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1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

Titel: 1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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musste er den Kopf einziehen, um nicht gegen den Türbalken zu stoßen.
    Er warf einen belustigten Blick auf den schnarchenden Mann im Bett und die im Raum verstreuten Utensilien, sammelte die Waffen ein und legte sie auf den Tisch, außer Reichweite des Schlafenden.
    Dann rief er laut und fröhlich: »Guten Morgen, Monsieur! Würden Sie die Güte haben, sich anzuziehen, mir Ihren Säbel übergeben und mich zu Ihrer von uns gefangen genommenen Einheit begleiten?«
    Seine Stimme war kräftig genug, um auf den Überrumpelten die Wirkung eines Trompetensignals zu haben. Der Mann, ein nicht sehr großer, dicklicher Offizier namens Mercier, wie Colomb von seinen Spähern wusste, fuhr auf, versuchte zu erfassen, was vor sich ging, und starrte den hochgewachsenen Husaren mit den scharf geschnittenen Gesichtszügen wütend an.
    »Was sind das für geschmacklose Scherze?«, entrüstete er sich. »Skandalös, was ihr Rheinbündler euch neuerdings herausnehmt! Hat man euch nicht beigebracht, wie man sich in einer Großen Armee benimmt?«
    »Das hat man durchaus, Leutnant«, bekräftigte Friedrich August Peter von Colomb grinsend. »Allerdings muss ich Sie darauf aufmerksam machen, dass ich kein Rheinbündler bin, sondern
preußischer
Husar.«
    Genau genommen war er Ostfriese in preußischen Diensten, aber das ging den Mann nichts an.
    Verwirrt blinzelte Mercier. »Seit wann sind hier
Preußen?
Die haben wir doch bis nach Schlesien zurückgetrieben. Hat Preußen etwa die Allianz mit den Russen aufgekündigt und ist auf unsere Seite übergewechselt?«
    »Das wird niemals geschehen, versichere ich Ihnen«, widersprach Colomb. »Dies ist eine Streifschar im Hinterland des Feindes unter meinem Kommando. Wir nahmen heute Nacht all Ihre Männer gefangen, beschlagnahmten Pferde und Ausrüstung. Ich fordere Sie also nochmals auf, sich anzukleiden und mir zu folgen. Sie wollen doch nicht, dass wir auf französische Truppen stoßen und es zum blutigen Kampf kommt? Bisher verlief unser Einsatz nämlich für beide Seiten ohne Verluste.«
    Er folgte den Blicken des dicken Leutnants und hob warnend eine Hand: »Ihren Burschen werden Sie hier nicht finden, und Ihre Waffen habe ich mir erlaubt, in meine Nähe zu bringen.« Lässig deutete er auf Merciers Pistole und Säbel auf dem Tisch. »Ich wollte Ihnen nur die Möglichkeit einräumen, sie mir in aller Form und Ehre zu übergeben. Also ziehen Sie sich endlich an! Sonst führe ich Sie im Nachthemd ab.«
    Sein aus dem Schlaf gerissener Gefangener konnte so viele unerwartete Enthüllungen auf einmal nicht gleich fassen.
    »Preuße?«, wiederholte er ungläubig und musterte sein Gegenüber.
    »Mon Dieu, Sie sehen aus … wie Blücher … Sind Sie etwa Blüchers Sohn? Oder sein jüngerer Bruder?«
    »Sein Schwager«, meinte Colomb trocken, was Mercier für einen geschmacklosen Scherz hielt.
    Doch es stimmte. Friedrich August Peter von Colomb war Rittmeister des 3 . Preußischen Husarenregiments, Ende dreißig und – wie man es angesichts seiner ostfriesischen Herkunft erwarten durfte – groß, hellhaarig und blauäugig. Abgesehen von der Haarfarbe hätte er sofort als jüngere Ausgabe Blüchers durchgehen können: der gleiche Schnauzbart, die langen Koteletten, das markante Profil. Aber Blücher war tatsächlich sein Schwager, der dreißig Jahre ältere Ehemann von Colombs Schwester Amalia, von ihrem Mann liebevoll »Malchen« genannt.
    Dem Rittmeister würde es allerdings im Leben nicht einfallen, mit seiner verwandtschaftlichen Beziehung zu dem preußischen General zu prahlen. Sie standen sich nicht übermäßig nahe, und es wäre gegen die Ehre des Ostfriesen gegangen, durch Empfehlung statt durch eigene Taten Karriere zu machen.
    Nur einmal – vor knapp drei Wochen, im Hauptquartier in Meißen auf dem Rückzug nach der Schlacht von Großgörschen – war er mit einem Vorschlag, einer Bitte, vor seinen Vorgesetzten Blücher getreten.
    Weil bei Kriegsbeginn in seinem Regiment kein freies Kommando zu haben war, hatte Peter von Colomb vor der Wahl gestanden, entweder im Hinterland die von der Mobilmachung erfassten Rekruten auszubilden oder eine Eskadron Freiwilliger Jäger zusammenzustellen und in den Kampf zu führen. Sofort entschied er sich für die Eskadron Freiwilliger, stellte in Schlesien binnen weniger Wochen ein Korps aus Husaren und Jägern auf und schaffte es, aus dem zusammengewürfelten Haufen von Militärs und patriotisch gesinnten Zivilisten eine schlagkräftige Truppe zu

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