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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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und alle Truppen, die nordöstlich standen, rücken morgen wieder vor Moskau und schließen uns dann dem großen Heere an. Ich bringe dir diese Order!«
    »Also wird der Kampf erneuert!« rief Rasinski; »ich ahnte es wohl. Jetzt müssen wir uns eine Bahn nach den südlichen Provinzen brechen. Dort ist Hoffnung, daß wir noch vor dem Winter festen Fuß fassen, oder wenigstens Kiew gewinnen, um daselbst zu kantonieren. Es war hohe Zeit! Nun, Gott sei Dank, daß es endlich entschieden ist! Wenn der Krieg sich dorthin wendet, so habe ich noch Hoffnung. Der Winter tritt in jenen Gegenden wenigstens einen halben Monat später ein und ist um vieles milder. Auch ist das Land reich und wird uns besser ernähren als die Wüste, die wir bisher durchwandert haben. Diese Nachricht ist etwas wert! Nun aber sprich auch von Jaromir. Ist er hergestellt?« '
    »Boleslaw stockte einen: Augenblick. »Ja,« sprach er dann mit ernster Miene; »wenn wir das hergestellt nennen dürfen! Seine Brandwunden sind geheilt, das hitzige Fieber entflohen, ja, er fühlt sich sogar stark genug, um mit uns zu marschieren. Er will nicht im Nachtrab des Heeres bleiben; auch, glaube ich, hat er Körperkräfte genug wieder gewonnen. Doch –« – »Nun?« – »Seine Seele ist finster, der heitere Glanz seines Auges erloschen, die reine Stirn umwölkt. Es ist unser frischer, fröhlicher Jaromir nicht mehr! Ich fürchte–« hier stockte Boleslaw. – »Der Kaiser,« fuhr er nach einigen Augenblicken fort, »hat ihm den Orden der Ehrenlegion geschickt. Er hat ihn mit den Worten zurückgewiesen: «Mich leitete nur der Zufall; ich darf dies Zeichen nicht annehmen. Der Kaiser spare es mir auf, bis ich eine Tat getan.» Keine Gegenvorstellung vermochte etwas über ihn; er blieb unerschütterlich. Und du weißt, mit wie brennender Begier er seit Jahren nach diesem Zeichen strebte, wie er es mir beneidete!«
    »Ich weiß, ich weiß!« sprach Rasinski. »Es ist ein Dunkel in seiner Seele, das alle Flammen des brennenden Moskau nicht zu erhellen vermögen! Hat er euch von dem Briefe an mich gesagt?« – »Kein Wort.« – »Doch er muß ihn gerade einen Tag vor euerer Ankunft geschrieben haben.« – »Was enthielt der Brief?« fragte Boleslaw.
    »Höre.« Rasinski nahm den zusammengefaltenen Brief aus seinem Portefeuille und las:
    »Rasinski! Du warst mein zweiter Vater; – ich nenne Dich heute zum letzten Male mit diesem teuern Namen; denn von nun an wirst Du nur noch mein Befehlshaber sein; das darfst Du; denn die Ehre des Soldaten habe ich nicht verloren. Doch bitte ich Dich noch um einen letzten Dienst Deiner alten, väterlichen Freundschaft. Sende diesen Brief an Lodoiska. Dreimal schrieb ich ihr reuig, flehte um ihre Vergebung; es geschah noch in den verwirrenden Träumen der Krankheit; aber ich vernichtete die Briefe wieder, ich sandte keinen ab. Die Krankheit ist gewichen; jetzt weiß ich, was ich tue, und handle, wie ich muß. Jaromir.«
    »Und was schreibt er an Lodoiska? Ich bitte dich, verhehle mir das nicht«, fragte Boleslaw hastig und schien zu zittern. Rasinski entfaltete einen zweiten Brief und las:
    »Lodoiska! Geschieden sind wir auf ewig, aber durch meine Schuld. Wirf meinen Ring in den Strom; ich schleuderte den Deinigen in einen tiefen Abgrund! Antworte mir nicht; denn Du könntest mir im Übermaß Deiner Himmelsgüte vergeben wollen; ich aber darf mir nicht vergeben lassen. Mich strafe denn auch die Qual Deines ewigen Schweigens, wie ich mich auf ewig aus Deinem Angesicht verbanne! Jaromir.«
    Boleslaw heftete die düstern Blicke sprachlos auf den Boden; ein furchtbarer Strom kämpfender Gefühle regte die Fittiche in seiner Brust. Jaromir zerriß das Band; das ihn an Lodoiska knüpfte! Ein Stern der Hoffnung glänzte zwischen finsterm Wettergewölk und warf seine milden Strahlen in Boleslaws Herz. Sollst du aus demselben Becher die berauschende Seligkeit trinken, der den Freund vergiftet! Indem deine Lippe seinen Rand mit schaudernder Wonne berührt, erbleicht die des Freundes und schließt sich auf ewig! Nein, Boleslaw. Sei es die schwarze Natter der Schuld, die ihre Ringe um seine Brust schlägt; seien es düstere Träume, die seine Seele in ihre verworrenen Gewebe beklemmend einspinnen, dir darf keine Blüte aufsprießen aus dieser unheilvollen Saat! Sei ein Mann! Wende den Blick ab von der Himmelspforte, die sich dir zu öffnen scheint! Es ist ein Trugbild; du darfst nicht eintreten; der rosige Morgenschimmer, in den du deine

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