1833 - Trokans Tor
bei Presto Go weiter.
„Du hast ja recht", sagte Vej Ikorad schließlich. „Doch ich sehe nicht ein, weshalb wir einen Vorteil, wenn er sich bietet, nicht nutzen sollten! Und es kann nur von Vorteil sein, wenn wir von ihnen lernen! Es ist doch allein unsere Sache, was wir daraus machen, ob wir das Wissen nutzen können oder wollen oder nicht!"
„Ich finde es interessant, die Lebensweise dieser Fremden kennenzulernen", mischte sich Caljono Yai in das Gespräch. „Mich interessiert auch ihr Wissen. An meiner Einstellung ändert sich dabei jedoch nichts - im Gegenteil. Ich bin froh, eine Herreach zu sein, und ich werde mich sicherlich nicht ändern ... oder gar anpassen.
Und ich bin auch kein Handlanger irgendwelcher Fremden - oder von dir, Presto Go!"
Der Vorwurf war zum ersten Mal so deutlich ausgesprochen und ein persönlicher Angriff gegen die oberste Künderin.
Presto Go musterte die jüngere Mahnerin einen langen Augenblick schweigend. Sie konnte nicht viel darauf erwidern, denn es war schließlich bekannt, auf welche Weise sie in diese Position gekommen war und wie gut sie es verstand, andere zu manipulieren. Es war ihr auch jetzt mit ihrer Redekunst gelungen, Vej Ikorad zumindest zu verunsichern.
„Was dich nicht hindert, deinen Glauben zu verleugnen", sagte sie dann schließlich langsam.
Das war der schlimmste Vorwurf, den ein Herreach dem anderen machen konnte. Der Glaube an Kummerog war der Lebensinhalt aller Herreach, auch wenn sie keine Priester wurden; er war tief in ihnen verwurzelt und der wichtigste Teil ihrer Identität. Den Glauben zu verleugnen würde bedeuten, alles abzulehnen, ein Ausgestoßener der Gesellschaft zu sein, an nichts mehr zu glauben und daher rettungslos verloren zu sein.
Es war eine so furchtbare Vorstellung, daß kein Herreach auch nur im entferntesten zweifelte. So etwas war in der ganzen Geschichte der Herreach wohl noch nie vorgekommen.
Caljono Yai war so betroffen, daß sie nicht mehr sprechen konnte. Ihr Nas-Organ fiel geradezu in sich zusammen.
„Sie trägt immer noch die violette Kutte", verteidigte sie Vej Ikorad an ihrer Stelle. „Und gerade weil sie ihren Glauben weiterhin vertritt und dafür kämpft, arbeitet sie mit uns zusammen. Ich erwarte von dir, daß du diesen Vorwurf zurücknimmst!"
Caljono Yai hatte sich wieder etwas gefangen, als sie sagte: „Du solltest dich an unser letztes Gespräch erinnern, das zu unserer Trennung führte: Ich vertrat den Glauben, daß Kummerog nach wie vor innerhalb des Pilzdoms weilt, und das tue ich noch heute. Deshalb arbeite ich dort, um meine These zu beweisen. Denn anders finde ich ja doch kein Gehör."
„Ich finde es allerdings erstaunlich, auf welche Weise unser Glauben plötzlich ausgelegt werden kann - jeder dreht ihn geradezu so hin, wie es ihm paßt." Dieser Angriff war gegen Vej Ikorad und die Neuen Realisten gerichtet.
„Selbst die großen Priester können sich irren", versetzte der Sprecher gelassen. „Wenn es unwiderlegbare Beweise gibt, sollte man ein wenig nachdenklich werden und sich überlegen, ob man mit seinen eigenen Vorstellungen nicht zu festgefahren ist. Es gibt keine Beweise, daß deine Einstellung auch die unserer Vorfahren ist."
„Oh, damit stehe ich nicht allein." Presto Go deutete auf die Wand und damit imaginär nach draußen.
„Fünftausend Herreach vertreten dieselbe Ansicht wie ich -das letzte Heiligtum Kummerogs darf nicht zerstört werden."
„Aber wir zerstören es doch gar nicht", widersprach Caljono Yai. „Wir sollen seine Geheimnisse ergründen und Kummerog endlich befreien!"
Es erstaunt mich, welches Vertrauen du diesen Fremden entgegenbringst, die sogar nach ihrer eigenen Aussage unseren Gott Kummerog ermordet haben! Wer hängt nun mehr an seinen eigenen Vorstellungen, das frage ich mich allen Ernstes!"
„Weil es nicht Kummerog war, und eben das will, nein muß ich beweisen!" verteidigte die junge Mahnerin sich. „Die Terraner haben ein Interesse am Pilzdom, weil einige ihrer Gefährten darin spurlos verschwunden sind. Sie machen sich Sorgen, außerdem sind es wichtige Persönlichkeiten für sie. So können wir unsere Aktivitäten verbinden und gemeinsam daran arbeiten, das Geheimnis zu lüften. Damit werden wir aber noch lange nicht zu dauerhäften Verbündeten oder gar Freunden!"
Erneut trat eine Gesprächspause ein, in der jeder den anderen auffordernd beobachtete.
„Ich kann und will mit den Fremden nichts zu tun haben", sagte Presto Go schließlich. „Ihre
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