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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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zum Wasserholen. Die andern besorgen indessen die Pferde!«
    Nachdem die Befehle gegeben waren, setzte sich Rasinski, unmutig, müde, auf einen dichtbemoosten Baumstamm, der an der Erde lag. Er stützte die Hände auf den zwischen die Knie gestellten Säbel und blickte düster vor sich hin. »Wo soll ich unser Feuer machen lassen?« fragte Bernhard. – »Wo du willst! Dort unter der großen Fichte!« Rasinski blieb in Gedanken versenkt, unbeweglich sitzen, während Bernhard mit einigen Leuten die Anstalten zur Einrichtung der Lagerstelle für ihn traf. Schwere, düstere Ahnungen bewegten die Seele des tapfern Kriegers! Er sah finster wie die Nacht und der Wald ringsumher! Bald trieb ihn die Unruhe auf. Er ging mit großen Schritten auf und ab. Bisweilen gab er in kurzen, bestimmten Worten einen Befehl; denn wie unruhig es in seinem Innern wogte, sein aufmerksamer Blick beobachtete alles, was rings um ihn her vorging.
    »Willst du nicht kommen, dich am Feuer zu lagern?« unterbrach ihn Bernhard nach einigen Minuten. »Sieh, es brennt schon lustig und beleuchtet die alten Baumstämme und die lang übergestreckten Riesenarme der Zweige auf wunderbare Weise. Wenn wir nicht so verkrummt und verklammt wären von dem eiskalten Winde, ich hätte Lust, diese Baumgruppen zu zeichnen.« – »Ob Boleslaw und Ludwig heute nicht endlich zurückkehren werden? Ich bin gespannt auf Nachrichten von Jaromir!« antwortete Rasinski, als habe er Bernhards Worte gar nicht gehört.– »Schlage dir das aus dem Sinne, Rasinski,« sprach Bernhard in bittendem Tone; »es ist ein Fiebertraum, weiter nichts! Eine solche Höllennacht wie die erste, die Jaromir in Moskau zubrachte, mußte verrückte Einbildungen des Gehirns erzeugen. Dann die Lage in dem Lazarett, verlassen von allen Freunden, unter dem Jammer der hilflos Verwundeten – gib acht, sowie er hergestellt ist, sowie seine Sinne wieder klar sind, hört der ganze düstere Traum auf!« – »Ich habe den Brief nicht abgesandt!« sprach Rasinski nach einer Pause. »Ich konnte ihn nicht absenden!«
    »Und du tatest recht! Du handeltest nach dem richtigen Glauben; weshalb willst du nach dem Wahn fühlen ?« – »Für die Tat,« erwiderte Rasinski, »bedurfte ich der Gewißheit; um die Sorgen meiner Brust zu wecken, hätte die Hälfte der Anzeichen genügt. Ja, ich glaube, Jaromir hat irgendeine geheime Schuld gegen Lodoiska begangen, und es ist nicht nur ein Fiebertraum, der sie ihm vorspiegelt. Erst jetzt kommt mir in den Sinn, was er mit Ludwig am Abende vor dem Brande gesprochen. Zu jener Stunde war er noch nicht krank. Keine Brandwunde folterte ihn mit ihren Schmerzen, keine übermäßige Abspannung der Kräfte hatte ihn zum Tode erschöpft, die furchtbaren Bilder der Schreckensnacht erfüllten seine Seele noch nicht, und doch –«
    »Soweit ich Ludwigs Erzählung zu deuten vermag,« meinte Bernhard, »zweifelte er damals an Lodoiskas Liebe. Dies mag ein Argwohn sein, wie ihn der Zufall in dieser Stunde in dem jungen, heftig liebenden Gemüt erzeugen konnte. In der nächsten Minute schämte er sich dessen, klagte sich selbst an. In diese Stimmung seiner Seele fielen die furchtbaren Ereignisse jener Nacht. Diese Erinnerungen trug er in seinen Fieberwahn hinüber und bildete sie zu einer schwarzen, unabbüßbaren Schuld aus. So schrieb er ihr den Brief, der dich so beunruhigt. Wenn Ludwig und Boleslaw zurückkehren, werden sie uns gewiß Auskunft geben; denn ihnen hat Jaromir zuverlässig davon gesagt.«
    »Mich friert. Wir wollen uns an das Feuer lagern. Auch bin ich müde. Verdrießlicher Krieg! Man liegt den ganzen Tag auf dem Pferde, sieht den Feind an und schlägt sich nicht. Es ist ein großes Ereignis, wenn ein Kosak einen Pistolenschuß abwartet! Ja, wenn unsere Pferde noch so frisch wären wie an dem Tage, wo wir über die Weichselbrücke ritten, dann sollten diese Neckereien bald aufhören. Weißt du, daß man murmelt, die Friedensunterhandlungen seien gescheitert? Ich glaube, Kutusow wußte das längst! Es geschieht nicht ohne Absicht, daß man sie in die Länge zieht, bis der Winter uns hier überfällt. Auch in dieser Beziehung erwarte ich Boleslaws Rückkehr von Moskau mit großer Spannung. Ich will hoffen, daß es ihm gelungen sei, wenigstens einiges von dem, was wir so dringend bedürfen, herbeizuschaffen.«
    »Wenn mir Ludwig ein Paar neue Stiefel mitbrächte,« scherzte Bernhard, »würde er mir freilich besser auf die Beine helfen, und einen Pelz statt des

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