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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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dreißig Schritte vorwärts getan hatten. »Bemerkt ihr nichts?« – »Freilich!« erwiderte der Reitknecht. »Es muß hier notwendig in der Nähe etwas glimmen.«
    Sie gingen noch etwa zehn Schritte vor. Da drang ihnen ein dichter, schwefeliger Dampf entgegen, so daß das Licht plötzlich ganz blaurot brannte. »Sollte die Warnung doch vielleicht wörtlich gemeint sein?« fragte Rasinski leise, indem er sich zu Ludwig umwandte. »Ich halte es für bedenklich, hier weiter vorzudringen!«
    Ludwig, dessen Herz in der Hoffnung angstvoll schlug, die Spuren der Geliebten aufzufinden, erwiderte: »Noch dürfen wir uns gewiß weiter wagen, denn die Rückkehr ist uns ja nicht verschlossen. Ich will voran.« – »Nein, es ist besser, daß ich der Vordere bin,« erwiderte Rasinski; »dich könnte der Eifer verleiten, die notwendige Vorsicht zu versäumen.« Sie schritten abermals etwa zwanzig Schritte vorwärts; der schwefelige Dampf wurde dichter und ließ sich kaum noch einatmen. Da fuhr ihnen plötzlich ein Windstoß entgegen, als ob eine Tür irgendwo geöffnet worden wäre, und im gleichen Augenblick erloschen die drei Lichter, die sie bei sich trugen. Unmittelbar darauf vernahmen sie einen dumpfen Knall, und das ganze Gebäude bebte erschüttert. »Das war eine Mine!« rief Rasinski; »wir müssen zurück!«
    Selbst Ludwig sah ein, daß ein weiteres Vordringen unmöglich sei. Man wandte daher um und suchte sich im Finstern zurückzutappen. Aber schon nach wenigen Augenblicken verhüllte ein entsetzlicher Qualm und eine erstickende Hitze den Raum um sie her, so daß sie fast die Besinnung verloren. »Rasch vorwärts«, rief Rasinski und trieb Ludwig an, während dieser auch die Begleiter drängte. Hastig stürzend, mit beklemmtem Atem, Tücher vor den Mund haltend, suchten sie Rasinskis Zimmer zu gewinnen. Atemlos erreichten sie es endlich; doch war auch dieses schon ganz mit Rauch gefüllt. Rasinski sprang gegen das Fenster an und schlug mit dem umgekehrten Pistol die Scheiben ein, daß sie klirrend in die Straße stürzten. Durch dieses Mittel erhielt man Luft und konnte einige frische Atemzüge tun. Ludwig war durch die Saaltür geeilt; allein kaum hatte er dieselbe geöffnet, als ihm auch schon von dort Rauch und Dampf entgegenschlug, der aus dem Boden zu quellen schien. Doch brannte die Lampe noch und er konnte sein Zimmer erreichen, um in aller Eile Waffen, Mantel und Mantelsack zu ergreifen. Biankas Schleier, Armband und Tuch trug er schon auf der Brust. So eilte er wieder zu Rasinski zurück, der ihm aber schon auf dem Saale entgegentrat. Jetzt erscholl durch die Stille der Nacht plötzlich von außen her der Ruf: »Feuer, Feuer!« und fast zu gleicher Zeit dröhnten die Trommelwirbel aus dem Biwak unten herauf, und gellende Trompetenstöße schmetterten darein. Hastig stürzten Rasinski, Ludwig und die Reitknechte die großen Treppen hinunter auf die Gasse hinaus. In der Hausflur kam ihnen Bernhard in vollem Laufe von der Hinterseite her entgegen. »Gott sei Dank, daß ihr gerettet seid!« rief dieser; »ich fürchtete schon, zu spät zu kommen. Aber macht, daß ihr das Freie erreicht, denn die Flammen schlagen schon von allen Seiten aus dem Erdgeschoß und durch das Dach hinaus. Hier treibt der Teufel sein Spiel!«
    Schmerz und Seligkeit der Liebe, Bestürzung, Staunen, Schrecken, dankbare Freude brachen in vollen Strömen zugleich in Ludwigs Herz ein; doch die mächtige Flut der Ereignisse riß alles in ihre fortbrausenden Wogen hinein und gönnte der Brust nicht die Ruhe, sich selbst zu beschauen und zu empfinden. Der Augenblick forderte die Tat; die betäubte Betrachtung wurde gewaltsam von den Gegenständen hinweggerissen, an die sie sich heften wollte.
    Jetzt erst konnte man die Gefahr übersehen. Eine schwarze undurchdringliche Wolke lag über dem Palast; nur einzelne rot züngelnde Blitze zuckten hindurch. Der Qualm drang schon fast aus allen Fenstern des Hauses hervor; er wirbelte aus dem Erdgeschoß herauf, er quoll in dichten Strömen aus dem Dachstuhle. Ein einziger Blick reichte hin, um die Überzeugung zu schöpfen, daß das Feuer angelegt, daß der Brandstoff in allen Teilen des Gebäudes ausgebreitet und durch ein plötzliches Mittel überall zugleich in Flammen gesetzt sein mußte. Welcher Art dasselbe gewesen, darüber konnte Rasinski keinen Zweifel mehr hegen.
    Mit grausendem Erstaunen erwartete man, wie das majestätische Schauspiel sich entwickeln werde. An Rettung war bei dem gänzlichen

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