1847 - Im Bann des Philosophen
Mehrere Frachtraumer parkten auf dem Gelände, doch nirgendwo waren Aktivitäten zu erkennen. Andere Menschen schienen sich nicht in der Nähe aufzuhalten.
„Ich hoffe, daß wir zum Merkur fliegen", sagte sie, während sie sich neben ihm auf den Boden sinken ließ.
Sie spürte, wie ihre Hände zitterten.
Die Angst um ihre Kinder wuchs.
*
Atlan versuchte, sich der Mondsyntronik zu bedienen.
Er hoffte, daß NATHAN helfen konnte.
Tatsächlich erwies sich der Riesenrechner als umgänglich und freundlich. Er erlaubte Atlan und Homer G. Adams sogar, ihre Büros innerhalb der Mondanlagen zu betreten.
„Na, wunderbar", sagte der Arkonide. Er warf einen kurzen Blick auf Paola Daschmagan, die er zusammen mit Homer G. Adams im Anschluß an die Stippvisite bei Cistolo Khan aufgesucht hatte.
Die Erste Terranerin verhielt sich so wie alle Menschen auf der Erde: Sie kritzelte Kreise.
Auf ihn machte sie den Eindruck einer zum Tode Verurteilten, die sich mit ihrem Schicksal abgefunden hatte, und die nun völlig geistesabwesend war.
Was um sie herum geschah, schien sie nicht mehr zu interessieren.
Sie war nicht mehr ansprechbar.
„Gehen wir", sagte Homer G. Adams, der den Anblick der Ersten Terranerin nur schwer ertragen konnte.
Er hatte die brünette Frau mit den hellen, blauen Augen immer gemocht, wenngleich sie nicht immer gleicher Meinung gewesen waren.
Es tat ihm weh, sie so zu sehen.
„Auf der Erde komme ich mir vor wie in einem Museum, in dem menschliche Körper ausgestellt sind, um den Besuchern zu demonstrieren, wie das Leben auf der Erde mal gewesen ist", meinte er traurig, als sie mit der SAIRA gestartet waren und sich dem Mond näherten.
„Die Begegnungen hatten etwas Unwirkliches", stimmte Atlan zu. „Da hast du recht."
In Atlans Büro wandte der Arkonide sich sogleich an den Syntron und forderte von NATHAN, daß die Temporalschleuse im Bereich des Planeten Saturn geöffnet wurde, damit die dort versammelten solaren Raumschiffe das ATG-Feld verlassen und sich in Sicherheit bringen konnten.
„Abgelehnt", antwortete der GigantSyntron.
Homer G. Adams glaubte, sich verhört zu haben.
„Wie sollen wir das verstehen?" fragte er. „Müssen wir einen klareren Befehl formulieren, oder weshalb weigerst du dich, Menschen zu retten?"
NATHAN wartete mit einer weiteren Überraschung auf.
„Ich habe in den letzten Jahren eine Zusatzprogrammierung erhalten", erläuterte er.
„Das mußt du schon näher erklären", verlangte Atlan.
„Von euch gefordert ist eine Entscheidung der Prioritätsstufe Eins. Eine solche Entscheidung können aber nur Cistolo Khan als amtierender LFT-Kommissar, Paola Daschmagan als amtierende Erste Terranerin und Gia de Moleon in ihrer Funktion als Leiterin des Terranischen Liga-Dienstes gemeinsam treffen und durch mich umsetzen lassen."
„Im Solsystem versuchen auf Hunderten von Raumschiffen völlig verzweifelte Besatzungen sich in Sicherheit zu bringen", betonte Atlan. „In einem solchen Fall mußt du auch ohne die drei entscheiden können."
„Kann ich aber nicht!"
„Das ist doch Wahnsinn. Weder Gia de Moleon noch Paola Daschmagan oder Cistolo Khan sind Frau beziehungsweise Herr ihrer selbst. Sie sind von einer paramentalen Macht neutralisiert worden, wie du leicht feststellen kannst. Sie stehen der Rettung im Wege."
„Ich kann nichts gegen meine Programmierung tun."
„Kann ich davon ausgehen, daß du die Lage im Solsystem analysiert hast?"
„Das kannst du."
„Zu welchem Ergebnis bist du gekommen?"
„Bedaure! Dazu darf ich mich nicht ohne Zustimmung des LFT-Kommissars, der Ersten Terranerin und der Leiterin des Liga-Dienstes äußern."
Atlan und Adams blickten sich verzweifelt an.
Die drei führenden Persönlichkeiten der Liga Freier Terraner hatten einen schweren Fehler begangen.
Unbeabsichtigt hinderten sie NATHAN durch die Umprogrammierung daran, Menschen zu retten.
Damit hätten sie die Gigant-Syntronik eigentlich in schwere, unlösbare Konflikte stürzen müssen, doch bei NATHAN waren keine Anzeichen einer Anormalität zu erkennen.
Atlan versuchte nun mit allen erdenkbaren Tricks, die Gigant-Syntronik umzustimmen.
Er verwies auf frühere Prioritäten, die ohne seine Zustimmung nicht aufgehoben worden sein konnten, brachte ES ins Spiel, verwies auf die besondere Bedeutung der Unsterblichen und was ihm sonst noch einfiel.
Vergeblich. NATHAN ließ sich nicht erweichen.
Er hielt sich an sein Programm.
Das ATG-Feld wurde nicht abgeschaltet, und
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