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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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und Kamerad tun. Doch weg mit euerm Gelde. Was sollte es uns auch hier helfen? Von dem Zeug haben wir genug.« – »Ihr seid ein Ehrenmann; so nehmt wenigstens einen Händedruck für euern guten Willen.«
    Der Sergeant reichte ihm schweigend, aber mit einem gutmütigen Blick die Hand. »Hier sind wir am Ziel«, sprach er und öffnete eine mit Eisen beschlagene Tür, von der etwa zwanzig Stufen abwärts führten. Dann wandte man sich in einen Gang zur Rechten, eine zweite Tür wurde aufgeschlossen, und Ludwig und Bernhard betraten mit einem innern Schauer ihr Gefängnis, das sich sofort hinter ihnen schloß.
    Es war ein feuchtes, kaltes Gewölbe, in das nur eine durch ein Eisenkreuz geschlossene runde Öffnung, kaum von der Größe eines Menschenkopfes, spärliches Licht hineinwarf. »Verfluchtes Loch,« murmelte Bernhard zwischen den Zähnen; »kalt wie ein Eiskeller, und doch dabei feucht! Sieh nur, wie alle Wände mit einem fingerhohen Reifteppich bedeckt sind! Ein so widriger dumpfer Geruch!« Er ging tappend umher. »Sollte man uns hier wirklich auf dem nackten Stein liegen lassen? Nicht die Spur eines Lagers ist zu treffen. Ein Glück, daß wir die Mäntel anhaben, sonst könnten wir, ehe die Sonne untergeht, hier erfrieren.« – »Ich hoffe, wir werden noch früher unsere Freiheit erhalten«, sprach Ludwig in einem Tone, dem er den Ausdruck tröstenden Zutrauens zu geben suchte. »O Bernhard! Dieser Kerker scheint mir nicht fürchterlich! Aber der Gedanke, daß ich dich, den ganz Unschuldigen, in alle diese Strudel eines verworrenen Geschicks mit hineingerissen habe, nur weil du mir eine hilfreiche Hand entgegenstrecktest, um mich zu retten –« – »Um dich mit plumper, ekelhafter Dummheit vollends hineinzustoßen, während du ohne meine unberufene Torheit wahrscheinlich jetzt auf dem Trocknen säßest«, unterbrach ihn Bernhard fast wild. »Sei kein Kind, Ludwig«, fuhr er sanfter fort. »Willst du dir am Ende noch Vorwürfe darüber machen, daß du die Sterne unsers Schicksals nicht am Draht lenken kannst? Willst du verantwortlich sein von jetzt bis in alle Ewigkeit für das, was mir begegnet? Und doch knüpft sich nur eine Ursache an die andere, und wenn ich in fünfzig Jahren am Keuchhusten sterbe, so kannst du mir beweisen, daß du daran schuld bist, weil du auf dem Simplon im Jahre 1812 deine Pflicht tatest gegen eine schöne, bittende Unglückliche.« Ludwig blickte finster vor sich hin und schwieg. »Schließ doch einmal die verfluchte Rechnung ab!« fuhr Bernhard fort. »Es könnte mir zuletzt noch glücklich gehen, und ich wäre dir dann für ewig zum Dank verpflichtet und dürfte kein Glas Wein mehr trinken, ohne mich gegen dich zu verbeugen und zu sagen: Siehst du, wäre ich nicht damals mit dir nach Rußland gegangen, so hätte ich nicht mit dir heimkehren können, und wäre ich nicht heimgekehrt, so hätte ich das große Los nicht gewonnen, und hätte ich das große Los nicht gewonnen, so hätte mich die schöne Prinzessin nicht geheiratet, und hätte ich sie nicht geheiratet, so säße ich jetzt nicht hier in meinem Prachtsaal, und – kurz ich will dir eine Kette von Ursachen und Wirkungen schmieden, die vom ersten Schöpfungstage bis zum Jüngsten Gerichte reichen soll!«
    »Deine freundlichen Verhüllungen werden mich an der Wahrheit nicht irremachen«, antwortete Ludwig bewegt. »Ich sehe diese Kerkerwände an, und messe die Weite zwischen hier und der Heimat – und ich weiß nicht, aber ich fühle es, was und wer dich hierher gebracht!«
    »Ich fühle nicht, aber ich weiß, daß ich dich herschleppte mit meinen Dummheiten in Dresden! Aber du verlangst vielleicht gar, ich sollte dich ruhig stecken lassen in der Wolfsgrube und davonschleichen, nachdem ich dich hineingetölpelt hatte? Donnerwetter! Jetzt schießt mir's auf! Wäre ich nicht ein Lamm, ich könnte wild darüber werden! Seh' ich das Ding recht an, so willst du mir auf eine feine, aber desto boshaftere Weise nur Vorwürfe machen. Doch vergeblich, guter Freund! Mein Gewissen ist ein Krokodilspanzer, eine Rhinozeroshaut; ich sage dir, es ist mit eichenen Bohlen verkleidet und schuß- und feuerfest dazu. Glaubst du, ich werde mich für alle Sünder verantwortlich machen, die unvermutet und ohne Beichte in die Hölle fahren, weil sie von dem nachstürzenden Kiesgerülle, auf dem mein Fuß zufällig oder ungeschickt ausglitt, zerschmettert werden? Sowenig, wie ich den Urerzvater Adam anklage, wenn ich einen dummen Streich begehe,

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