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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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heiß ersehnte Tag, wo das in den Staub gebeugte Polen seinen edeln Nacken wieder stolz aufrichten könnte! Wenn der weiße Adler die gelähmten Schwingen ausbreitete und den kühnen Flug zur Sonne der Freiheit, des Ruhms zu wagen vermöchte! O dann, dann dreimal Heil und Segen über diesen Sieg! Das Blut der Gefallenen wäre nicht umsonst geflossen!« Gleich einer Königin stand die erhabene Frau da, Hände und Blick aufwärts zum Himmel hebend.

Drittes Kapitel.
    Lodoiska trat wieder ein. Der Wechsel der Angst und der Freude hatte die zarte Gestalt so angegriffen, daß das leichte Rot auf ihren Wangen eher einer krankhaften Spur fieberhafter Bewegungen als einem Zeichen der Gesundheit und innerer Befriedigung glich. Die Gräfin wußte, daß körperliche Bewegung und frische Luft ihr dann am zuträglichsten waren; ihr selbst war ein Spaziergang ins Freie nötig, um die Wallung ihrer Brust zu beruhigen. Sie schlug vor, in den Garten zu gehen; die Saaltür öffnend trat sie gleich selbst hinaus, die andern folgten.
    Die Sonne hatte das Grau des Himmels ein wenig geteilt und warf einen Halbschimmer durch die dünnen, weißen Wolkenstreifen, die vor der glänzenden Scheibe dahinzogen. Marie blieb einen Augenblick stehen und sah gegen den Himmel hinauf; sie verlor sich in Betrachtungen. Arnheim, der ihr stets nahe zu bleiben suchte, heftete seine Blicke auf ihr schönes Angesicht. Es war bei weitem mehr sanfte Weiblichkeit als Hoheit in ihren Zügen, doch etwas so Reines, Edles, daß sich jede Liebe zu dieser freundlichen Gestalt mit Ehrfurcht, wenigstens mit der zartesten Scheu paarte. Vielleicht war die Gräfin, die einen scharfen Blick für alle Verhältnisse hatte, nicht ohne Absicht mit Lodoiska weitergegangen, so daß Marie so gut als allein mit Arnheim blieb. Nur sie hatte es nicht bemerkt.
    »Und was sucht und bittet das Auge meiner schönen Landsmännin dort oben?« fragte er endlich, ihr stummes Sinnen unterbrechend. – »Ach, ich dachte an unser Vaterland,« sprach sie mit herzlichem Ton und durchaus unbefangen. »Sie haben so schöne Worte des Trostes für mich gesprochen, so teuere Hoffnungen in mir angeregt! Mußte mir nicht dieser Himmel als ein Gleichnis unsers Zustandes erscheinen? Das Licht kämpft mit den trüben Nebeln. Vor einer Stunde lag alles noch in düsteres Grau gehüllt; jetzt bergen nur noch weiße, halbgelichtete Schleier die Sonne. So haben Ihre Worte auch meine Hoffnungen aufgehellt; sie ruhen nicht mehr hinter ganz düsterm Gewölk!«'
    »O, es wird sich bald ganz zerteilen«, rief Arnheim lebhaft. »Wir sind allein. Ich muß vorsichtig sein, aber einem Herzen, das selbst in weiblicher Brust so vaterländisch schlägt wie das Ihrige, darf ich wohl ein männliches Geheimnis anvertrauen, das Ihre Hoffnungen wie Morgentau erquicken wird. Der Sinn brüderlicher Eintracht, auf den ich in meinen Worten hindeutete, ist kein schöner Traum, kein frommer Wunsch mehr in unserm Vaterlande. Lebendig ist er erwacht; der eiserne Druck der Zeiten hat die Kraft des Widerstandes hervorgerufen. Wie der Stahl den Funken erst durch seinen heftigen Angriff aus dem kalten Stein lockt, so haben die Schläge des Schicksals in Deutschland edle Funken geweckt, die, zur still genährten Glut verbunden, einst in mächtiger Flamme auflodern werden. Ja, die edelsten Männer reichen einander die Hand; ein längst gestifteter Bund, der äußerlich zwar schon längst wieder gelöst wurde, aber in seinen höhern Zwecken dennoch fortbestand, vereint sie und schlingt sich in geheimer Kette durch unser ganzes Vaterland. Näher und vertrauter als jemals sind diese Edeln jetzt verbunden, und in allen lebt der feste Entschluß, das Unwürdige nicht tatlos duldend zu ertragen. Doch mit dem starken Zügel der Mäßigung halten sie den Ausbruch des tiefen Unwillens zurück, bis die Kräfte dem Willen gewachsen sind. Der günstige Augenblick soll erwartet werden; es ist kein müßiges Harren, denn dem aufmerksamen Auge zeigt sich die Gunst des Schicksals oft. Indessen werden alle Kräfte vorbereitet, genährt, sichere Freunde gewonnen, im stillen der gute Same gestreut. Die geheimen Fäden zum Gewebe großer Ereignisse sind ausgespannt; ein Wink und tausend Hände sind daran geschäftig.« Arnheims Blicke leuchteten begeistert, als er so sprach; auch in Mariens Auge glänzte ein Goldblick der Hoffnung durch den feuchten Tau, der es benetzte.
    »O, so soll in dieses Herz doch noch Freude und Hoffnung zurückkehren,« sprach sie;

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