1801 - Die Herreach
deren Vorhandensein lediglich unbekannt war.
So ist es, erwidert das Programm. Das Universum pulsiert. Und Kummerog weiß das genau.
*
Dourmel fand am Ende seiner Schlafphase zwei Nachrichten vor. Die eine schien von großer, die andere von geringer Bedeutung zu sein. Man konnte es daran erkennen, daß beide auf unterschiedlichen Blättern geschrieben waren. Die erste Nachricht, die des Erfinders Johm, stand auf einem Collie-Bogen. Dagegen die andere, mit dem Siegel des fernen Cleros, war blütenweiß und steckte in einem feinen Papierumschlag.
Dourmel war sehr gespannt, was der Cleros ihm zu sagen hatte.
Dennoch öffnete er Johms Nachricht zuerst, weil er später dafür den Kopf nicht mehr frei haben würde.
Johm schrieb: An Dourmel! Ich habe Dir von einer Erfindung berichtet, den Rädern und den Achsen unter einem breiten Brett. Du warst zu beschäftigt, es Dir anzusehen. Heute bin ich einen Schritt weiter! Solltest Du die Zeit erübrigen können, bitte besuche mich in der Werkstatt. Ich habe die Sache perfektioniert. Ich nenne sie übrigens einen „Karren". Beeile Dich! - Johm.
Dourmel zog das Nas-Organ in einer Geste des Ärgers nach oben. Er war davon überzeugt, es mit einer völlig überflüssigen Sache zu tun zu haben. Jene runden Dinger, die Johm als Räder bezeichnete, waren zu nichts zu gebrauchen.
Die zweite Nachricht unterschied sich von Johms Gekritzel schon durch die kunstvolle Schrift. Sie hatte einige tausend Kilometer per Boten hinter sich.
Zwischen Moond und Keerioch Nachrichten zu befördern, das war keine leichte Sache. Er wünschte sich häufig, den Posten am Rand der Welt gegen eine Stelle in der Hauptstadt zu tauschen. Dann wäre er auf den Botendienst nicht mehr angewiesen. Aber sein Auftrag lautete, an diesem Ort Kummerogs Religion zu verbreiten, und genau das tat er auch mit riesengroßem Erfolg.
Er riß den Umschlag auf und entzifferte die verbleichende Schrift im Inneren.
An Dourmel. - Wichtige Ereignisse stehen bevor. Der oberste Künder befiehlt Dir, auf dem schnellsten Weg nach Moond zurückzukehren. Deine Dienste werden benötigt. - Lo Bestos, Mahner des Kummerog.
Dourmel ließ die Botschaft fallen.
Das war es! Wenn er Glück hatte, brauchte er niemals wieder nach Keerioch zurück. Dann hatte die Isolation in der herrachischen Provinz ein Ende.
Da er ein sehr gewissenhafter Clerea-Priester war, gab es vor der Abreise gewisse Dinge zu tun. Er legte das weiße Kuttengewand seines Standes an und aß ausgiebig.
In zwei Stunden hatte er ein Gebet zu leiten, das er nicht mehr absagen konnte. Er wollte auch gar nicht, zumal sich die klügsten Herreach der gesamten Stadt versammeln würden. Ein solches Gebet zu organisieren war keine leichte Sache. Hier draußen hatte man einen schweren Stand. Nicht wie in der Hauptstadt, wo man den Tempel mit eigenen Ohren sprechen hörte; wo die Prophezeiung des Kummerog so real war wie die Himmelsstrudel.
Dourmel verließ seine Hütte und wandte sich nach Westen. Es hatte lange nicht geregnet. Keerioch lag am Rand einer Wüste, deshalb war der Boden staubig und knochentrocken.
Am Wegesrand winkten ihm die Herreach zu, das weiße Gewand ließ ihn weithin als Priester erkennen.
Am westlichen Stadtrand lag in einer Mulde Johms Werkstatt. Rund um die Hütte lagen Dutzende völlig sinnloser oder kaputter Konstruktionen im Sand. Aus dem Inneren drangen laute, hämmernde Geräusche, die sich Dourmel nicht zu erklären vermochte.
Er kündigte sich mit einem kurzen Rufen an und trat ein.
Johm hob verdutzt den Kopf. Sein Nas-Organ lag in tiefen, Verwunderung äußernden Falten, als. hätte er nicht wirklich mit Dourmel gerechnet.
„Ah, Priester ... Ich freue mich, dich zu sehen! Ja, sogar sehr!"
In der Hand hielt der Erfinder den Gegenstand, mit dem er offenbar gehämmert hatte; ein sehr hartes Stück Holz, das aus dem Gebirge stammte. Vor ihm ragte vom Boden eine seltsame Konstruktion auf. Dourmel hatte nicht die geringste Ahnung, was sie vorstellte. Mit einemmal bereute er wieder, daß er gekommen war.
„Meine Zeit ist begrenzt", versetzte der Clerea unfreundlich. „Worum geht es?"
„Um diesen Karren hier!"
Johm zeigte mit kaum verhohlenem Stolz auf sein Ungetüm.
„Wozu dient es?"
„Ich sage doch, ich nenne es einen Karren. Man kann damit Dinge transportieren, die schwerer sind als man selbst. Und man braucht keinen Helfer dazu. - Warte, ich zeige es dir! Das hier sind die Räder, zwei Stück für jede Seite. Die beiden
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