1843 - Die Falle der Sensenfrau
weiter?«
»Ja, das ist es dann gewesen.«
»Wieso?«
Julian deutete gegen seinen Kopf. »Ich weiß nichts mehr. Ich habe es vergessen. Kann auch sein, dass da nichts mehr war. Aber jetzt bin ich wieder da.«
»Ja, das ist gut. Wir haben uns schon große Sorgen gemacht.«
»Ja, es war auch seltsam.«
Ignatius lächelte. Er strich über seine grauen Haare und sagte dabei: »Kann sein, dass dir noch etwas einfällt.«
»Wieso?«
»Davon, was du erlebt hast. Und wo du gewesen bist. Ich denke, dass John Sinclair und Suko gleich hier sein werden. Dann können wir uns in Ruhe unterhalten.«
»Vielleicht.«
Ignatius drehte sich um. Er ging zu seinem Schreibtisch, und er ging sehr langsam, wie jemand, der tief in seinen Gedanken versunken ist. Irgendetwas störte ihn. Er wusste selbst nicht, was es war, aber er war über etwas gestolpert.
Es hing mit Julian zusammen. Da hatte ihn etwas gestört, und das wollte er herausfinden.
Er drehte sich um. Die Frage lag ihm bereits auf der Zunge, als er sah, dass alles anders wurde.
Julian stand vor ihm.
Den rechten Arm hatte er erhoben. Und in der Hand hielt er einen länglichen Gegenstand. Es war eine Heiligenfigur aus Metall, das schon etwas grüne Patina angesetzt hatte.
Damit schlug er zu.
Die Augen des schon alten Mannes weiteten sich, dann hatte er das Gefühl, dass ihm sein Kopf von den Schultern gerissen wurde. Er brach in die Knie, aber das spürte er schon nicht mehr, denn er fiel auf der Stelle zu Boden und blieb bewegungslos liegen.
Nur die Blutlache neben seinem Kopf zeugte davon, dass dieser Mann nicht schlief …
***
Der Anruf hatte uns beflügelt. Dass Julian wieder da war, fanden wir super.
Auf dem Weg zu unserem Freund fragten wir uns, was Julian wohl passiert war.
»Er wird uns einiges sagen können«, meinte Suko.
Ich war skeptischer. »Glaubst du das wirklich?«
»Ja.«
»Und warum?«
»Weil er etwas erlebt hat, John. Ich kann mir nicht vorstellen, dass da nichts gewesen ist. Positiv als auch negativ.«
»Aha.«
»Genau, John. Das kannst du laut sagen. Ich sehe das als ambivalent an. Es kann auch sein, dass die andere Seite ihn gezeichnet hat.«
»Aha«, sagte ich. »Da scheinst du über etwas nachgedacht zu haben.«
»Ich will nicht blauäugig in etwas hineinlaufen. Das nur mal am Rande gesagt.«
Ich fragte ihn jetzt direkt. »Meinst du, dass man ihn umgedreht hat?«
»Möglich ist alles.«
Das nahm ich Suko ab. Und als ich näher darüber nachdachte, kam mir in den Sinn, dass Ignatius möglicherweise zu vertrauensselig gewesen war und Julian …
Ich wollte nicht mehr nachdenken, was die Befürchtungen anging, sondern so schnell wie möglich bei meinem Freund Ignatius sein. Wir kannten uns aus, man kannte uns, und so wurden wir auch durchgelassen und eilten auf sein Arbeitszimmer zu.
Je näher wir ihm kamen, umso größer wurde der Druck in mir. Suko sah es mir an, gab aber keinen Kommentar ab. Stattdessen eilten wir durch den Flur und waren froh, das Arbeitszimmer zu erreichen, dessen Tür geschlossen war.
Suko zerrte sie auf.
Ich trat als Erster über die Schwelle. Ich wünschte mir, meinen Freund Ignatius hinter dem Schreibtisch sitzen zu sehen, aber das war leider nicht so.
Ich sah ihn. Er lag vor dem Schreibtisch am Boden, und um seinen Kopf herum hatte sich eine dunkle Lache ausgebreitet.
Blut …
***
Es war ein Schock. Nicht nur für mich, sondern auch für Suko und andere Leute hier im Vatikan. Das Blut war noch warm gewesen, und wir hatten sofort die Wachtposten alarmiert.
Im Nu war ein Arzt da. Sanitäter ebenfalls. Sie betteten den Schwerverletzten auf die Trage und fuhren davon. Es gab ja ein Krankenhaus innerhalb des Vatikans.
Ignatius lag dort.
Und wir waren auch da.
Suko und ich saßen auf Stühlen, die im Flur standen und für Besucher gedacht waren. Wir hatten einfach in das Hospital mit hineingehen müssen, sonst wären wir noch durchgedreht. Zum Glück hatte man uns akzeptiert, denn man wusste, wer wir waren.
Mit einem der Ärzte hatten wir noch nicht sprechen können. Alle Anwesenden waren in große Hektik gefallen, als sie gesehen hatten, was da passiert war.
Jetzt taten die Ärzte und auch die Schwestern ihre Pflicht.
Die Frauen liefen in der Tracht der Nonnen herum. Eine war so nett und brachte mir einen Kaffee und Suko einen Tee.
Wir waren wirklich dankbar dafür, denn die kleinste Abwechslung tat uns gut.
Ich hatte die Tasse mit beiden Händen umfasst und führte sie nachdenklich zum
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