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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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Tür nach den Gemächern der Gräfin verschwand. Bernhard und Ludwig begaben sich nach ihrem Schlafzimmer.
    Im Vorsaal wartete Willhofen, der ihnen zum besondern Dienst beigegeben war, und leuchtete ihnen durch den Korridor nach ihrem Gemache. Als sie eingetreten waren, redete ihn Ludwig an: »Freund, treuer, redlicher Diener meines Vaters, wirst du seinem Sohne ebenso anhängen wie ihm?« – »Ach Herr,« rief Willhofen freudig, »schon weil ihr ein Deutscher seid, weil ihr meine Sprache redet, würde ich alles für euch tun. Aber darf ich offen ein Wort wagen? Liebe Herren, euere Sachen stehen gefährlich hier – der Graf und die Gräfin denken anders als die Fürstin; sie ist eine engelgütige Frau.« – »Willhofen,« sprach Ludwig, »wir verbergen uns unsere Gefahr nicht, und eben du sollst uns Rat geben, wie wir ihr entgehen. Du weißt zuviel, um nicht alles zu wissen; die Fürstin ist die Schwester meines Freundes und meine Verlobte. Sie ist entschlossen, uns nach Deutschland zu folgen. Ist das jetzt oder bald möglich zu machen?«
    »Möglich ist es freilich,« antwortete Willhofen; »aber sehr schwer. Meint ihr denn, wenn es so leicht wäre, ich würde nicht längst geflüchtet sein? Nur deshalb nahm ich ja in meinen alten Tagen die Waffen wieder, um der deutschen Grenze nahezukommen; denn ich hoffte, Gelegenheit zur Flucht zu finden. Bis jetzt aber ist es durchaus unmöglich gewesen, und vollends nun, da der Landsturm der Bauern, die Kosaken und die französischen Heere rings alles bedecken. Wem wir auch in die Hände fallen, wir sind verloren! Ich sage wir , liebe Herren, denn ihr duldet doch, daß ich mit euch flüchte?« – »Wir hoffen es, Lieber«, entgegnete Ludwig. – »Machst du unsere Flucht möglich, Freund,« sprach Bernhard, »so sollst du ein sorgenfreies Alter in Deutschland zubringen.«
    »O Gott,« rief der Alte, »wenn die Abendsonne meines Lebens doch noch heiter unterginge! Ich werde versuchen, was möglich ist. Bei der Gräfin gelte ich etwas; ich will sehen, ob sie mir ihr Vertrauen schenkt, denn vor allen Dingen müssen wir erfahren, ob sie Böses vermutet. Ist ihr Argwohn schon erwacht, dann haben wir keine Zeit zu verlieren; so können wir nur mit jedem Tage der Zögerung gewinnen.« – »Tue, was du vermagst, Lieber,« sprach Ludwig, »und bringe uns Nachricht, sobald es möglich ist.« Willhofen ging.
    »Wird unsere Nacht süß oder unruhig bewegt sein?« fragte Ludwig, als er sich mit Bernhard allein sah. »Freund, welch ein Tag war dies!« – »Auf der Erde bin ich wenig gewesen, aber zwei-, dreimal in der Hölle und im Himmel«, erwiderte Bernhard. »Jetzt aber, ich muß dir's gestehen, sind alle Nerven meiner Seele so abgespannt und abgestumpft wie mein Körper, in den ich nachgerade die Müdigkeit des Todes einschleichen fühle. Das Schicksal mit seinen Donnern und Blitzen hat mich jede Viertelstunde aus dem Schlafe geschreckt. Aber du weißt, es kommt eine Stunde, wo der Ermattete von dem betäubenden Krachen einer neben ihm herabstürzenden Lawine weder geschreckt noch geweckt wird. Jetzt bin ich so weit; ich könnte wie einige Leute, die in Todesmüdigkeit auf dem Marsch hingesunken waren, die Räder eines Zwölfpfünders gegen meine Füße anfahren sehen und es doch nicht der Mühe wert halten, sie auf die Seite zu ziehen.«
    Ludwig, der nur von gewaltigen Erschütterungen des Gemüts bewegt worden war, aber körperlich fast gar keine Anstrengungen gehabt hatte, fühlte sich nicht so erschöpft. Erschreckend sah er daher Bernhard unter dem Sprechen bleich und bleicher werden, und gewahrte an seiner absterbenden Stimme, daß die Besinnung ihn verlasse. Rasch sprang er daher auf ihn zu, faßte ihn in seine Arme und rief: »Bernhard, was ist dir? Du bist krank!«
    »Nein – Lieber – aber ganz – zerschmettert –«, antwortete er mühsam in abgebrochenen Worten und sank in den Armen des Freundes zusammen. So war denn endlich auch die erschöpfte Kraft dieses Starken, der bis jetzt durch die äußerste Anspannung seines Geistes der Natur getrotzt hatte, gebrochen. Sanft trug ihn Ludwig auf die Ruhestatt und überließ es dem Schlummer, ihn mit seiner stärkenden Kraft neu zu beleben. Bald sank auch er in süße Ermattung und Betäubung, die kaum von dämmernden Traumbildern unterbrochen wurde.
    Als er erwachte, war es heller Tag und ein blendender Strom des Lichts drang in sein Auge. Willhofen stand vor ihm und sprach lächelnd: »Ihr habt einen gesunden Schlaf,

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