1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)
Truppen. In Holzhausen südöstlich von Leipzig, wo seine 2 . Division der Alten Garde stand, ritt er auch das Bataillon der sächsischen Königsgarde unter dem Kommando des jungen Majors Friedrich von Dreßler ab und fragte ihn, an welchen Kämpfen er teilgenommen habe. Stolz notierte der Gardekommandeur in sein Tagebuch, ein paar Worte mit dem Kaiser höchstpersönlich gewechselt zu haben.
Bei Einbruch der Dunkelheit ritt der Kaiser zurück in sein Hauptquartier, das Vettersche Gut in Reudnitz, zufrieden mit sich und seinen Truppen, die er nun alle in Stellung gebracht hatte.
Jeder der Männer in den Biwaks in und um Leipzig traf am Abend vor dem Kampf seine eigenen Vorbereitungen für den Tag der Schlacht, den Festtag des Soldaten. Waffen wurden gereinigt, Uniformen geputzt, Briefe geschrieben, Schulden eingelöst, Gebete gesprochen und Neulinge ermahnt, die Spielkarten wegzuwerfen, weil die sonst Unglück brächten.
Felix war auf der Suche nach den nächstgelegenen preußischen Truppen Richtung Halle marschiert und dort auf Vorposten des Korps Yorck gestoßen.
»Volontärjäger Zeidler meldet sich nach Verwundung zum Dienst zurück!«
»Sind Sie sicher, dass Sie nicht lieber zur Landwehr wollen?«, fragte der Offizier mitleidig und deutete auf Felix’ verkrüppelte Hand.
»Ich kann sehr gut bei den Scharfschützen eingesetzt werden«, widersprach der einstige Bergstudent. »Wo stehen die Eskadrons des Majors von Colomb? Er ist mein Kommandeur.«
»Colomb? Wir haben noch keine Nachricht, ob der Kurier ihn angetroffen und die neuen Marschbefehle übergeben hat. Kann sein, er streift weiter in Thüringen umher. Wenn Sie bei ihm waren, wissen Sie doch, wie schwer er aufzuspüren ist.«
Trotz der Ernsthaftigkeit der Lage musste Felix lächeln. »Dann teilen Sie mich einem anderen Kommando zu!«, beharrte er.
»Sie wollen mit dieser Hand schnell laden und schießen? Beweisen Sie es!«, forderte der Leutnant ihn auf.
Felix fühlte sich an seinen ersten Tag im Streifkorps des Rittmeisters erinnert.
Er verlangte eine Büchse mit gezogenem Lauf, als ihm auf Befehl des Leutnants jemand ein einfaches Gewehr reichte. Waffen mit gezogenem Lauf waren deutlich treffsicherer.
Umgehend bekam er eine in die Linke gedrückt und war nachträglich froh, mit der verletzten Hand viel geübt zu haben. Ohne zu zittern oder Pulver zu verschütten, lud er so rasch, als wäre die Hand noch heil, legte an und traf das vorgegebene Ziel.
Das schien den Leutnant ebenso zu verblüffen wie zu beeindrucken.
»Gehen Sie etwa zweitausend Schritt vor und melden Sie sich bei der Brigade Steinmetz«, wurde er angewiesen. »Die hatten hohe Verluste. Lassen Sie sich dort den Tirailleuren zuweisen und eine Uniform geben!«
So bezog Felix mit dem Korps Yorck von Blüchers Schlesischer Armee Biwak bei Schkeuditz nordwestlich von Leipzig und wurde bei den Tirailleuren zu einem jungen Burschen geschickt, der sich ihm als Philipp Trepte vorstellte.
Nachdenklich betrachtete er dessen Gesichtszüge.
»Ich kannte flüchtig einen preußischen Premierleutnant Trepte. Der war in Großgörschen verwundet worden und wurde zu uns nach Freiberg gebracht, wo wir ihn im Lazarett wieder zusammenflickten.«
»Das ist mein Bruder!«, strahlte ihn der andere an. »Mein älterer Bruder, Maximilian Trepte. So klein ist die Welt! Und jetzt nimmst du den Platz meines
jüngeren
Bruders bei den Schützen ein … Ihn hat es vor zwei Wochen in Wartenburg erwischt, Gott hab ihn selig. Aber wir haben es den Franzosen schon gezeigt, als wir über die Elbe gegangen sind! Und morgen zeigen
wir zwei
es ihnen wieder!«
Maximilian Trepte stand zu diesem Zeitpunkt noch ein nächtlicher Marsch mit dem 2 . Preußischen Garderegiment Richtung Magdeborn südlich von Leipzig bevor. Deshalb nutzte er die Zeit, seinen Eltern zu schreiben. Julius’ Tod lastete sicher schwer auf ihnen. Seitdem hatte er keinen Brief mehr von ihnen bekommen. Deshalb sorgte er sich, auch wenn er sich dadurch zu beruhigen suchte, dass es mittlerweile fast unmöglich war, den Postverkehr aufrechtzuerhalten.
Dass morgen die entscheidende Schlacht beginnen würde, daran hegte er nicht den geringsten Zweifel. »Wir kämpfen für Preußen, für unser Vaterland, und diesmal werden wir den Krieg beenden. Seid also voller Hoffnung! Wir sind es auch. Euer euch liebender Sohn Maximilian.«
Nachdem er den Brief beim Feldpostmeister abgegeben hatte, holte er seinen größten Schatz aus dem Tschako.
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