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1824 - Wenn Satan seinen Henker schickt

1824 - Wenn Satan seinen Henker schickt

Titel: 1824 - Wenn Satan seinen Henker schickt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Karina ging es ebenfalls nicht gut. Sogar noch schlechter, denn sie fing an zu schluchzen und drehte sich so, dass sie ihren Kopf gegen meine Schulter lehnen konnte.
    Dann brach bei ihr der Damm.
    Sie weinte.
    Sie presste ihre Tränen hervor, sie konnte nicht mehr an sich halten. Es musste raus. Und während sie weinte, da sprach sie auch, und es war ein kurzes abgehacktes Sprechen.
    Ich hatte Mühe, sie zu verstehen, aber ich hörte, dass der Name Wladi einige Male fiel. Er war ihr Trauma, und es war für sie furchtbar. Sie musste sich davon befreien, aber das klappte nicht so schnell.
    Ich wusste nicht, wie lange wir so auf dem Bett gesessen hatten, irgendwo versiegte der Tränenstrom, und sie hob wieder ihren Kopf an. Es war nicht völlig dunkel im Zimmer. Es fiel etwas Nachtlicht hinein, und da sah ich auch ihr Gesicht.
    Es strömte. Das heißt, es war so nass und glänzend. Man hätte meinen können, dass es strömte. Ihre Augen waren nicht zu erkennen, sie glichen kleinen Tümpeln, und die Lippen zuckten noch immer nach. Aus der Tasche ihres Bademantels holte sie ein Tuch hervor und putzte ihre Nase. Sie wollte sich wieder fangen, und sie schaffte es auch. Ein paar Mal atmete sie durch, dann konnte sie die ersten Worte sprechen.
    »Tut mir leid, John, tut mir leid. Aber es kam plötzlich über mich. Ich bin so enttäuscht worden. Das Bild heute hat mich fertiggemacht. Ich kann es auch jetzt nicht fassen, dass er zur anderen Seite gehört …«
    »Gehören soll«, berichtigte ich sie.
    »Wieso? Das ist doch klar.«
    »Meinst du?« Ich lächelte etwas mokant. »Es ist eigentlich gar nichts klar. Du hast ihn gesehen, aber du hast nicht mit ihm sprechen können. Du hast ihm keine Fragen gestellt. Du hast ihn nur kurz gesehen, das ist alles. Und du hast auch nicht erkennen können, ob er aus eigener Kraft dort gestanden hat oder von Helfern festgehalten wurde. Das ist alles nicht klar, und deshalb würde ich an deiner Stelle keine voreiligen Schlüsse ziehen.«
    Sie schaute zu Boden. Ihre Schultern bewegten sich nach oben. »Ich weiß es nicht«, sagte sie mit leiser Stimme. »Ich weiß es wirklich nicht. Alles ist der Wirklichkeit entwachsen. Ich verspürte plötzlich eine irre Lust. Ich sah mich als Frau, die mitten im Leben steht und ihr Verlangen hat. Es wurde geboren aus dieser gewaltigen Enttäuschung, John. Bitte, versteh das.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Und verzeih mir.«
    Ich musste lachen. »Was, meine Liebe, soll ich dir denn verzeihen? Es gibt keinen Grund.«
    »Ja, John, es ist wunderbar, wenn man sich auf Freunde verlassen kann.«
    »Da hast du recht.«
    Sie zog noch mal die Nase hoch und wischte durch ihre Augen. Dann stand sie auf, umarmte mich noch mal kurz und lief zur Tür.
    »Gute Nacht, John.«
    »Dir auch, Karina.«
    Sie öffnete die Tür und verschwand. Ich war wieder allein und legte mich nach einer Weile wieder zurück in das Bett. Es war klar, dass ich über Karinas Reaktion noch länger nachdenken würde. Ich war einfach nicht der Mensch, der so etwas wegsteckte und einfach einschlief.
    Meine Gedanken galten der vor mir liegenden Nacht, von der ich hoffte, dass sie ruhig verlaufen würde.
    Manchmal allerdings kann eine Hoffnung auch trügerisch sein …
    ***
    Die Nacht war nicht völlig dunkel, aber finster genug, um gewissen Gestalten Deckung zu geben, wenn sie etwas vorhatten. Vom Sumpf her trieben ein paar Dunstfahnen heran wie lautlose Gespenster. Ansonsten war die Luft klar, wie auch der Himmel, der keine Wolke zeigte, dafür aber ein Meer von Sternen sehen ließ, denn hier war die Luft noch relativ rein.
    Jemand schlich durch die Nacht.
    Man konnte sie mit einer dunklen Gestalt vergleichen, die irgendein Versteck verlassen hatte und sich nun in der Dunkelheit auf Raubzug befand.
    Sie war wieder da.
    Sie war schon mal in der Nähe gewesen, dann war sie verschwunden, und jetzt kehrte sie wieder zurück, denn sie hatte noch eine Aufgabe zu erfüllen.
    Ihr war der Ort Ostrow wichtig, aber noch wichtiger war ihr ein bestimmtes Haus, das sie sich als ihr Ziel ausgesucht hatte. Das Haus stand ein wenig abseits, gehörte aber noch zum Ort, und die Gestalt war froh, dass es diese Lage besaß.
    Es war nicht viel von ihr zu hören. Kraftvoll schritt sie aus, und wer sich jetzt auf sie konzentrierte, der hätte sie sich genauer anschauen können.
    Man konnte von einer menschlichen Gestalt sprechen, die in ihrem Aussehen allerdings ad absurdum geführt wurde, wenn man sich die obere Hälfte

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