1846 - Lockvogel Larissa
Name?«
»Eva Snider. Unter dem Namen hat sie hier die Wohnung gemietet. Larissa nennt sie hier keiner. Es sei denn die Kerle, die hier ins Haus kommen und zu ihr wollen.«
»Und das sehen Sie?«, fragte ich.
»Ja. Manchmal zwangsläufig. Eva Snider wohnt im Erdgeschoss.«
»Das ist doch super, John, die halbe Miete. Ist sie denn auch zu Hause, Mister …?«
»Ich denke schon.«
»Dann werden wir ihr gleich einen Besuch abstatten und ihr ein paar Fragen stellen.«
»Wenn Sie wollen.«
»Ist sie denn auch berufstätig?«
»Das weiß ich nicht.« Der Mann kicherte. »Mal ist sie hier im Haus, dann ist sie wieder für ein paar Tage verschwunden. Ja, das ist so, aber ob sie dann als Larissa unterwegs ist, das weiß ich nicht.«
»Danke. Sie haben uns sehr geholfen.«
»Das hoffe ich doch.« Er räusperte sich. »Sagen Sie mir Bescheid, wenn Sie mit ihr gesprochen haben.«
»Das werden wir.«
Wir hatten genug gehört. Deshalb machten wir kehrt und gingen den Weg zurück. An der Treppe blieb ich noch mal stehen und stellte eine Frage.
»Steht denn der Name Larissa an der Tür oder ein anderer?«
»Eva Snider.«
»Danke.«
Das war wenigstens mal eine Aussage. Wir verließen den Souterrain-Bereich und gelangten wieder in die unterste Etage. Hier hatten wir vorhin nur die Treppe gesehen, jetzt schauten wir uns hier ein wenig besser um.
Es gab einen Flur, der abknickte und ins Haus führte. Hier sahen wir Türen, wir lasen Namen, auch der Name Eva Snider war dabei.
Vor der Tür blieben wir stehen und lauschten erst mal. Es war Suko, der sich zu weit vorwagte und mit dem Knie gegen das Holz stieß, sodass er ein klopfendes Geräusch verursachte. Wir schraken beide zusammen, denn jetzt konnte die Person gewarnt worden sein.
Das war sie wohl nicht.
Sie kam nicht, um die Tür zu öffnen. Allerdings hatten wir noch nicht geschellt, denn das taten wir erst jetzt.
Hinter der Tür klang ein seltsames Geräusch auf. Es klang nicht hell, sondern eher rau, aber es war gut zu hören und hätte bestimmt Schlafende geweckt.
Nur hier nicht.
Wir schauten uns an. Beide saugten wir plötzlich die Luft ein, denn es ging jetzt um einen bestimmten Geruch.
»Riechst du das auch, John?«
»Ja. Es stinkt nach alten Leichen.«
Wir schauten uns noch mal an. »Alte Leichen oder Gefahr«, sagte Suko, »das kommt aufs Gleiche hinaus. Ich werde die Tür einrammen oder mit dem Schloss …«
»Geh lieber an das Schloss. Da hilft vielleicht der alte Kreditkarten-Trick.«
Suko nickte. »Wie du willst.«
Ich stand so etwas wie Schmiere, während sich Suko an die Arbeit machte. Er war kein Einbrecher, aber wenn es darauf ankam, war er ein guter Türaufbrecher, und rohe Gewalt brauchte er hier auch nicht. Es gab kaum ein Geräusch.
Dann hatte Suko es geschafft. Er drückte die Tür nicht auf, sondern hielt sie mit der Linken fest, bis ich meine Waffe gezogen hatte. Ich wollte auf alles gefasst sein.
»Jetzt«, zischte ich. Suko gab der Tür Schwung und ließ dabei die Klinke los. So hatten wir freie Bahn.
Es war ganz einfach. Vor uns lag ein kleiner Flur, von dem Türen abgingen. Eine führte in einen Wohnraum, in dem alles vorhanden war. Hier konnte gelebt, gekocht und auch geschlafen werden. Suko und ich huschten in den Raum, blieben stehen, blickten nach rechts und links und konnten die Waffen wieder wegstecken, denn es hielt sich niemand in der Nähe auf, der uns angreifen wollte.
»Leer«, sagte ich.
Suko nickte nur. Er bewegte sich tiefer in den Raum hinein und zog einige Male die Nase hoch.
»Hier riecht es nach Ghoul, John.«
»Das denke ich auch.«
»Aber es ist keiner zu sehen.«
»Das sind noch Geruchsreste.«
Wieder waren wir zu spät gekommen. Der Vogel war ausgeflogen. Was konnten wir noch tun?
Es würde zwar nicht viel bringen, aber ich wollte mir noch das andere Zimmer anschauen, denn ich ging davon aus, dass es ein Bad war. Auch hier zerrte ich die Tür hastig auf. Einen zweiten Blick brauchte ich nicht, denn das kleine Zimmer war leer.
Eine Toilette, eine Dusche, ein viereckiges Loch im Boden – und natürlich der Geruch.
Suko kam, stieß mich leicht an und blieb hinter mir stehen. Auch er sah das viereckige Loch im Boden und gab seinen Kommentar ab.
»Der ideale Fluchtweg für sie, John. Hinab in die Tiefe, in der sie sich wohl fühlt, sage ich mal.«
Ich trat näher an das viereckige Loch heran.
Mir gähnte die Dunkelheit entgegen, und von der Tiefe her wehte nicht nur ein schwacher Wind in mein
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