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1846 - Kreise

Titel: 1846 - Kreise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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letzte Container in der Bugschleuse verschwand. Zwei der menschenähnlichen Maschinen standen plötzlich neben Empelime, ohne daß er ihr Kommen bemerkt hätte.
    „Die Fracht wurde übergeben", eröffneten sie. „Damit hat die NOCHIRAM Starterlaubnis."
    Der Patriarch skizzierte. Blatt für Blatt füllte er mit geometrischen Figuren und nahm, wenn überhaupt, die Roboter nur am Rande wahr.
    „Der Starttermin ist in dreißig Minuten."
    „Ihr seht doch, ich habe zu tun. Kommt morgen wieder, wenn ihr ein Geschäft machen wollt. Heute nicht."
    „Der Eil-Service beinhaltet neben der bevorzugten Frachtumsetzung auch eine rasche Räumung des Landefeldes, um nachfolgenden Schiffen eine ebenso schnelle Abwicklung zu ermöglichen. Die Bestimmungen kannst du über Frachtinfo abrufen und ..."
    „Verschwindet!" brauste Empelime auf. „Morgen, habe ich gesagt. Und wenn ich morgen sage, meine ich auch morgen."
    Sekundenlang blickte er den Robotern sinnend hinterher, dann begann er um so hastiger zu zeichnen, als müsse er die eben sinnlos vergeudete Zeit aufholen. Olymp verlassen, das wollte er nicht mehr. Es war unmöglich. Nicht, solange er die Lösung des Problems noch nicht gefunden hatte.
    Die Hangartore wurden geschlossen. Deramus Empelime achtete nicht darauf.
    „Die Startvorbereitungen laufen an", verkündete der Bordcomputer. „Startphase mit verringerter Besatzungsstärke."
    Der Patriarch schreckte auf. Sekundenlang vergaß er die krakeligen Zeichnungen, und ein Ausdruck der Verwirrung stahl sich in seinen Blick, dann widmete er sich wieder ganz seinen Kritzeleien. Daß die beiden jungen Sippenmitglieder, die alle Startvorbereitungen allein trafen, über ihn redeten, registrierte er nicht. Die beiden verstanden nicht, weshalb nahezu alle anderen an Bord unaufhörlich geometrische Muster zeichneten, aber sie brachten das irgendwie mit den Zuständen auf Olymp in Verbindung und sprachen von einer Geometer-Seuche, ohne den Begriff näher erklären zu können.
    Eine Syntronstimme meldete sich.
    „Das Zeitlimit wurde überschritten. Die NOCHIRAM muß innerhalb einer Nachfrist von fünf Standardminuten starten, andernfalls werden weitere Landegebühren fällig."
    „Das wissen wir, und wir wollen nichts lieber als diesen Planeten schnellstens verlassen."
    Tief im Bauch des Schiffes erwachten die Speicherbänke zu rumorendem Leben. Der Frachter löste sich vom Boden, stieg hundert Meterin die Höhe und begann sich langsam zu neigen.
    Beide Piloten ignorierten das Meer blinkender Warnanzeigen. Einer von ihnen riß plötzlich die Arme hoch und begann wirre Figuren in die Luft zu zeichnen. Im nächsten Moment fuhr er mit einer Hand quer über die Sensorschaltungen.
    „Befehlskollision!" meldete der Bordrechner. „Vollschub auf Impulstriebwerk aus Sicherheitsgründen nicht möglich."
    Das Dröhnen wurde lauter. Vibrationen durchliefen die Schiffshülle.
    Wie versteinert saß Deramus Empelime hinter seinem Pult, und nur seine Hand huschte unentwegt hin und her.
    „Wir müssen auf Olymp bleiben", brachte er dumpf hervor, „bis das Problem gelöst ist."
    Schaurig gellte der Alarm auf. Absturzgefahr!
    Im nächsten Moment meldete der Bordrechner die Aufnahme eines Leitstrahls, der die Manuellsteuerung ersetzte. Die Überwachungssyntrons der Bodenkontrolle hatten eingegriffen, mit starken Traktorfeldern hievten sie den Walzenraumer bis in die oberen Schichten der Atmosphäre.
    Der Leitstrahl blieb einige Minuten länger bestehen und dirigierte den Frachter auf einen Kurs, der ihn senkrecht zur Ekliptik führte. Inzwischen arbeitete der Impulsantrieb auf Vollast.
     
    *
     
    Unbewegt blickte Dindra Clandor dem in den Wolken verschwindenden Walzenraumer nach.
    Sie hatte sich geirrt, hatte es nicht fertiggebracht, an Bord zu gehen und Olymp zu verlassen. Die Gemeinschaft hielt sie zurück. Es war unbeschreiblich schön, Teil eines Ganzen zu sein, zu spüren, daß sie wirklich gebraucht wurde.
    Das hatte sie in dem Moment erkannt, als sie den ersten Kreis gezeichnet hatte.
    Sie fühlte, daß sie nicht allein war. Zum erstenmal seit Tagen erinnerte sie sich an Ronald, ihren Mann, und an ihre Tochter Illie. Beide waren bei ihr, in einer Verbundenheit, die sie nicht beschreiben, nur fühlen konnte.
    Und mit ihnen waren Millionen andere da.
    Langsam, mit den Augen nur, zeichnete Dindra einen gewaltigen Kreis zwischen die wirbelnden Wolkenschleier, die der startende Frachter zurückgelassen hatte. Die Turbulenzen begannen bereits

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