1806 - Der Mutant der Cantrell
mit dem Gedanken gespielt, daß ihr Herr nicht mehr lebte. Vielleicht war sie durch die eigene Erzählung erst auf diesen unbewußten Gedanken gestoßen.
So seltsam es war, aber ich empfand in diesem Moment wirklich Mitleid für dieses Wesen, das mich völlig in seiner körperlichen und teilweise noch geistigen Klammer hielt. In meinem langen Leben hatte ich die verschiedensten Gefahren durchgestanden und war den seltsamsten Lebensformen begegnet.
Jetzt zogen diese Gestalten noch einmal durch meinen Kopf. Die letzte Person, die durch meine Gedanken schlich, war Kytoma.
„Haut!" teilte ich ihr mit. „Wir werden deinen Herrn finden."
„Bist du davon überzeugt?" kam es zurück.
„Felsenfest", log ich.
„Das ist gut", teilte mir die Haut mit.
„Du bist ... müde", sagte ich.
„Müde? Was ist das?"
„Du bist erschöpft. Du brauchst eine Pause. Ich werde etwas essen."
„Das ist es nicht. Es zehrt nur an mir, wenn ich mich zu lange mit meinem Herrn befasse. Daher werde ich dir erst erzählen, was mit Yokanrog passierte."
Die Haut sagte das mit einer großen Überzeugungskraft. Ich konnte ihr nicht spontan widersprechen, auch wenn ich es gewollt hätte.
Hatte sie gemerkt, daß mein Einfluß auf sie größer wurde?
Wie übte sie den Zwang auf mich aus?
Und warum konnte ich mich ihr dennoch immer wieder widersetzen? Ich hätte es auch jetzt gekonnt, wenn ich mich voll konzentriert hätte, aber das hätte nur neuen Verdacht geweckt.
Plötzlich erkannte ich die Kraft, die auf mich wirkte.
Hypnose! Oder etwas in der Art.
Sie wirkte allerdings nicht von außen auf mich ein, sondern von innen heraus. Im Umgang mit solcherart Hypnose war ich ungeübt.
Aber ein Problem sollte das für mich doch nicht sein.
Ich war schließlich mentalstabilisiert. Und ich trug einen Aktivator.
Damit war mir auch klar, warum ich mich gegen den Zwang wehren konnte.
Nun besaß ich genügend Ansatzpunkte, um die entscheidende Auseinandersetzung um die Herrschaft über meinen Körper und meinen Geist zu wagen.
Aber noch hatte ich ja Zeit. Wir hatten bisher nicht einmal ein Drittel der Strecke bis Klinker zurückgelegt.
Die Haut berichtete weiter.
7.
Yokanrog hatte sich aus der CANT einen Schutzanzug geholt und übergezogen. Ohne dieses Hilfsmittel wäre er gar nicht in der Lage gewesen, in das Arsenal einzudringen.
Die Gluthitze ließ nur wenige Wege frei. Er irrte fast eine Stunde am Rand des Atombrands umher, bis er endlich verstand, was sein Herr mit den Nischen gemeint hatte. Den Zentralcomputer zu finden, hatte er längst aufgegeben. Er entdeckte zwar seltsame Zeichen, die vielleicht so etwas wie Wegweiser waren, aber er konnte sie nicht verstehen.
Der Sklave betrat eine Nische, die noch intakt zu sein schien. Obwohl Kummerog ihm gesagt hatte, daß er in den Nischen auf mentale Stimmen stoßen würde, zuckte er zusammen.
„Willkommen, Fremder", hörte er. „Ich fürchte, ich kann nichts für dich tun, denn du bist nicht berechtigt."
Yokanrog überlegte.
„Vielleicht doch", antwortete er. „Mein Herr ist Kummerog. Vielleicht kennst du ihn. Ich bin ein Teil von ihm, ein Ableger. Ich brauche dringend ein Gerät, um einen Atombrand zu stoppen."
„Warte, ich setze mich mit dem Zentralcomputer in Verbindung."
Minuten verrannen; es wurde immer heißer. Am Ende des Korridors glühten die Wände. Brocken aus Metall fielen aus der Decke. Yokanrog fürchtete, daß er von dem Brand eingeschlossen würde.
Endlich meldete sich die mentale Stimme wieder.
„Der Zentralcomputer hat eine Ausnahmegenehmigung erteilt, obwohl dein Herr den eigentlichen Bereich des Arsenals bereits verlassen hat."
„Er mußte vor dem Brand fliehen", entgegnete der Gelbhäutige. „Er kann doch nichts dafür, daß ein Feind ihn vernichten will."
„Deine Argumentation ist unverständlich, aber dir kann geholfen werden. Betrete die übernächste Nische."
Yokanrog eilte an den bezeichneten Ort.
„Willkommen", vernahm er hier. „Ich bin informiert. Du suchst nach einem Gerät, das einen schwelenden Atombrand löscht. Darf ich dir ein paar geeignete Systeme vorführen?"
„Ja, gern. Aber mach schnell, denn es eilt!"
„Natürlich, Herr."
Wie aus dem Nichts bildete sich vor Yokanrog eine kopfgroße Glocke. Einen Meter darunter formte sich aus dem Nichts eine Fläche, die schnell aufglühte. Wärme war jedoch nicht zu spüren. Dem Einäugigen war klar, daß dies nur fiktive Bilder waren.
Aus dem unteren, offenen Ende der Glocke
Weitere Kostenlose Bücher