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18 Geisterstories

18 Geisterstories

Titel: 18 Geisterstories Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Kluge
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einst den Tem­pel­her­ren, de­ren Klos­ter du dort am Ufer des Flus­ses siehst. Die Temp­ler wa­ren Rit­ter und Mön­che zu­gleich. Nach­dem So­ria den Mau­ren wie­der ent­ris­sen wor­den war, ließ der Kö­nig sie aus fer­nem Lan­de kom­men, da­mit sie die Stadt auf der Brücken­sei­te ver­tei­dig­ten. Da­mit aber füg­te er den ka­sti­li­schen Ed­len ei­ne schwe­re Krän­kung zu, sie hät­ten die Stadt auch al­lein ver­tei­di­gen kön­nen, da sie sie auch er­obert hat­ten!
    Zwi­schen den Rit­tern des neu­en, mäch­ti­gen Or­dens und den Ade­li­gen der Stadt gär­te es ei­ni­ge Jah­re lang, – schließ­lich aber brach der wil­de Haß wie ein Un­wet­ter los.
    Die Temp­ler hat­ten den Berg ein­ge­hegt und be­hiel­ten sich dort die er­gie­bi­ge Jagd vor, um ih­re Be­dürf­nis­se de­cken und ih­rem Hang nach Wohl­le­ben frö­nen zu kön­nen. Der Adel aber be­schloß, dort ei­ne große Treib­jagd zu ver­an­stal­ten – trotz des stren­gen Ver­bo­tes der ›ge­sporn­ten Pfaf­fen‹, wie sie ih­re Fein­de nann­ten.
    Die Her­aus­for­de­rung sprach sich her­um. Nichts war im­stan­de, die einen von ih­rer Jagd­lust ab­zu­hal­ten, noch die an­de­ren von ih­rem Vor­satz, die­se zu stö­ren. Das ge­plan­te Un­ter­neh­men wur­de wirk­lich aus­ge­führt … Die Raub­tie­re je­doch, auf die es ab­ge­se­hen war, ha­ben nicht viel da­von zu spü­ren be­kom­men. Wohl aber all die vie­len Müt­ter, die um ih­rer Söh­ne wil­len Trau­er­klei­der an­leg­ten, – ja, de­nen wird noch al­les ge­gen­wär­tig sein! Das war kei­ne Jagd: ein furcht­ba­res Ge­met­zel war es! Mit Lei­chen be­sät war der Berg, und die Wöl­fe, die man hat­te aus­rot­ten wol­len, hiel­ten ein blu­ti­ges Fest­mahl.
    Zu­letzt sprach der Kö­nig ein Macht­wort: der Berg, als un­se­li­ge Ver­an­las­sung so vie­len Un­heils, wur­de für her­ren­los er­klärt und die Ka­pel­le der Temp­ler, die auf je­nem Ber­ge lag und in de­ren Vor­hof man Freund und Feind bunt durch­ein­an­der be­gra­ben hat­te, be­gann zu ver­fal­len.
    Seit je­ner Zeit soll man in je­der Nacht auf Al­ler­see­len hö­ren kön­nen, wie das Glöck­lein der Ka­pel­le ganz von selbst an­fängt zu läu­ten … und die Geis­ter der To­ten, in ih­re zer­fetz­ten Schweiß­tü­cher gehüllt, sol­len zwi­schen Busch und Dorn um­her­ren­nen – ei­ne fan­tas­ti­sche Jagd … Die Hirsche schrei­en vor Schre­cken, die Wöl­fe heu­len, die Schlan­gen zi­schen grau­en­haft – und am an­dern Ta­ge hat man schon oft im Schnee Ab­drücke ge­se­hen – Fuß­spu­ren der Kno­chen­män­ner! Da­her heißt er in So­ria der Geis­ter­berg – und des­we­gen hab’ ich zum Heim­weg ge­ra­ten, be­vor die Nacht an­bricht.«
    Al­fons schloß ge­ra­de sei­ne Er­zäh­lung, als die bei­den jun­gen Leu­te an der Brücke an­lang­ten, die von je­ner Sei­te aus in die Stadt führt. Sie war­te­ten dort auf die üb­ri­ge Ge­sell­schaft, und als sie al­le wie­der bei­sam­men wa­ren, rit­ten sie durchs Tor und ver­lo­ren sich in den en­gen, düs­te­ren Gas­sen So­ri­as.
     
    Die Die­ner wa­ren ge­ra­de mit dem Ab­räu­men der Ta­fel fer­tig. Der ho­he go­ti­sche Ka­min im Pa­last der Gra­fen von Al­cu­diel strahl­te einen be­le­ben­den Schein aus und be­leuch­te­te die Grup­pen der Da­men und Her­ren, die ver­trau­lich plau­dernd rings um das Feu­er sa­ßen. Der Wind peitsch­te ge­gen die klei­nen, blei­ge­faß­ten Fens­ter­schei­ben der Hal­le.
    Nur zwei Per­so­nen schie­nen an der all­ge­mei­nen Un­ter­hal­tung kei­nen An­teil zu neh­men: Bea­trix und Al­fons. Bea­trix starr­te, in Ge­dan­ken ver­sun­ken, auf die lus­tig fla­ckern­den Flam­men, und Al­fons be­ob­ach­te­te, wie sich die ro­te Glut in den blau­en Au­gen sei­ner Ba­se spie­gel­te.
    Bei­de ver­harr­ten ei­ne Wei­le in tie­fem Schwei­gen.
    Ei­ni­ge äl­te­re Da­men er­zähl­ten ge­le­gent­lich der Al­ler­see­len­nacht trau­ri­ge Ge­schich­ten, in de­nen Geis­ter und Ge­spens­ter die Hauptrol­le spiel­ten. Und dumpf und ein­tö­nig klan­gen von fern die Glo­cken­schlä­ge der Kir­che So­ri­as her­über.
    »Schö­ne Ba­se«, un­ter­brach Al­fons end­lich das lan­ge

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