sei – ich ah­ne, daß ich dich bald ver­lie­ren wer­de … Ich möch­te dir gern ein An­den­ken von mir mit­ge­ben … Er­in­nerst du dich noch – als wir zur Kir­che gin­gen, um Gott für dei­ne Ge­ne­sung zu dan­ken, de­rent­we­gen du ja hier­her­ge­kom­men? Da­mals zog die­se Span­ge hier, mit der die Fe­der an mei­nem Ba­rett be­fes­tigt war, dei­ne Auf­merk­sam­keit auf sich … Wie schön wä­re es, wenn sie da­zu diente, einen Schlei­er auf dei­nem schwar­zen Haar fest­zu­hal­ten! Sie hat schon ein­mal einen Braut­schlei­er ge­tra­gen: mein Va­ter schenk­te sie der Frau, der ich mein Le­ben ver­dan­ke, und sie trug sie, als sie zum Al­tar ging … Magst du sie ha­ben?«
    »Ich weiß nicht, wie ihr hier­zu­lan­de dar­über denkt«, ent­geg­ne­te die Schö­ne. »Aber in mei­ner Hei­mat ver­pflich­tet ein Ge­schenk, das man an­nimmt. Höchs­tens an ge­wis­sen Fei­er­ta­gen darf man sich von ei­nem Ver­wand­ten et­was schen­ken las­sen … und selbst dann könn­te es die­sem ein­fal­len, nach Rom zu ge­hen und nicht mit lee­ren Hän­den zu­rück­zu­kom­men!«
    Der ei­si­ge Ton, mit dem Bea­trix dies sag­te, setz­te den Jun­ker einen Au­gen­blick in Ver­wir­rung. Als er sich wie­der ge­faßt hat­te, sag­te er be­trübt:
    »Ja, ich weiß es, Ba­se. Heu­te aber fei­ern wir Al­ler­hei­li­gen und dar­un­ter auch dei­ne Pa­tro­nin. Heu­te ist solch ein Fei­er­tag, an dem man Ge­schen­ke an­neh­men darf. – Al­so willst du das mei­ne ha­ben?«
    Bea­trix biß sich leicht auf die Lip­pen und streck­te, oh­ne ein Wort zu sa­gen, die Hand nach dem Klein­od aus.
    Wie­der ver­san­ken die bei­den jun­gen Leu­te in Schwei­gen. Wie­der ver­nah­men sie das be­hag­lich da­hin­plät­schern­de Ge­schwätz der Ma­tro­nen, die von He­xen und Ko­bol­den er­zähl­ten, das Heu­len des Win­des, das Klir­ren der Fens­ter­schei­ben, das dump­fe, ein­tö­ni­ge Läu­ten der Kir­chen­glo­cken …
    Nach Mi­nu­ten nahm Al­fons das un­ter­bro­che­ne Ge­spräch wie­der auf.
    »Und be­vor der Al­ler­hei­li­gen­tag zu En­de geht, – willst du mir nicht auch ein An­den­ken ge­ben?« sag­te er, sei­ner Ba­se in die Au­gen schau­end. »Heu­te kannst du es doch, oh­ne dich ir­gend­wie zu ver­pflich­ten, – heu­te, wo man eben­so wie dei­nen auch mei­nen Hei­li­gen fei­ert!«
    In ih­ren Au­gen blitz­te ein teuf­li­scher Ge­dan­ke auf.
    »Wes­halb nicht!« er­wi­der­te sie, nach ih­rer rech­ten Schul­ter tas­tend, als ob sie et­was in den Fal­ten ih­res wei­ten, gold­ver­bräm­ten Sam­t­är­mels su­che … Dann aber rief sie, mit ei­nem kind­li­chen Aus­druck des Be­dau­erns:
    »Er­in­nerst du dich noch der blau­en Schär­pe, die ich heu­te bei der Jagd trug? Du sag­test mir ja noch, ih­re Far­be sei aus ir­gend­wel­chem Grun­de das Sinn­bild dei­ner See­le …«
    »Ja.«
    »Den­ke dir: ich hab’ sie ver­lo­ren! Ge­ra­de die­se woll­te ich dir zum An­den­ken schen­ken – und nun hab’ ich sie ver­lo­ren!«
    »Ver­lo­ren? Wo ver­lo­ren?« frag­te Al­fons und sprang auf, mit ei­nem un­be­schreib­li­chen Aus­druck angst­vol­ler Er­war­tung.
    »Ich weiß nicht … viel­leicht auf dem Ber­ge.«
    »Auf dem Geis­ter­berg?« stam­mel­te er er­blei­chend und ließ sich wie­der in den Ses­sel zu­rück­fal­len. »Auf dem Geis­ter­berg!«
    Dann fuhr er sto­ckend und dump­fen To­nes fort:
    »Du weißt es

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