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1801 - Die Herreach

Titel: 1801 - Die Herreach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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lebten immer noch in der Steppe. Obwohl Dourmel Inder Stadt geboren war, besaß er die angeborene Konstitution eines Wanderers. Es vergingen nur wenige Schlafperioden, dann hielt er das Tempo der anderen, die er zuweilen auf der Strecke traf, ohne Mühe mit.
    Dennoch brauchte es über hundert Schlafperioden, das ferne Moond zu erreichen. Von weitem schon horchte er aufgeregt. Dourmel vernahm den Sud aus millionenfachem Gemurmel, roch den Gestank von hunderttausend Herreach-Städtern, witterte mit seinem Nas-Organ das brackige, zähfließende Wasser des Taumond.
    Niemand schenkte ihm die geringste Beachtung. Es hatte sich viel verändert. Das weiße Gewand eines ClereaPriesters fiel nicht im geringsten auf, es gehörte zum allgemeinen Zwielicht der Stadt.
    Die Rauchfahnen kleiner Feuer stiegen an tausend Stellen zugleich auf. An anderen Orten gab’s zwar ebenfalls Herreach, die mit offenem Feuer umgehen konnten, aber nirgendwo so viele wie hier. Johm, der Erfinder, hätte diesen Anblick sehen sollen. Er wäre niemals mehr in seine Werkstatt nach Keerioch zurückgekehrt.
    Über die endlosen Hüttendächer, die Flachgiebel der Steinhäuser, den Anteil zweigeschossiger Gebäude erhob sich ein gewaltiger Umriß.
    Der Tempel von Moond!
    Mehr als tausend Meter glatten, sandsteinfarbenen Materials, wunderbar, Ehrfurcht gebietend, unermeßlich hoch über allen Werken der Herreach, so stellte sich das Ziel allen Strebens dar. Die Spitze ragte bis zu den Strudeln des Himmels, war manches Mal von Wolken verborgen .
    „. dann werden sich die Tore öffnen, und der Gott Kummerog wird durch die Pforte treten. Dann wird der Himmel sich öffnen, und eine strahlend helle Hälfte und eine dunkle werden zum Vorschein kommen ...
    Wie lange hatte er den Tempel vermißt? Es reichte nicht aus, nur im Innersten ein Bild von Kummerog zu beschwören. Wenn man sich mit Gebeten auskannte, dann mußte man zum Tempel - und seinem Gott nahe sein, auch wenn er vorerst nicht erreichbar war.
    Dourmel zwängte sich entlang den breiten Wegen zum Taumond-FluB, über die Brücke ans gegenüberliegende Ufer. Häufig begegnete er kranken Herreach, die noch nicht sehr alt waren. Viele hatten eine rötlich verfärbte Haut, unter der man das Pulsieren der Körpersäfte kaum noch erkannte. Sie würden bald sterben, und der Grund lag wahrscheinlich in der Lebensweise der Städter. Sie ertrugen den Dreck und die schlechte Nahrung nicht.
    Das allein war allerdings kein Grund, die Stadt zu verlassen. Dourmel hätte jederzeit seine Gesundheit gegen die Nähe des Tempels eingetauscht. So lag es in der Mentalität der Herreach: leben, bis es nicht mehr geht, dem Tod ohne Furcht und ohne rechtes Interesse gegenüberstehen.
    Wenn es vorbei war, war es vorbei. Was brachte es ein, dagegen anzukämpfen?
    Am jenseitigen Taumond-Ufer erhob sich das größte Bethaus der Welt. Es bestand aus einer vierzig Meter hohen dunklen Steinmauer ohne Fenster. Was im Inneren vorging, konnte man nicht erkennen.
    Das eigentliche Geschehen spielte sich meist am Rand der Mauer ab, in den angegliederten Stockwerk-Kammern. Dort residierten der oberste Künder des Kummerog und seine Mahner. Sie beherrschten das Heer der Clerea wie auch Dourmel einer war - und übten einen großen Einfluß auf die Herreach aus. Die Organisationszirkel der Städte bestimmten das tägliche Leben, doch der Cleros zeigte, wie es in Zukunft weiterging.
    Mit einem andächtigen Gefühl schritt er durch das Tor.
    Eine seltsame Atmosphäre umfing ihn, als er über die Mitteltreppe die oberste Kammerreihe erreichte.
    Niemand wagte, ihn anzusprechen, obwohl er lediglich eine weiße Kutte trug. Kein Gelb, kein Violett - es machte allein die Kraft seiner Persönlichkeit. Sie spürten, daß dieser Wanderer kein gewöhnlicher Priester war.
    Hinter einer Tür aus dünnem Holz wartete der oberste Künder des Kummerog. Bevor sich Dourmel jedoch bemerkbar machen konnte, warnte ihn ein Geräusch.
     
    *
     
    Ein violett gewandeter Herreach trat an seine Seite. Trotz der langen Zeit, die vergangen war, erkannte er Lo Bestos, der mittlerweile zum Mahner aufgestiegen war. Dourmel verdächtigte Lo bis heute, an seiner Mission in die Wüste nicht unschuldig gewesen zu sein.
    „Ich grüße dich, Lo."
    Er verbeugte sich, aber der Respekt galt ausschließlich der violetten Kutte mit dem ovalen Symbol eines Betfeldes nicht der Person, die sie ausfüllte.
    „Guten Tag, Dourmel. Bitte verhalte dich leise. Es geht dem Künder

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