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1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition)

Titel: 1813 - Kriegsfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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sich die Brille am Nasenbügel ein Stück nach oben. »Aber nicht hier und auch nicht, solange ich noch nüchtern bin!«
     
    Die beiden Studenten einigten sich rasch darauf, sich lieber einen großen Krug Bier im Schwarzen Ross in der Petersstraße füllen zu lassen und in ihrem Quartier in der Nonnengasse zu trinken, gleich gegenüber dem Gebäude der Königlich-Sächsischen Bergakademie. Da gab es wenigstens keine Lauscher. Ihre Wirtin, die ansonsten allgegenwärtige Witwe Bernhard mit ihrer spitzen neugierigen Nase, schien außer Haus zu sein. Wahrscheinlich saß sie mit klatschsüchtigen Freundinnen beisammen, trank selbstgemachten Eierlikör und spielte Rommé oder Tarock.
    »Ich erzähl dir mal was über Freikorps und Preußen!«, wiederholte Felix, nachdem sie beide schon einiges Bier getrunken hatten.
    Richard schenkte sich nach und lehnte sich gelangweilt zurück. Was konnte dieser Hänfling aus Anhalt-Köthen, der noch nie eine Waffe in der Hand gehalten hatte, über Freikorps und Preußen schon wissen?
    »Es gab da ein Mädchen in Köthen, sie war wunderschön«, begann Felix, und sein Gesicht nahm einen verträumten Ausdruck an.
    Richard machte sich auf ein Lamento über eine unerfüllte Liebe gefasst und trank noch einen kräftigen Schluck. Sein Freund war meistens zwar recht unterhaltsam und vor allem klug, eine große Hilfe angesichts der schwierigen naturwissenschaftlichen Fächer, aber ganz sicher kein Draufgänger, schon gar nicht bei den Mädchen. Er hätte seinen letzten Knopf verwettet, dass dieser Bursche hier noch bei keiner im Bett gelandet war.
    »Wir Jungs waren alle in sie verliebt und streunten dauernd am Markt herum, um sie vielleicht einmal aus dem Haus treten zu sehen«, fuhr Felix schwärmerisch fort, ohne die gelangweilte Miene seines Freundes wahrzunehmen. »Philippine von Griesheim … Sie war natürlich für uns unerreichbar … die Familie stammte aus Braunschweig, ihr Vater war General. Aber weil ja Braunschweig, Magdeburg und vieles mehr Napoleons Bruder Jérôme und dessen neuem Königreich Westphalen zugeschlagen worden waren, zog die Familie dort weg, und Philippines Vater trat in die Dienste des Herzogs von Anhalt-Köthen. Bald verlobte sie sich mit einem jungen Offizier der herzoglichen Schlossgarde: Albert von Wedell …«
    »Wedell?«, fragte Richard stirnrunzelnd.
    »Genau, du kennst den Namen, wenn du ein wahrer Preuße sein willst!«, gab Felix ungewohnt zornig zurück. »Er und sein Bruder waren Schills Freikorps beigetreten. Und in einer Nacht Anfang Mai 1809 – unser Herzog war feige geflohen – überrumpelte er mit ein paar Gefährten die Stadtwache und eroberte im Handstreich die herzogliche Residenzstadt. Philippine hat ihrem Verlobten dabei geholfen. Am Morgen kam ihr Anführer, Leutnant Leopold von Lützow – ja, noch ein bekannter Name!«, sagte Felix immer noch mit einer Wut, die Richard verwunderte und befremdete. Was war nur in den Kleinen gefahren?
    »Er hat sich später im Streit von Schill getrennt, ging erst zu den Österreichern und dann nach Spanien, um den Aufständischen beizustehen. Jedenfalls, an jenem Tag vor fast genau vier Jahren forderten die Schillschen die gesamte militärische Ausrüstung der Stadt und Geld. Sie erbeuteten mehrere Wagen voll Waffen. Geld aus der Schatulle des Herzogs bekamen sie keines, die hatte der Herzog geleert, aber für die sechshundert Taler aus den städtischen Kassen stellten sie eine ordentliche Quittung aus. Die Leute in Köthen jubelten ihnen zu. Dann zog das Korps nach Stralsund, um dort sein elendiges Ende zu finden. Schill fiel, seine Leute wurden gefangen genommen, ein paar nach Losentscheid hingerichtet, und elf Offizieren, darunter auch Philippines Verlobten und seinem Bruder, hat man den Prozess gemacht. Kurzen Prozess. Auf Befehl Bonapartes und seines Bruders Jérôme, den du albern nennst.«
    Nun schaute er bitter auf seinen Freund.
    »Du kennst die Geschichte so gut wie ich. Das Urteil stand von vornherein fest, der Prozess dauerte keine Stunde, und noch am Mittag wurden sie exekutiert, alle elf.«
    »Dieser Wedell war doch derjenige, der nicht schon bei der ersten Salve fiel?«, erinnerte sich Richard beklommen. Die Geschichte hatte nicht nur in Preußen für Aufruhr gesorgt. Zeichnungen von der Erschießung der elf Schillschen Offiziere waren gedruckt und überall verbreitet worden.
    »Ja, er ist der, der auf den Bildern noch steht, das Hemd aufreißt und den Füsilieren zeigt, wo sein Herz

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