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18 - Orangen und Datteln

18 - Orangen und Datteln

Titel: 18 - Orangen und Datteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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achteten aber nicht auf denselben. Später kam der Scheik, um mich aufzufordern, als Gast zu ihm zu kommen. Ich weigerte mich natürlich nicht, dies zu tun, denn meines Bleibens konnte bei Yussuf Ali unmöglich länger sein. Als wir aus dem Haus traten, saß dieser allein bei seinem Feuer. Wir gingen an ihm vorüber, ohne ihn zu beachten.
    Ich sollte mich an das Feuer des Scheiks setzen und mitessen; aber die Lust war mir dazu vergangen. Nase und Auge schmerzten mich, und wenn ich an Hussein Isa und seine arme Mutter dachte, so war es mir unmöglich, einen Bissen zu nehmen. Darum ging ich auch hier in das Haus und setzte mich in der Abteilung desselben, welche mir angewiesen wurde, nieder, um mir von dem zärtlichen Hadschi Halef unausgesetzt kalte Umschläge auflegen zu lassen.
    Damit verfloß eine ziemlich lange Zeit, bis ich einen aus der Ferne herüberschallenden Lärm hörte, welche wie ein aus der Tiefe heraufdringendes Hohngelächter klang. Draußen vor dem Hause erhoben sich laute Stimmen. Man schien sich zu zanken; ich achtete nicht darauf. Da kam der Scheik herein und sagte:
    „Herr, Yussuf Ali will mir dir reden. Ich habe ihn abgewiesen, aber er besteht darauf. Auch sein Weib läßt dich dringend bitten, seinen Wunsch zu erfüllen.“
    „Ich werde gleich hinauskommen.“
    Er schien diese meine Bereitwilligkeit nicht erwartet zu haben, ging aber hinaus, ohne ein Wort darüber zu verlieren, und ich folgte ihm mit Halef. Draußen stand Yussuf Ali allein mit seiner Frau. Die andern Kurden und Kurdinnen hielten sich von ihnen fern, weshalb, das war mir leicht erklärlich.
    „Herr, hilf uns; mein Sohn ist gefangen!“ rief uns Fatima Marryah an, indem sie vor mir auf die Knie sank und die gefalteten Hände flehend empor hob.
    „Gefangen?“ fragte ich, indem ich sie aufrichtete. „Von wem?“
    „Von den Mir Mahmalli' da drüben.“
    „Woher weißt du das?“
    „Sie haben es uns herübergeschrien.“
    „Ah! Das Geheul, welches auch ich hörte!“
    „Hast du es vernommen? Sie riefen in einem fort: Hussein Isa gefangen, Hussein Isa gefangen!“
    „Wie ist er denn in ihre Hände geraten? Hat er denn diesen Platz hier verlassen?“
    „Er mußte. Als sein Vater dich geschlagen hatte, führte er ihn zum Tor hinaus und verbot ihm, jemals wiederzukommen. Der Sohn ging still fort. Die Mir Mahmalli müssen hier in der Nähe gewesen sein, denn ich hörte einen langen, angstvollen Schrei.“
    „Sie haben sich wegen mir um euer Lager geschlichen. Auch ich hörte den Schrei, hatte aber keine Ahnung davon, was er bedeutete.“
    „Ich auch nicht, denn ich erfuhr erst später von meinem Mann, daß der Sohn fort sei. Sie haben ihn draußen ergriffen und, als er schrie, fortgeführt. Dann riefen sie es zu uns herüber, daß sie ihn gefangen haben. Hilf uns, Herr! Du bist der einzige, der helfen kann!“
    „Ich? Warum ich allein? Hier stehen über fünfzig bewaffnete Männer. Auf, o Scheik! Wir müssen schleunigst hinüber, um ihn zu retten, denn die Mir Mahmalli werden nach dem, was heute geschehen ist, nicht zaudern, ihn zu töten.“
    Der Scheik schüttelte den Kopf und antwortete:
    „Wenn sie ihn töten, so ist es uns ganz lieb. Er ist ein Christ geworden und geht uns nichts mehr an.“
    „Aber er ist ein Mensch und von eurem Stamm!“
    „Gewesen; jetzt nicht mehr. Der Stamm stößt ihn aus.“
    „Ihr sagt euch also gänzlich von ihm los?“
    „Ganz und gar!“
    „So denkt daran, daß ich euer Gast bin! Ich erkläre ihn für meinen Bruder; er ist also auch der eurige, und ihr müßt ihn befreien.“
    „Ein Abtrünniger kann selbst unter dieser Voraussetzung nicht unser Bruder sein. Er hat Mohammed verlassen; mag Isa, an der er jetzt glaubt, ihn retten!“
    Da wiederholte Yussuf Ali, welcher bis jetzt geschwiegen hatte, in dumpfem Ton diese Worte:
    „Er hat Mohammed verlassen; mag Isa ihn retten! Isa vermag es nicht. Die Mir Mahmalli sind zu blutdürstig und zu stark!“
    „Aber Isa ist stärker als sie und als alle Menschen“, entgegnete ich. „Halef, gehst du mit?“
    „Ja“, antwortete der kleine, wackere Hadschi sofort bereitwillig.
    „Aber wir wagen das Leben und kennen die Gegend nicht!“
    „Die Gegend werden wir bald kennengelernt haben, und wo du etwas wagst, muß ich dabeisein. Ich hole meine Flinte.“
    „Die ist überflüssig, ebenso die Pistole. Ich gebe dir meine Revolver; dazu dein Messer, das ist mehr als genug.“
    Da wir all unser Eigentum ehrlich zurückerhalten hatten, so besaß

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