1824 - Wenn Satan seinen Henker schickt
ich.
»Sicher.«
»Und du glaubst nicht mehr daran, dass es noch eine Rückkehr geben könnte?«
»Für ihn in seinen alten Job?«
»Zum Beispiel.«
Karina schüttelte den Kopf. »Nein und abermals nein. Das ist nicht der Fall.«
»Was macht dich so sicher?«
»Ich kenne das Leben, John. Ich kenne auch den Job. Und ich weiß, dass es Menschen gibt, die schon darauf warten, seinen Posten zu bekommen. Oder einen ähnlichen, denn so eine Nähe wie mit mir wird es bei einer anderen Person nicht geben.«
»Das denke ich auch.«
Jetzt drückte sie meine Hand und sprach auch. »Ich sage dir jetzt und hier, dass andere Zeiten anbrechen werden. Mehr für mich natürlich, aber darauf kann ich mich einstellen.«
»Das hört sich an, als wäre Wladimir schon so gut wie tot für dich.«
»Ja, das ist auch so.«
»Dann willst du ihn nicht mehr zurück!«
»Im Moment nicht. Sollte ich mich geirrt haben, werde ich mich gern bei ihm auf Knien entschuldigen. Aber ich denke nicht, dass ich mich geirrt habe.«
Es hatte mir die Sprache verschlagen. Was ich da gehört hatte, war schon ein Hammer. Darauf war ich auch keinesfalls vorbereitet gewesen, und ich musste auch noch jetzt schlucken. Musste Karina ihn wirklich mit so schlechten Augen ansehen?
»Du kannst mir nicht folgen, John – oder?«
»Nur schwer.«
»Das habe ich mir gedacht. Das ist auch nicht unnatürlich. Wir waren zusammen, aber jeder wusste genau, was er von dem anderen zu halten hatte.«
»Und was?«
»Eine Hand wäscht die andere. Wir passten aufeinander auf. Leider nicht optimal genug.« Sie zuckte mit den Achseln. »Nun ja, daran kann man nichts ändern.«
Ich saß da und schaute ins Leere. Ich hatte das Gefühl, vor einer Wand zu stehen und immer mit dem Kopf dagegen zu schlagen. So lagen die Dinge jedenfalls.
»Es ist schwer für dich – oder?«, fragte Karina.
»Das kannst du wohl laut sagen.«
»Aber das Leben geht weiter, John. Für mich auch ohne Wladimir. Ich habe mich von ihm losgesagt.«
»Natürlich geht das Leben weiter. Für uns beide.«
»Und wir sitzen immer wie auf einem Pulverfass, das darfst du nicht vergessen. Ich habe es nicht vergessen, deshalb war mein Hunger nach Leben immer besonders groß.«
»Kann ich mir vorstellen.«
»Und ich kann es dir beweisen, John.«
Bevor ich etwas dagegen unternehmen konnte, hatte sie meinen Arm angehoben und führte die Hand unter eine bestimmte Stelle des Bademantelstoffs. Und fast zwangsläufig legte sich meine Hand um eine ihrer Brüste …
***
Nein, nein, ich hatte nicht das Gefühl, zu Eis zu werden, aber einen leichten Schock erlebte ich schon, denn mit allem hatte ich gerechnet, nur damit nicht.
Meine Hand lag wie ein künstliches Etwas auf und an der Brust. Ich traute mich auch nicht, sie zu bewegen. Durch meinen Kopf huschten unzählige Gedanken, aber ich bekam keinen frei, und so blieb ich starr neben Karina sitzen.
Ich schluckte. Ich atmete schwer und dachte daran, dass Karina Grischin eine verdammt attraktive Person war. Mit einer guten Figur, die auch durchtrainiert wirkte, aber keinen männlichen Touch hatte.
Mein Hals war trocken geworden, und so hatte ich Mühe, eine Frage zu stellen.
»Bitte, was soll das, Karina?«
»Gefällt es dir nicht?«
»Doch.« Ich wollte sie nicht enttäuschen. »Aber du bist ja mit jemand zusammen und …«
»Bist du so naiv, John?«
»Nein, aber warum fragst du?«
»Du hättest zuhören sollen. Ich habe dir doch gesagt, dass ich mit Wladi Schluss gemacht habe. Oder hast du das nicht verstanden.«
»Schon. Nur habe ich es nicht für ernst genommen.«
»Jetzt wirst du es ernst nehmen müssen.«
Das glaubte ich inzwischen auch, und dabei floss mir ein Schauer über den Rücken. Ich wusste verdammt genau, dass ich in einer Klemme steckte. Wie sollte ich mich verhalten?
Mein Gott, ich kannte die beiden seit Jahren. Ich wusste, wie sie der Job zusammengeschweißt hatte. Da hatte sich eine Person auf die andere verlassen können. Trotz der vielen Einsätze waren sie ein perfektes Paar und jetzt nicht mehr? Sollte das alles vorbei sein.
Ich sagte nichts. Brachte einfach nichts raus. Und meine Hand lag weiterhin wie festgeklebt an ihrer Brust. Ich schluckte den Speichel, ich hörte uns atmen, und dann entschloss ich mich doch, eine Frage zu stellen.
»Was ist denn los mit dir, Karina?«
Sie schluchzte plötzlich.
Ich nahm es als Signal und zog meine Hand zurück. Auf meinem gesamten Körper hatte sich eine Gänsehaut gebildet.
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