Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
Vom Netzwerk:
Arme auf Ludwigs Schulter und zog den schmerzenden Fuß krampfhaft an sich.
    Da klirrten die Riegel der äußern Pforte und man kam die Stufen hinab. »Nun, geholfen hat es wenigstens!« rief Bernhard; »so soll es mich auch nicht gereuen.« Erwartungsvoll hielten beide ihre Blicke auf die Tür gespannt, die, so hofften sie, sich ihnen zur Freiheit öffnen werde. Der Sergeant trat mit seinen Leuten ein. »Ich habe Befehl, euch zum Verhör abzuführen,« sprach er ernst; »folgt mir.«
    Von den Soldaten begleitet, verließen sie den Kerker. Sie wurden über den Hof geführt. »Habt ihr meine Bitte erfüllt?« fragte Ludwig den Sergeanten halblaut. Doch dieser deutete ihm durch ein stummes Zeichen an, daß er schweigen müsse. Jetzt fing Ludwig an zu fürchten, daß seine gerechte Sache doch einen bösen Ausgang nehmen werde. Rasinski konnte nicht benachrichtigt sein, sonst würde er schon Schritte zu ihrer Befreiung getan haben. Der Kaiser war in der Stadt; ohne allen Zweifel wäre er diesen selbst angegangen. Mit diesen Gedanken beschäftigt, folgte Ludwig mechanisch seinem vorangehenden Führer die Treppe im Vorderhause hinauf, wo man ihn und Bernhard in ein großes, gewölbtes Zimmer führte. Auf einem Tische am Ende desselben brannte Licht. Im ersten Augenblick verloren die Eintretenden fast die Besinnung, denn das Zimmer war sehr stark geheizt, und da sie selbst dem Erstarren nahe waren, wirkte die plötzliche Hitze so heftig auf sie. Der Sergeant bemerkte es; er hieß sie, sich auf eine Bank setzen, die in die Wand eingelassen war, und dort bleiben, bis er zurückkehre. Die drei Mann ließ er zur Wache bei ihnen und trat in ein Nebenzimmer.
    »Habt ihr nicht einen Bissen Brot, Kameraden?« fragte Bernhard; »wir sinken fast um vor Hunger. Ich will es euch gut bezahlen!« Nach einigem Zögern langte einer der Leute ein Stück schwarzen Brotes aus der Tasche, brach es durch und reichte Bernhard die Hälfte. »Nehmt! aber mehr kann ich euch nicht geben. Dies ist alles, was ich besitze, und wer weiß, ob wir morgen noch etwas geliefert erhalten.« Bernhard wollte ihm ein Goldstück geben. »Ich bin unterm Gewehr,« antwortete der Soldat; »ich darf kein Geld nehmen. Behaltet!« In diesem Augenblick trat der Sergeant wieder ein. Er sah Bernhard, der eben das Brot mit Ludwig teilte, an und fragte: »Von wem habt ihr das Brot?« – »Von mir«, sprach der Soldat fest und trat mit angezogenem Gewehr vor. – »Du bist brav, Cottin, aber du hast unrecht getan. Ich will nichts gesehen haben. Du bleibst als Schildwache draußen vor der Tür stehen; ihr andern tretet ab und geht in die Wachtstube hinunter.« Die Soldaten verließen das Zimmer.
    »Ich habe euern Auftrag nicht erfüllen können,« redete der Sergeant jetzt Ludwig an; »denn der Graf Rasinski ist mit seinen polnischen Lanciers befehligt worden, sogleich zum Korps des Marschalls Ney zu stoßen. Er war schon seit zwei Stunden fort, als ich ihn aufsuchte.« Diese Nachricht traf beide wie ein lähmender Schlag. Ludwig erblaßte und sah Bernhard an; selbst dieser hatte die Fassung verloren. Indem schellte es im andern Zimmer. »Ich muß euch hineinführen,« sprach der Sergeant zu Ludwig; »ihr sollt zuerst vernommen werden.«
    »Bernhard!« wandte sich dieser zu dem Freunde; »du kannst dich retten; versprich mir, daß du es willst. Werde ich hier ein Opfer der Rache eines Elenden, so bedenke, daß du der Bruder meiner Schwester sein mußt. Ich sterbe ruhig, wenn ich dich gerettet weiß.« – »Kopf über Wasser, Freund!« entgegnete Bernhard, ohne die von Ludwig dargereichte Rechte zu fassen. »Wer will dich verurteilen? Gib ihnen nicht eine Silbe zu.« – »Ich werde die Wahrheit, die volle Wahrheit sprechen,« rief Ludwig fest; »diesen Unwürdigen gegenüber bin ich zu stolz auch zu der kleinsten Lüge. Aber versprich mir –«
    »So antworte gar nicht; fordere den Beweis ihrer richterlichen Gewalt.« – »Versprich mir«, unterbrach ihn Ludwig dringend. – »Fort, fort,« rief der Sergeant; »wir dürfen nicht säumen.«
    »O, Bernhard!« rief Ludwig schmerzlich, denn er verstand ihn wohl. »O Bernhard! – Nun wohl denn! Mein Leiden hat das höchste Maß erreicht; es ist nichts mehr zu verlieren als Ehre und Männlichkeit, und die soll mir kein Verhängnis rauben.« Mit diesen Worten schritt er, sich rasch und entschlossen losreißend, mit wiedergewonnener voller Kraft durch den Saal.
    Bernhard blieb allein. Er hielt das noch unverzehrte Stück Brot in

Weitere Kostenlose Bücher