1845 - Der Weise von Sargasso
stehen, um sich einen letzten Blick zu gönnen.
Sheila hörte sich selbst leise lachen, bevor sie fragte: »Ob man uns da weiterhelfen kann?«
»Glaube ich nicht.«
»Aber was ist mit diesem Carlos Esteban? Kam er mit? Oder ist er in unserem Haus geblieben?«
»Keine Ahnung.«
»Dann gehe ich davon aus, dass er unter Umständen im Haus geblieben ist und irgendwann auf Johnny treffen wird.«
»Das ist möglich.«
»Mir gefällt es ganz und gar nicht«, sagte Sheila leise. »Dieser Spanier hat alle Vorteile auf seiner Seite.«
»Aber Johnny ist kein Kind mehr.«
»Das weiß ich, Bill.«
Er sagte: »Wir sollten uns keine Gedanken um ihn machen, sondern mehr um uns.«
»Schon klar.«
Die letzten Worte waren so etwas wie ein Startsignal gewesen, denn jetzt setzten sie sich wieder in Bewegung. Bis zu den ersten Häusern war es nicht weit. Sie erreichten sie schon nach wenigen Minuten. Die Mauern bestanden aus kleinen Steinen, die übereinander gelegt worden waren. Zwischenräume waren mit Lehm verschmiert worden.
Graue Holztüren bildeten die Eingänge. Einige der Türen hingen schief in den Angeln. Dazu passten auch die schiefen Treppen, die zu manchen Häusern gehörten.
Menschen sahen sie nicht.
»Aber es gibt welche«, sagte Sheila, »ich habe sie doch vorhin gesehen.«
»Die haben sich in ihre Häuser zurückgezogen.«
»Weil sie Angst vor uns haben?«
»Keine Ahnung.«
Bill blieb stehen. »Wir gehen in eines der Häuser und erkundigen uns.«
Sheila überlegte nicht lange. »Ja, irgendwas müssen wir ja tun. Ich drehe sonst noch durch.«
»Abwarten.«
»Und welches Haus hast du dir ausgesucht?«
Bill deutete nach rechts. »Wir nehmen das hier. Das liegt am nächsten.«
»Okay.«
Bill wollte wissen, ob die Tür verschlossen war. Es gab eine Klinke, die drückte er nach unten, aber die Tür bewegte sich nicht. Erst als er es noch einmal versuchte, bewegte sie sich und ließ sich öffnen.
Allerdings nur in Intervallen. Immer wieder schrammte sie über den Boden und gab laute Geräusche ab, die sicherlich auch im Haus gehört wurden.
Bill zog die Tür so weit auf, bis er sich durch die Lücke schieben konnte, und ging in ein Halbdunkel und zugleich in eine Umgebung, die mit Gerüchen gefüllt war.
Sheila war noch zurück geblieben. »Verstehst du das?«, fragte sie.
»Nein.« Bill ging noch einen Schritt vor. »Keine Menschen. Das Haus ist leer, glaube ich.«
»Soll ich kommen?«
»Warte noch.«
»Okay.«
Bill wollte sich umschauen. Er glaubte nicht daran, dass dieses Haus unbewohnt war. Nur hörte er nichts, was auf einen Menschen hätte schließen können. Keine Stimmen. Weder hier unten in seiner Nähe, noch ein Stockwerk höher, denn dorthin führte eine Treppe, die mehr einer Leiter glich und nur einen Handlauf hatte.
Bill passierte die Treppe. Hier war alles recht klein. Er gelangte in eine Küche, in der ein alter Kohleofen stand, der längst in ein Museum gehörte, hier aber noch seine Pflicht tat. Im Ofen brannte kein Feuer, trotzdem glaubte Bill nicht, dass die Bewohner ihr Haus verlassen hatten.
Von der Küche gab es einen Zugang zu einer Kammer, in der Vorräte lagerten, auch das wies darauf hin, dass das Haus bewohnt war.
Bill ging wieder zurück in den kleinen Flur. Er fand noch ein weiteres Zimmer. Es war ein Wohnraum. Eine Couch, ein Tisch, zwei kleine Sessel, aber kein Mensch. Auf dem Tisch lag Strickzeug. Die Glotze zeigte kein Bild.
Neben der Leiter blieb er stehen. Er schaute die Sprossen hoch und überlegte, ob er nach oben gehen sollte, um sich da mal in Ruhe umzusehen. Zu hören war nichts, und Bill, der ein paar Brocken Spanisch sprach, wollte wissen, ob sich dort jemand aufhielt.
Das war nicht der Fall. Zumindest gab ihm niemand eine Antwort. Er wollte nicht hoch. Es gab noch genügend andere Häuser, in denen er nachsehen konnte, denn er glaubte nicht daran, dass dieses Dorf menschenleer war. Irgendwas musste es hier geben, ein Geheimnis oder so etwas Ähnliches, dem er noch auf die Spur kommen wollte.
Bill ging zur Tür zurück. Sie stand noch immer einen Spalt offen.
Der Reporter schob sich wieder ins Freie. Er hatte seinen Mund bereits geöffnet, um Sheila Bescheid zu sagen, als er ihn wieder zuklappte.
Der Platz, an dem seine Frau gestanden und auf ihn gewartet hatte, war leer.
Sheila war verschwunden!
***
Sheila Conolly hatte ihren Mann im Haus verschwinden sehen. Sie wollte auf jeden Fall auf der Straße warten und ihm den Rücken freihalten. Nur
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