1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)
legten die mehr als fünfzig Rheinbündler die Waffen nieder, ohne einen einzigen Schuss abgegeben zu haben. Ein Leutnant wollte zu Pferd fliehen und die Kolonne vom Überfall benachrichtigen, aber einer von Colombs Husaren holte ihn rasch ein und brachte ihn zurück.
»Werfen Sie die Gewehre auf den Wagen und folgen Sie uns!«, befahl der Rittmeister den überrumpelten Gegnern. Sie mussten von der Straße weg, bevor die französische Nachhut kam.
Also führten seine Männer die Gefangenen und die erbeuteten Wagen den Berg hinauf in den Wald. Aus der Deckung der Bäume heraus sahen sie unten auf der Straße ein weiteres Bataillon Infanterie entlangziehen, dessen Männer gelangweilt in die Gegend starrten, ohne sie zu entdecken.
Colomb, anfangs noch beunruhigt, weil diese Überzahl ihnen gefährlich werden könnte, lachte schließlich angesichts der Sorglosigkeit der Kolonne, die wohl erst heute Abend bemerken würde, dass ihr eine ganze Abteilung verlorengegangen war.
Er führte seine Männer, Beute und Gefangene – Württemberger, wie sie inzwischen wussten – in das Dorf Großbockedra, ließ dort halten und stellte sich vor ihnen auf.
»Sie sind meine Gefangenen, aber Sie sind auch Deutsche«, rief er. »Ich bin froh darüber, dass heute kein deutsches Blut zwischen uns vergossen wurde. Sie können Ihr Eigentum behalten; wir werden Ihnen nur das Eigentum Ihres Königs abnehmen. Sofern Sie mir einen Eid schwören, dass Sie nicht wieder gegen die Alliierten kämpfen, entlasse ich Sie aus der Gefangenschaft, und Sie können nach Hause gehen.«
Die Reaktion der entwaffneten Württemberger war ziemlich überraschend.
»Nichts lieber als heim!«
»Wir haben es satt, für Bonaparte zu kämpfen!«
Dutzende solcher Rufe vermischten sich zu einem Tumult.
Der Anführer der Württemberger, ein Leutnant Seifferheld – jener, der noch zu Pferde hatte fliehen wollen –, brachte seine Männer nur mit einem scharfen Befehl zur Ruhe.
»Sie stellen uns die üblichen Papiere aus?«, vergewisserte er sich.
Colomb bestätigte und beorderte erneut seinen Leutnant Eckardt zu sich, den Justizrat, um sich beim Ausfüllen der Revers unterstützen zu lassen.
»Ich kann es kaum glauben – die bedanken sich noch bei uns!«, sagte Richard fassungslos, als sich die entlassenen Gefangenen sichtlich froh für den Abmarsch sammelten. »Na, das nenne ich aber Treue zum Kaiser!«
Er grinste breit und hätte am liebsten laut losgelacht: vor Erleichterung darüber, dass er diesen Tag überlebt hatte, und vor Freude über seinen ersten bestandenen Einsatz, der so großartige Früchte trug.
Felix hingegen lächelte nur ein wenig in sich hinein, während er seiner Stute anerkennend den Hals klopfte, mit der er sich mit jedem Tag besser verstand.
»Das wird sich herumsprechen«, meinte er. »Vermutlich wird uns nun bald jeder Deserteur im Umkreis von fünfzig Meilen heimsuchen und den Rittmeister bitten, ihm einen Schein auszustellen, der seine Gefangennahme bestätigt. Das erspart ihnen das Exekutionskommando, falls sie erwischt werden.«
»Das war so einfach, ein Kinderspiel. Ein richtiger Spaß! Komm, schauen wir mal, was wir für Beute gemacht haben«, schlug Richard vor und schob ihn zu den beschlagnahmten Wagen: zwölf Vierspänner und ein Marketenderkarren.
Die Dorfbewohner hatten sich inzwischen allesamt eingefunden. Schon das Schauspiel mit der Entlassung der gefangenen Rheinbündler wollte sich niemand entgehen lassen. Hemmungslos bejubelten sie den Rittmeister nach seiner Ansprache, und noch lauter jubelten sie, als er acht Wagen mit französischen Uniformteilen in Flammen aufgehen ließ.
Für diesen Jubel gab es nicht nur patriotische, sondern auch praktische Gründe. Das Eisen, das in der Asche liegen würde, ließ sich mit gutem Gewinn verkaufen.
»Sie haben es wirklich satt mit der Grande Armée«, meinte Felix zufrieden und wies mit dem Kopf auf die Dorfbewohner. »Die Frucht ist reif. Es ist Zeit für die Ernte. Vielleicht können wir doch mehr bewirken, als ich anfangs dachte. Der Rittmeister ist ein schlauer Fuchs.«
»Das klingt fast, als hättest du dich mit den Preußen ausgesöhnt«, spottete Richard.
Unsicher zog Felix die Schulter hoch. »Jedenfalls Colomb ist ein guter Mann. Und seine Leute sind es auch. Auch wenn ich hieran noch keinen Anteil habe … ein wenig stolz bin ich schon, dabei zu sein.«
»Und wenn du Fräulein Henriette
davon
erzählst, wird sie gar nicht anders können, als in dir einen
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