1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)
Übersetzung schon erschienen?«
Jette lächelte ein bisschen in sich hinein, denn danach hatte er schon gestern gefragt und die gleiche Antwort bekommen. »Wir warten immer noch auf die Druckgenehmigung. Aber die müsste nun jeden Tag kommen. Soll ich Sie auf die Liste mit den Reservierungen setzen?«
»Ja, bitte, Fräulein Gerlach, das wäre sehr freundlich«, brachte Felix unter Aufbietung allen Mutes hervor und rückte verlegen seine Brille zurecht. Rasch strich er auch noch durch sein krauses Haar, aber das ordnen zu wollen war ein vergebliches Unterfangen.
»Neu haben wir den ersten Teil von Hoffmanns
Handbuch der Mineralogie
«, sagte sie, ging zur linken Regalwand und holte das druckfrische Exemplar aus dem Regal. »Kostet acht Groschen.«
Als sie den Band auf den Ladentisch legen wollte, sah sie überrascht, dass Felix den Inhalt seiner Mappe dort ausgebreitet hatte – ein Herbarium. Neugierig beugte sie sich darüber und betrachtete die mit Sorgfalt gepressten und säuberlich beschrifteten Blumen.
»Das sind Zeigerpflanzen, wildwachsende Pflanzen, deren Vorkommen auf ausstreichende Gänge oder bestimmte Bodenschätze schließen lässt«, erklärte er. »Darüber schrieb schon Georgius Agricola vor beinahe dreihundert Jahren, aber jetzt wird das als Wissenschaftsgebiet ganz neu entdeckt.«
Er sah sie mit einem schüchternen Lächeln an. »Wenn Sie möchten, suchen Sie sich die aus, die Ihnen am besten gefällt, Fräulein Henriette.«
Verblüfft starrte Jette erst auf ihn, dann wieder auf die wirklich sehr schön gestalteten Blätter.
»Brauchen Sie die nicht für Ihr Studium?«, fragte sie.
»Was mein Freund eigentlich damit ausdrücken will …«, mischte sich nun breit grinsend Richard ein, der die ganze Zeit beiläufig die Bücherrücken in den Regalen gemustert und dabei die beiden anderen im Raum nicht aus den Augen gelassen hatte. »Er schenkt Ihnen eine Blume – symbolisch sozusagen. Und weil zu dieser Jahreszeit noch keine Rosen blühen und erst recht keine von Novalis’ geheimnisvollen blauen Blumen, ist das Schönste, was ein Bergstudent schenken kann, ein Zeigerpflänzchen. Seien Sie unbesorgt; er weiß sie zu finden und wird sich eine neue suchen, ganz gleich, für welche Sie sich entscheiden. Schließlich ist er ein kluger Bursche.«
Verblüfft sah Jette Felix ins Gesicht und erkannte, dass sie ihn verletzen würde, wenn sie dieses Geschenk zurückwies. Also entschied sie sich für ein paar veilchenähnliche gelbe Blüten.
»Galmeiflora«, murmelte Felix glücklich. Für diese Blüten musste er bis in den Harz wandern. Doch für Henriette war ihm kein Weg zu weit.
»Ich werde sie rahmen und hier aufhängen, das macht doch den ganzen Raum noch hübscher, nicht wahr?«, sagte sie. »Vielen Dank!«
Sie knickste und nahm das Blatt, das Felix ihr wortlos, aber mit strahlenden Augen hinüberschob. Die übrigen Blätter raffte er wieder in seiner Mappe zusammen und wollte sie mit einem grünen Band verschließen. Doch dazu sollte er nicht mehr kommen.
Jäh wurde die Tür aufgerissen, der Major stürmte herein, zog nach einem einzigen Blick auf Felix sofort den Degen und richtete die Klinge auf dessen Brust.
»Ergebt euch! Los, Männer, nehmt ihn fest!«, rief er. »Ein schwarzer Brigant! Wir haben einen von dem Lützower Räuberpack erwischt!«
Ein Dutzend Grenadiere, die mit dem Major gekommen und draußen gewartet hatten, drängte in den Raum.
Zu Tode erschrocken, rissen Felix und auch Richard die Hände hoch. Die Tür zur Druckerei ging erneut auf, und Ludwig stürzte herein, Ahle und Winkeleisen in der Hand – typisches Schriftsetzerwerkzeug, aber durchaus als Waffe zu gebrauchen. Doch angesichts der Szene reagierte er auf die einzig richtige Art und verharrte sofort, was ihm und den anderen vermutlich das Leben rettete.
»Non, non!«, schrie Jette und schob sich mit ausgebreiteten Armen zwischen den Degen des Majors und die beiden Studenten. »Das sind keine schwarzen Briganten, keine Lützower Jäger, Monsieur! Diese schwarze Jacke ist die Uniform der Bergstudenten, Studenten der Akademie! Sehen Sie, sie wollen nur Bücher für ihr Studium kaufen! Schauen Sie auf die Knöpfe, darauf sind bergmännische Symbole, keine militärischen, wie hier!«
Hastig zog sie eines der Bücher aus dem nächsten Regal, das als Schmuck ebenfalls Eisen und Schlegel gekreuzt trug, und warf es auf den Ladentisch.
Der Major blätterte mit der Linken in dem Buch, dann breitete er achtlos die
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