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1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

1812 - Ein historischer Roman (German Edition)

Titel: 1812 - Ein historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Rellstab
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Marie,« antwortete Rasinski, »so seid ihr verloren, wenn ich öffne; denn das Haus ist voll Franzosen. Reitet ja eiligst zurück.« – »Teufel!« rief es draußen. »Wieviel sind ihrer?« – »O, soviel das Haus fassen kann. Über fünfzig, Herr, und viele Offiziere!«
    »So schweig bei deinem Leben. In einer halben Stunde müssen meine Leute heran sein. Ich eile ihnen entgegen. Was dieses Haus an Feinden verbirgt, muß in unsere Hände fallen. Ist der Ort auch noch besetzt?«
    »Ich weiß es nicht, Herr! Vielleicht sind sie schon aufgebrochen!« »So müssen wir eilen! In einer halben Stunde sind wir wieder hier. Halte deine Gäste ja so lange auf!« Mit diesen Worten entfernten sich die Reiter. Vorsichtig horchte Rasinski, bis der Hufschlag der Pferde sich verlor; dann rüttelte er die Freunde aus dem Schlafe auf. »Was gibt's?« fuhr Bernhard empor. – »Der Feind ist uns auf der Ferse«, antwortete Rasinski. »Eilt, wir müssen augenblicks fort und hinunter in den Flecken und alles wecken, was noch nicht wach ist. In einer halben Stunde rücken die Kosaken heran.«
    Diese Worte brachten die Schlaftrunkenen zur vollsten Besinnung. Ehe drei Minuten vergingen, hatte sich alles aufgerafft und war zur Wanderung durch die grimmige Winternacht bereit. Der Wirt mußte herbeischaffen, was er von Lebensmitteln und Branntwein besaß, um es zu teilen und mitzunehmen. Der zitternde Greis ergriff Rasinskis Hand und sprach: »O, Herr, wie wird mir's ergehen! Wird man mich nicht für einen Verräter halten und Rache an mir nehmen?« – »Nein, Alter, gewiß nicht,« erwiderte Rasinski; »sprich die volle Wahrheit, sie wird dich schützen. Doch halt – ich will dich noch sicherer stellen.« Er nahm ein Blatt aus seiner Brieftasche und schrieb mit Bleistift französisch folgende Worte darauf: »Herr Kamerad! Es lag nur an uns, Sie zu unserm Gefangenen zu machen, wenn wir hinterlistig öffneten. Wir wollten aber nur unsere Rettung; denn die Opfer dieses Kriegs zu mehren erscheint nur als Grausamkeit. Werfen Sie keinen Verdacht auf den greisen Wirt dieses Hauses, denn nicht er, sondern ein Offizier, der Ihrer Sprache mächtig ist, sprach mit Ihnen, während alle übrigen im tiefsten Schlafe lagen.« Hierauf faltete er den Zettel zusammen, gab ihn dem Alten und sprach: »Dieses Blatt sichert dich vollkommen. Vergiß deinen Schwur nicht! Bestatte den Toten, den wir dir zurücklassen. Laß ihn in dem Gewölbe euerer Kirche beisetzen. Nimm diese Börse, sie wird dir die Mittel dazu und überdies einen reichlichen Lohn gewähren. Vielleicht vergönnt es mir der Friede, bald zurückzukehren. Kannst du mir dann den Sarg mit dem teuern Leichnam zeigen, so sollst du zehnfach soviel Gold empfangen. Jetzt leb wohl, Alter! Der Himmel segne dich, wenn du dein Versprechen redlich erfüllst.«
    Alle waren bereit; man brach auf, Rasinski schritt voran. Schwarze Nacht umhüllte die Erde. Rings eine lautlose Stille; nur das Knistern des Schnees unter den Füßen der Wanderer war zu hören. Niemand sprach, denn die schneidende Kälte machte jeden Atemzug schmerzlich. Das Antlitz so dicht als möglich verhüllt und verbunden, schritt jeder, nur mit sich selbst beschäftigt, in stummem Grauen vor sich hin.
    Als sie an die ersten Hütten des Fleckens kamen, fanden sie die Türen offen, die Häuser leer. Man war schon aufgebrochen. »Es scheint, wir sind allein zurückgeblieben und haben den Feind nahe auf den Fersen«, sprach Rasinski zu Bernhard. »Wir müssen unsere Schritte beschleunigen, damit wir jenseits den Wald erreichen; dort finden wir wohl Schutz genug, selbst wenn der Tag anbricht.« Die eine ruhige Nacht hatte die Kräfte der Wandernden so gestärkt, daß sie neuen Beschwerden gewachsen waren. Nur die entsetzliche Kälte packte diejenigen, deren Kleidung nicht dicht genug war, mit zu mörderischer Gewalt an, zumal als sie jenseit des Fleckens in freiem Felde eine kleine Anhöhe hinanstiegen. Bald trafen sie die Spuren des Heeres; denn der Fuß stieß im Finstern häufig an Leichen, die, zu Stein erstarrt, mitten im Wege lagen. Mit grausender Brust schritten sie daran vorüber, und niemand wagte dem Nächsten seine Empfindungen zu enthüllen. Doch trug jeder das bange Gefühl der Angst in sich, vielleicht bald selbst erschöpft auf diesen unwirtbaren Boden niederzusinken und in den eisigen Armen des Winters fürchterlich zu erstarren.
    Rasinski, der diese Gegend genau kannte, bog von der großen Straße ab, um Smorgoni auf einem

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