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1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

Titel: 1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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auf den Beinen. Und trauere nicht zu sehr. Was so früh abgeht, wäre meistens nichts geworden. Da hilft die Natur sich selbst.«
    Jette lag auf dem Sofa und starrte an die Decke. Es war wohl die Art der Alten, mit diesen unverblümten Worten zu trösten.
    Wer weiß, wie viele solche Momente sie in ihrem Beruf schon erlebt hatte.
    »War das Kind von Felix?«, fragte Greta leise, als sie mit Henriette allein war.
    Jette schüttelte den Kopf.
    Das erklärt einiges, dachte Greta. Und wirft noch mehr Fragen auf.
    »Darf ich noch bis morgen bei euch bleiben?«, flüsterte Henriette. Dann musste sie auch dieses Haus für immer verlassen. Wenn Felix erfuhr, dass sie schwanger gewesen war, würde er sie verabscheuen. Das könnte sie nicht ertragen.
    Aber jetzt fühlte sie sich zu elend, um sich noch um andere kümmern zu können.

Vorbereitungen
    Leipzig, 15 . Oktober 1813 , französische Kommandantur im Hotel de Prusse am Rossplatz
    R atlos sah der junge Adjutant des französischen Stadtkommandanten auf den dunkelhaarigen Mann, der in unbequemer Haltung im Sessel eingenickt war und weder auf Hüsteln noch auf halblautes Rufen reagierte. Nach einem erneuten verzweifelten Blick zur Uhr auf dem Kaminsims fasste er sich ein Herz und berührte den Schlafenden sacht am Arm, der sofort aufschreckte.
    Der Adjutant sprang einen Schritt zurück und sagte verlegen: » Monsieur Larrey , die Herren vom Leipziger Lazarett-Komitee sind da.«
    Dominique Jean Larrey, Erster Heereschirurg der Grande Armée und Leibarzt Napoleons , rieb sich über das Gesicht, strich sich die dunklen Haare zurück und streckte seinen Rücken durch. Die ganze Nacht bis zum Vormittag hatte er operiert und war jetzt offenbar sofort eingenickt, ohne es zu wollen.
    »Ja. Ja, es ist gut. Danke!«
    »Ich bringe Ihnen Kaffee, doppelt stark!«, versprach der junge Mann beflissen und mit leuchtenden Augen. Die Soldaten verehrten Larrey. Er hatte durchgesetzt, dass Wundärzte und Chirurgen sogar während des Kampfes aufs Schlachtfeld fuhren und sich um die Verletzten kümmerten. Larrey ging selbst mit gutem Beispiel voran. Er hatte »fliegende Ambulanzen« bauen lassen, mit starkem Holz umgebene Wagen, in denen er auf dem Schlachtfeld operierte, nicht selten sogar unter Beschuss. Kompromisslos kämpfte er um seine Verwundeten; wenn es sein musste, ging er sogar bis zum Kaiser, um alles an Vorräten und Leuten zu bekommen, was er für sie brauchte.
    Aus Verehrung und weil er schon vermutet hatte, dass der Arzt nach den blutigen Reiterkämpfen des Vortages kaum zum Schlafen gekommen war, hatte der Adjutant bereits einen starken Kaffee in Auftrag gegeben und brachte ihn herein, noch bevor die Besucher eintreten konnten.
    Genüsslich kostete Larrey von dem bitteren, belebenden Getränk und dankte dem eifrigen jungen Mann. Der ging freudestrahlend hinaus und riss beim Hinausgehen die Tür für die drei Herren auf, die nun das Zimmer betraten.
    »Monsieur Larrey. Multon, Erster Wundarzt von Leipzig«, stellte sich der Größte von ihnen vor, nachdem er sich respektvoll verneigt hatte. Er wirkte genauso erschöpft und übernächtigt wie der französische Arzt. Auf einem seiner Hosenbeine waren Blutspritzer, die er vermutlich nicht bemerkt hatte, als er entschied, nur den Kittel abzulegen und den Gehrock überzustreifen.
    »Herr Kollege«, begrüßte Larrey ihn höflich und stand auf. Dies würde eine kurze Unterredung werden.
    Vorzustellen brauchte er sich nicht, schließlich hatte er das Treffen einberufen. Außerdem galt er als der angesehenste Mann seines Berufsstandes in Europa, nicht nur wegen seiner chirurgischen Fähigkeiten und seiner Untersuchungen über den Typhus, den schlimmsten Feind der Grande Armée seit Austerlitz, sondern auch wegen seiner bahnbrechenden Umgestaltung des Sanitätswesens beim Militär.
    Der Erste Leipziger Wundarzt wies auf den weißhaarigen Mann neben ihm, der in auffallend gutes dunkles Tuch, aber ohne jeden Prunk gekleidet war. Einziges Schmuckstück war eine silberne Brosche am Jabot.
    »Der Kaufmann und Geheime Rat Frege, der die städtischen Lazarette verwaltet und sich sehr für die Armen und das Spitalwesen in dieser Stadt engagiert. Es ist sein Verdienst, dass das Lazarett am Petersschießgraben zu einer Musteranstalt für fünftausend Verwundete eingerichtet wurde. Und dies ist Herr Münchow, einer unserer Stadtschreiber.«
    Der Schreiber trug ebenfalls graue Hosen und einen grauen Reitmantel, doch von deutlich geringerer Qualität

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