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1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

Titel: 1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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ihr Land übernahmen, keine entwürdigenden Prügelstrafen mehr in der Armee, Beförderung nach Leistung, nicht nach Stand, Bildung eines Generalstabes …
    Dafür nahm er sogar wortlos hin, dass er auf französischen Druck vom Amt des preußischen Kriegsministers zurücktreten musste. Einen »Meister des Schweigens« nannten ihn deshalb seine Freunde.
    Ganz anders als Blücher, der aus seinem leidenschaftlichen Herzen nie eine Mördergrube machte und den die Vorwürfe nicht im Geringsten beeindruckten, seine und Wittgensteins Proklamationen hätten wegen ihrer forschen Sprache am sächsischen Hof für Verärgerung gesorgt. Die Schranzen am Hof in Dresden kümmerten ihn nicht.
    »Und der Wittgenstein, wat trieb der eigentlich jestern die ganze Zeit hinter die Linien, statt vorn die russischen Truppen zu kommandieren?«, murrte der Siebzigjährige weiter. »Seit wann führt man eine Armee von hinten? Hat der nix von Bagration gelernt? Der Kerl taugt nicht zum Oberbefehlshaber! Obwohl …«, nun machte er eine abfällige Handbewegung, »… wenn sogar
zwei
gekrönte Häupter herumstehen und das Kommando in der Schlacht führen wollen, ohne groß etwas davon zu verstehen, kann ja nix herauskommen.«
    Ächzend stemmte er sich hoch, strich sich durch das weiße Haar und knöpfte seine Uniformjacke zu. »Erklären wir den Kindern mal, weshalb wir retirieren, obwohl wir angeblich jesiegt haben«, knurrte er. »Nur aus Munitionsmangel – und bloß bis an die Elbe und keinen Schritt weiter!«
    Nun konnte sich Scharnhorst ein sarkastisches Lächeln nicht verkneifen.
    »Seine Majestät wird sehr erleichtert sein, das zu hören. Als der Zar ihm gestern im Hauptquartier in Groitzsch mitteilte, dass er sich mit seinen russischen Truppen zurückzieht, um die Kräfte zu sammeln, und wir ihm also folgen müssen, wenn wir nicht aufgerieben werden wollen, da lamentierte er, das kenne er schon, und nicht lange, dann würden wir nicht nur die Elbe, sondern auch die Neiße und die Weichsel hinter uns gelassen haben. Das sei ja wie bei Jena und Auerstedt.«
    Vor Blücher durfte er sich diese bissige Bemerkung erlauben. Sie hatten viele Kämpfe gemeinsam bestanden und kannten beide aus nächster Betrachtung die Schwächen ihres Königs: seine Verzagtheit, seine Unfähigkeit, einen Entschluss zu fassen, die durch die lähmende Trauer über den Tod seiner geliebten Luise noch schlimmer geworden waren. Doch Friedrich Wilhelm war uneitel genug, aus diesen Schwächen eine Stärke zu machen – indem er sich mit klugen Ratgebern umgab und unter dem Druck der Ereignisse auch auf sie hörte.
    »Dafür begeisterte sich Seine Hoheit sehr für die russischen Choräle beim Zapfenstreich«, spöttelte Blücher. »Wird nich lange dauern, bis er so etwas auch für uns anordnet …«
    Auch Scharnhorst stand auf. Unterhalb des Knies war durch Verband und Uniformhose wieder Blut gesickert. Doch jetzt mussten sie gemeinsam vor die Soldaten treten, um den Rückzug zu erklären. Das war unerlässlich für die Moral der Truppen.
    Er hielt es für eine Fehlentscheidung, die in den letzten Wochen glücklich eroberten Positionen in Sachsen wieder aufzugeben. Doch diesmal, das war seine feste Überzeugung, würden sie endlich Preußens und Deutschlands Freiheit und Selbständigkeit erkämpfen. Das Jahr 1813
musste
die Schicksalswende bringen!
    »Werden wohl heute noch jede Menge Orden verteilen, damit’s nach ’nem Sieg aussieht«, meinte Gebhard Leberecht von Blücher. Dann griff er nach seiner Tabakdose, pickte etwas heraus und hielt es Scharnhorst mit listigem Lächeln entgegen.
    Der glaubte seinen Augen nicht zu trauen – und noch weniger seinen Ohren.
    »Die Kugel, die mir jestern in den Rücken traf. Is von selbst rausjefallen. Schick ich meine Frau als Erinnerung«, plauderte Blücher gut gelaunt. Dann deutete er auf Scharnhorsts Verletzung. »Aber Sie sollten sich in Acht nehmen!«
    Der alte General wollte es nicht aussprechen. Doch jeder, der in den Kampf zog, hatte gelegentlich dunkle Vorahnungen, die manchmal ihn selbst, manchmal aber auch einen Gefährten betrafen. Und die überfielen ihn jetzt beim Anblick seines Stabschefs und Freundes.
    »Im Gefecht bin ich ärgerlicherweise vorerst nicht zu gebrauchen«, meinte jener. »Also sprach ich mit Gneisenau, der meinen Platz einnimmt, und breche heute noch zu einer Mission nach Wien auf.«
    Baff vor Staunen ließ sich Blücher wieder auf sein Bett fallen. »Mit den Österreichern verhandeln? Damit die

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