1815 - Die Wiege des Teufels
frage mich nur, wo wir anfangen sollen zu suchen.«
»Das weiß ich auch nicht.«
»Gut, John, und was machen wir mit der Leiche?«
Es war eine gute Frage, und ich hatte mir schon über die Antwort Gedanken gemacht. »Ich will kein Aufsehen erregen, und deshalb bin ich dafür, das wir die Leiche hier liegen lassen. Zumindest bis zum nächsten Tag.«
»Du setzt auf die Nacht, wie?«
»Auch.«
»Und warum?«
»Weil einfach etwas passieren muss. Und die Nacht ist noch immer ein guter Zeitpunkt gewesen.«
»Wenn du das so siehst, dann stimme ich zu. Ich frage mich nur, was in der Nacht passieren könnte.«
»Etwas mit der Wiege, Suko. Ich glaube, dass sie irgendwo hier ist. Und man wird sie nicht allein lassen. Oder leer, besser gesagt. Ich habe keine Beweise. Aber sie könnte der Mittelpunkt sein.«
»Da stimme ich dir zu. Ich frage mich nur, wo dieser Mittelpunkt stattfindet?«
»Damit habe auch ich meine Probleme«, gab ich zu. »Aber wenn ich genauer darüber nachdenke, fällt mir nur die Kirche ein. Man hat den Weg doch frei geräumt. Es gibt wohl keinen mehr, der noch stören kann.«
»Und was ist mit dem echten Pfarrer?«, fragte Suko.
»Das möchte ich auch wissen. Deshalb werden wir uns auf den Weg machen und jemanden fragen.«
»Und wen?«
»Einen, der es wissen muss. Den Bürgermeister oder einen Kollege von uns.«
»Gut, dann lass uns fahren.«
Das taten wir auch. Allerdings erst, nachdem wir die Schranktür wieder geschlossen hatten. Ein gutes Gewissen hatte ich nicht, den Pfarrer dort liegen zu lassen. Aber manchmal geht es eben nicht anders, da muss man über den eigenen Schatten springen …
***
Justus Blake besaß eine Eigenschaft, die nicht allen Menschen zu eigen war. Er hatte Geduld. In diesem Fall war es gut, Geduld zu haben. Er hatte die beiden Männer in die Kirche gehen sehen, und jetzt wartete er darauf, dass sie wieder erschienen.
Bisher war noch nicht viel Zeit vergangen. Aber Blake dachte daran, was passieren würde, wenn die beiden Typen die Leiche entdeckten. Dann musste er sich etwas einfallen lassen.
Auf der anderen Seite dachte er sich, dass die Besucher zwar die Kirche sehen wollten, sich aber für die Sakristei kaum interessierten. Dafür gab es eigentlich keinen Grund. Deshalb ging er davon aus, dass der Tote unentdeckt blieb.
Und noch eine Frage quälte ihn. Wer waren die beiden? Und was hatten sie um diese Zeit in der Kirche zu suchen? Dass sie beten wollten, das konnte er sich kaum vorstellen. Sie mussten aus einem anderen Grund erschienen sein.
Aber aus welchem?
Das war ihm nicht klar. Er hatte das Gefühl, sich im Kreis zu drehen, und er konnte nur abwarten, bis die beiden die Kirche wieder verlassen hatten. Er hoffte, dass sie nicht einen Toten aus dem Gotteshaus trugen. Denn dann hätte er den Plan ändern müssen.
Die Zeit verstrich. Noch wurde es nicht dämmrig, doch bis zur Dunkelheit mussten alle Vorbereitungen getroffen worden sein.
Die Tür der Kirche wurde geöffnet. Nur zeigte sich noch keiner der beiden Männer.
Doch dann waren sie zu sehen.
Ohne Leiche!
Justus Blake fiel ein Stein vom Herzen. Beinahe hätte er sogar gejubelt, doch er riss sich zusammen. Zu leicht hätte man ihn hören können.
Blake blieb der Beobachter. Jetzt, da er sah, dass nichts Schlimmes eingetroffen war, atmete er auf. Er wäre gern näher an die beiden Männer herangekommen, um ihre Gesichter zu sehen, aber er hielt sich zurück und schaute zu, wie die Männer in ihr Auto stiegen.
Sekunden später fuhren sie an.
Da hockte Justus Blake bereits in seinem Fahrzeug, denn aufgegeben hatte er noch nicht. Obwohl es gut für ihn gelaufen war, konnte er bei sich nicht von einem guten Gefühl sprechen …
***
Wir mussten Epping Upland verlassen und in den eigentlichen Ort fahren, denn um die Kirche herum gab es keine Polizeistation oder das Haus des Bürgermeisters, wo man uns Fragen hätte beantworten können.
In Epping selbst kurvten wir nicht lange herum. Wer so etwas wie ein Stadthaus in einem Ort sucht, der geht nicht in die Außenbezirke einer Stadt, sondern schaut sich in deren Mittelpunkt um.
Das taten wir auch.
Wir hatten Glück. Das Stadthaus fanden wir hinter einer Reihe von Bäumen. Es lag auf einer Grünfläche, die wir auf einem grauen Weg durchquerten. Es war nicht weit bis zu der braun gestrichenen Tür, die den Eingang bildete und nie richtig zur Ruhe kam, weil viele Leute kamen und auch wieder gingen.
Wir betraten einen kühlen Flur, an dessen
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